Im Mittelpunkt stehen Vorgaben zur Haushaltsführung, zur Förderung von Investitionen und Innovation sowie zur Bekämpfung des Fachkräftemangels.
Haushaltsrahmen und mittelfristige Investitionsstrategie
Deutschland soll bis Ende Juli 2025 einen mittelfristigen Finanzplan vorlegen, der Reform- und Ausgabenpfade für vier bis fünf Jahre festlegt. Ziel ist ein sinkender Schuldenstand und ein Defizit unter 3 Prozent des BIP. Zugleich ermöglicht die aktivierte Ausweichklausel temporär höhere Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit. Investitionen in die Infrastruktur sollen durch bessere Planungs- und Umsetzungskapazitäten gestärkt, die Effizienz der Staatsausgaben – etwa bei Subventionen und Rentenzuschüssen – erhöht werden. Zudem soll das Rentensystem langfristig gesichert und die Steuerstruktur so angepasst werden, damit Arbeitsanreize, besonders für Zweitverdienende, gestärkt werden. Insbesondere die beiden letzten Forderungen erhebt die OECD nahezu wortgleich.
Innovation, Digitalisierung und Wohnraum
Zur Stärkung der Innovationskraft empfiehlt der Rat, Forschung besser in marktfähige Produkte zu überführen und transformative Technologien gezielter zu fördern. Unternehmensgründungen und Investitionen sollen durch Bürokratieabbau, vereinfachte Regulierung und besseren Zugang zu Finanzierung, insbesondere für Start-ups und Scale-ups, erleichtert werden. Der Ausbau digitaler Verwaltungsleistungen und leistungsfähiger Netzinfrastruktur soll beschleunigt und besser koordiniert werden. Auch bei Wohnrauminvestitionen wird Handlungsbedarf gesehen, etwa durch vereinfachte Verfahren, Flächenmobilisierung und rechtliche Anpassungen.
Energie und Transformation
Deutschland soll die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen weiter verringern und den Ausbau erneuerbarer Energien erleichtern. Investitionen sollen auf effiziente, integrierte Energiesysteme und den Netzausbau fokussiert werden, um Flexibilität und Einspeisung zu verbessern. Zudem soll die Dekarbonisierung von Gebäuden und Verkehr, einschließlich der Schienensanierung, beschleunigt werden.
Fachkräftesicherung und Bildungssystem
Der akute Fachkräftemangel in zentralen Wirtschaftsbereichen bleibt laut Rat ein zentrales Wachstumshemmnis. Deutschland soll die Erwerbsbeteiligung erhöhen, etwa durch attraktivere Arbeitsanreize für Zweitverdiener, gezielt in digitale und grüne Qualifikationen investieren sowie die Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten erleichtern. Zudem werden Maßnahmen zur Verbesserung der schulischen Bildungsergebnisse, der digitalen Grundkompetenzen und des Zugangs zu frühkindlicher Betreuung und Ganztagsangeboten empfohlen, sowohl zur Förderung von Chancengleichheit als auch zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Umsetzungsfristen und Instrumente
Die Empfehlungen sind eng mit der fristgerechten Umsetzung des nationalen Aufbau- und Resilienzplans (RRP) sowie des REPowerEU-Kapitels verknüpft. Auch die Kohäsionspolitik – insbesondere über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Just Transition Fund (JTF) und den Europäischen Sozialfonds Plus – soll gezielt zur Umsetzung strategischer Prioritäten beitragen. Der InvestEU-Fonds und die Plattform "Strategic Technologies for Europe" (STEP) werden als zusätzliche Instrumente für gezielte Wettbewerbsinvestitionen hervorgehoben.
Die länderspezifischen Empfehlungen sind Teil des Europäischen Semesters, dem jährlich stattfindenden Koordinierungsrahmen der EU zur Abstimmung der Wirtschafts-, Haushalts-, Beschäftigungs- und Strukturpolitik der Mitgliedstaaten. Ziel ist es, frühzeitig wirtschaftspolitische Leitlinien festzulegen und strukturelle Reformen auf nationaler Ebene im Einklang mit den EU-Zielen zu fördern.