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Bürokratierückbau und Staatsmodernisierung

Koalitionsvereinbarung sieht Reduzierung der Bürokratiekosten für die Wirtschaft von 25 Prozent vor
Hängeregistratur

© Lucas Ninno / Moment / Getty Images

Die gesamten Bürokratiekosten für die Wirtschaft sollen um 25 Prozent (rund 16 Milliarden Euro) reduziert werden. Zusätzlich soll der Erfüllungsaufwand für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung um mindestens 10 Milliarden Euro reduziert werden. Die Abbaumaßnahmen einzelner Ministerien sollen in mindestens einem Bürokratierückbaugesetz pro Jahr gebündelt werden.

Im Rahmen eines nationalen „Sofortprogramms für den Bürokratierückbau“ sollen bis Ende des Jahres 2025 Verpflichtungen zur Bestellung von Betriebsbeauftragten abgeschafft werden. Der Normenkontrollrat bereitet hierzu ein umfassendes Gutachten vor, das die IHK-Organisation durch eine Vielzahl von Rückmeldungen aus der betrieblichen Praxis unterstützt hat. Ferner soll der Schulungs-, Weiterbildungs- und Dokumentationsaufwand signifikant reduziert werden. Dabei sollen insbesondere die Belange der KMUs berücksichtigt werden. Zudem sollen bereits in der Frühphase von Gesetzgebungsverfahren Praxischecks durchgeführt und Betroffene sowie Vollzugsexperten und -expertinnen aus Bund, Ländern und Kommunen mit angemessenen Fristen (in der Regel vier Wochen) beteiligt werden.

Teilweise Entschärfung bei Regelungen zu den Lieferketten

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wird zwar nicht unmittelbar abgeschafft, denn die von Unternehmen zu erfüllenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten sollen weiter gelten, bis das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Vorgaben aus der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) angewendet wird. Allerdings soll ein Teil der Berichtspflichten (nach § 10 Absatz 2 LksG) bis zur Anwendung der neuen Regelungen ausgesetzt werden. Außerdem soll das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als Aufsichtsbehörde bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes – außer bei erheblichen Menschenrechtsverletzungen – keine Sanktionen verhängen. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die EU-Lieferkettenrichtlinie, die derzeit im Rahmen des Omnibus-Verfahrens auf EU-Ebene neu verhandelt wird, bürokratiearm und vollzugsfreundlich umgesetzt wird. Letzteres ist unbedingt notwendig, weil auch die verbleibenden bürokratischen Belastungen noch erheblich sein dürften. Zudem wirkt der „Trickle-Down-Effekt“ weiter, viele mittelständische Unternehmen weiter berichten müssen, wenn sie in Wertschöpfungs- oder Lieferketten bleiben wollen. Hohe Anforderungen bei den großen Unternehmen wirken sich so auch auf die KMU-Zuliefererbranchen aus. 

Initiative für Entlastungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die Bundesregierung will sich dafür einsetzen, dass überbordende Regulierungen bei nachhaltigen Investitionen (Taxonomie), Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) unterbleiben. Das Omnibus-Verfahren der EU-Kommission zur Entlastung der mittelständischen Wirtschaft bei der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie(CSRD) wird unterstützt. Viele unserer Unternehmen fordern allerdings eine noch konsequentere Vorgehensweise, nämlich die Streichung der kompletten Richtlinie. Höhere Ambitionen (zum Beispiel „One in, two out“-Regelung, Reduzierung von Anpassungs- und Verwaltungskosten um mindestens 25 Prozent beziehungsweise 35 Prozent bei KMU) sollen unterstützt werden. Die Bundesregierung will sich bei jedem EU-Dossier für Bürokratierückbau und Bürokratievermeidung einsetzen und in den EU-Ratsarbeitsgruppen und Komitologieausschüssen eine aktive Rolle einnehmen. Die Entwaldungsverordnung (EUDR) soll durch die Einführung der „Null-Risiko-Variante“ keine Anwendung finden. Das EU-Bodengesetz wird abgelehnt, um weitere Belastungen zu verhindern. Das sogenannte Gold-Plating, also das Ergänzen von EU-Richtlinie mit weiteren Regulierungen bei der nationalen Umsetzung, soll zukünftig grundsätzlich unterbleiben.

Statistikpflichten sollen ausgesetzt werden

Zudem sollen zahlreiche bestehende Statistikpflichten ausgesetzt werden. Dazu sollen insbesondere das Außenhandelsstatistikgesetz, das Gesetz über die Statistik im produzierenden Gewerbe und das Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetz überprüft werden. Bei den fünf für die Wirtschaft aufwändigsten Statistiken soll nationale Übererfüllung von EU-Vorgaben vollständig beseitigt werden.

Schwellenwerte sollen erhöht werden, Ermessensspielräume ausgeweitet, Pauschalierungen und Stichtagsregelungen, Genehmigungsfiktion, Präklusionsregelungen und Bagatellvorbehalte eingeführt werden. Zusätzlich soll ein fachrechtlicher Bürokratierückbau erfolgen. Bisher mögliche Ausnahmen bei der „One in, one out“-Regel sollen gestrichen werden. Zudem soll zukünftig auch der einmalige Umstellungsaufwand berücksichtigt werden. Die „One in, one out“-Regel wird zu einer „One in, two out“-Regel fortentwickelt. Eingerichtet werden soll ein digitales Bürokratieportal, über das bürokratische Hemmnisse und Verbesserungsvorschläge mitgeteilt werden können. Im Austausch mit Ländern, Kommunen, Sozialversicherungsträgern und sonstigen Normsetzern (zum Beispiel Selbstverwaltungskörperschaften) sollen konkrete Vorschläge erarbeitet werden, um Bürokratie in (unter-)gesetzlichen Vorschriften auch jenseits der Bundesverwaltung zu reduzieren.

Kontakt

Mann im Haus der deutschen Wirtschaft
Dr. Rainer Kambeck Bereichsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand