Pfadnavigation

Bürokratie-Trendwende in Europa notwendig – DIHK veröffentlicht Vorschläge

Unternehmen von EU-Bürokratie entlasten und europäische Wettbewerbsfähigkeit stärken
Bay Bürokratie-Trendwende

© Lucas Ninno / Moment / Getty Images

Um den Abbau von Bürokratie auf EU-Ebene konstruktiv zu begleiten, hat die DIHK 50 konkrete Vorschläge zum Abbau bestehender Bürokratie und Verbesserung laufender Legislativvorschläge zusammengestellt. Denn beinahe täglich sind Unternehmen mit neuen Gesetzen, Berichtspflichten, Auflagen, Formularen und Anträgen konfrontiert – ein Großteil stammt dabei aus der EU. Mehr Aufwand zur Erfüllung bürokratischer Auflagen behindert die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe.

Die Erwartungen an die angekündigten Bürokratieabbau-Vorschläge der EU sind daher hoch. Mitte März 2023 hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, die Berichtspflichten in der EU um 25 Prozent reduzieren zu wollen. Damit setzte sie ein wichtiges Signal für die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Europäische Unternehmen brauchen dringend Entlastungen von unnötiger Bürokratie sowie doppelten Berichts- und Informationspflichten.

Mit ihrer Ankündigung zum Abbau der durch Berichtspflichten entstehenden Belastungen hat die Kommissionspräsidentin auch den EU-Mitgliedstaaten eine Möglichkeit eröffnet, konkrete Bürokratieabbau-Vorschläge zu entwickeln. Vor dem Hintergrund eines Impulspapiers der Bundesregierung haben Deutschland und Frankreich am 11. Oktober 2023 einige positive Vorschläge zum Bürokratieabbau vorgeschlagen: Zum Beispiel soll die Europäische Definition von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) um eine zusätzliche Unternehmenskategorie der „Small Mid-caps“ (250-500 Mitarbeiter) erweitert und die finanziellen Schwellenwerte der KMU-Definition überprüft werden. Außerdem sollen Berichtspflichten auf ein „notwendiges Mindestmaß“ reduziert und insbesondere doppelte Berichtspflichten abgeschafft und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Entlastungsmöglichkeiten für KMU von Informations-, Dokumentations- und Nachweispflichten geprüft werden (siehe Link).

Aus Sicht der DIHK muss Europa dringend einfacher, schneller und günstiger werden. Dies lässt sich durch einen Dreiklang erreichen. Erstens: keine neuen Gesetze, die die Unternehmen zusätzlich belasten. Das EU-Lieferkettengesetz muss deshalb dringend ausgesetzt werden. Zweitens: bestehende Bürokratie konsequent abbauen – und zwar noch vor den Europawahlen. Drittens: In Zukunft brauchen wir eine praxisorientierte Rechtsetzung, die auf schnelle Bearbeitung und auf die Ergebnisse abzielt.

50 Verbesserungsvorschläge für EU-Recht

Aus Sicht der IHK-Organisation bestehen auf EU-Ebene große Potenziale für den Abbau von Bürokratie. Um diese zu konkretisieren, hat die DIHK gemeinsam mit den 79 Industrie- und Handelskammern 50 Verbesserungsvorschläge zu bestehenden und sich noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen EU-Rechtsakten entwickelt.

Beispielsweise könnten bei der EU-Chemikalienverordnung REACH etwa die Zulassungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Durch die Medizinprodukteverordnung drohen steigende Dokumentationsanforderungen beispielsweise bei Einmal-Pipetten, obwohl diese bereits seit 20 Jahren millionenfach hergestellt werden. Neue Kennzeichnungspflichten machen bisherige Massenware wie Kompressionsstrümpfe zu industriellen Vorprodukten, die noch einmal per Hand nachgearbeitet werden müssen. All das führt zu weiterem Aufwand und Kosten. Deshalb sind Vereinfachungen dringend notwendig, und zwar für Produkte aller Risikoklassen, auch für Nischenprodukte. Anforderungen an die Unternehmen müssen zudem grundsätzlich rechtssicher, verständlich und eindeutig formuliert sein.

Auch die Arbeitnehmerentsendung innerhalb des Binnenmarktes könnte durch Harmonisierungen und digitale Lösungen wesentlich effizienter gestaltet werden. Daher ist die Ankündigung der EU-Kommission für Vereinfachungen über ein „Once Only Technical System“ richtig und wichtig.

Unnötige Bürokratie durch Bessere Rechtsetzung vermeiden

Bei allen Bestrebungen für einen effektiven Bürokratieabbau ist für die Unternehmen essenziell: Die erreichten Entlastungen dürfen nicht an anderer Stelle durch neue Belastungen neutralisiert werden. Vielmehr erfordert es einen Kulturwandel und ein intrinsisches Verständnis für „Bessere Rechtsetzung“.

So sollte künftig die „One-in-one-out“-Regel (OIOO) auf europäischer Ebene konsequent von allen an der Gesetzgebung beteiligten Institutionen angewendet werden. Neben einer fundierten und transparenten Methodik ist hierfür eine Analyse der Wechselwirkung von Normen untereinander und in der Gesamtbetrachtung erforderlich. Damit doppelte Berichtspflichten oder sich widersprechende Gesetzesvorhaben künftig vermieden werden, ist für gute Rechtssetzung außerdem eine Abstimmung der Generaldirektionen untereinander elementar. Für eine strukturierte Übersicht über die Einhaltung der OIOO-Regel wäre die Einrichtung eines Scoreboards hilfreich. Zudem sollten Folgenabschätzungen grundsätzlich gemäß dem „Think-small-first“-Prinzip durchgeführt werden. Außerdem sollte den Empfehlungen des kommissionsinternen Qualitätsgremiums, dem „Regulatory Scrutiny Board“, stets Folge geleistet werden.

Die vollständige Übersicht der Bürokratieabbau-Vorschläge können unter folgendem Link heruntergeladen werden.

Kontakt

Porträtfoto Benjamin Baykal
Benjamin Baykal Referatsleiter Wirtschaftspolitische Positionen, Bürokratieabbau

Kontakt

Zwick, Sandra
Sandra Zwick Referatsleiterin Europapolitik, EU-Finanzierungsinstrumente, EU-Außenwirtschaftsförderung