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Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur neuen Regelverschuldung der Länder

Bundesländer bekommen den gleichen Verschuldungsspielraum wie der Bund
Öffentliche Schulden haben 2022 neuen Höchststand erreicht

© urbazon/iStock/Getty Images

Mit der Änderung des Grundgesetzes vom 25. März 2025 ist es zukünftig auch den Ländern möglich, sich jenseits von Notlagen regulär in Höhe von insgesamt 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verschulden. Die konkrete Ausgestaltung regelt der Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett am 1. Juli 2025 beschlossen hat.

Vor der Grundgesetzänderung war die Möglichkeit der Nettokreditaufnahme durch die Schuldenbremse eng begrenzt: es galt nur eine Verschuldungsmöglichkeit für den Fall konjunktureller Schwächephasen sowie bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen. 

Mit der Änderung der Schuldenbremse in Artikel 109 Absatz 3 Grundgesetz wurde nun der Gesamtheit der Länder ein struktureller Verschuldungsspielraum in Höhe von 0,35 Prozent des nominalen, also nicht preisbereinigten, Bruttoinlandsprodukts eingeräumt. Der festgelegte Umfang, in dem die Länder strukturelle Kredite höchstens aufnehmen können, entspricht der Obergrenze, die auch für den Bund gilt. Gemäß Artikel 109 Absatz 3 Satz 7 Grundgesetz ist die Aufteilung der für die Gesamtheit der Länder zulässigen strukturellen Kreditaufnahme auf die einzelnen Länder durch ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

Nach Reform des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts Erweiterung möglich

Vor seiner Reform im Jahr 2024 sah der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt eine maximale Neuverschuldung in Höhe von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Unter dieser Regelung hätte sich der mögliche Spielraum für die Länder auf 0,15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beschränkt. Mit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes werden die Nettoausgaben als neuer Indikator der europäischen Haushaltsüberwachung etabliert und ersetzen die bisherige Obergrenze von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das strukturelle gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit. Die Nettoausgaben sind Staatsausgaben ohne Zinsausgaben und bereinigt um Ausgaben für Programme der EU, die vollständig durch Einnahmen aus den Unionsfonds ausgeglichen werden, nationale Ausgaben für die Kofinanzierung von Programmen, die von der EU finanziert werden, konjunkturelle Komponenten der Ausgaben für Leistungen bei Arbeitslosigkeit und einmalige und sonstige befristete Maßnahmen sowie diskretionäre einnahmeseitige Maßnahmen.

Umsetzung der Änderung von Artikel 109 Grundgesetz

Zur Ausführung des Regelungsauftrages gemäß Artikel 109 Absatz 3 Satz 6 und Satz 7 Grundgesetz konkretisiert der Entwurf des „Strukturkomponente-für-Länder-Gesetz“ (StruKomLäG-E) die Bezugsgröße zur Berechnung der zulässigen strukturellen Kreditaufnahme und regelt darauf aufbauend die Aufteilung dieser Strukturkomponente auf die einzelnen Länder. 

Diese erfolgt in Anlehnung an den Königsteiner Schlüssel zu einem Drittel nach der Einwohnerzahl und zu zwei Dritteln nach dem Verhältnis der Steuern der Länder nach dem Aufkommen zuzüglich dem Länderanteil an der Umsatzsteuer einschließlich der im Rahmen des Finanzkraftausgleichs vorgenommenen Zuschläge und Abschläge bei der Umsatzsteuerverteilung (§ 2 StruKomLäG-E).

Bezugsgröße ist nach § 1 StruKomLäG-E das vom Statistischen Bundesamt ermittelte nominale Bruttoinlandsprodukt des Jahres, das dem Jahr, für das der Haushalt aufgestellt wird, zwei Jahre vorangeht. Für das Jahr 2025 soll abweichend das nominale Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2024 zugrunde gelegt werden.

Ausgehend von der in § 1 festgelegten zulässigen strukturellen Kreditaufnahme für die Gesamtheit der Länder ermittelt das Bundesministerium der Finanzen anhand der festgelegten Verteilungsverhältnisse die jeweils zulässige Kreditaufnahme jedes einzelnen Landes. Die Ergebnisse stellt das Bundesministerium der Finanzen den Ländern jeweils zum 1. April eines Jahres zur Verfügung. Die ermittelte zulässige strukturelle Kreditaufnahme für jedes einzelne Land ist maßgeblich für das Haushaltsjahr, das dem Jahr der Berechnung folgt, und kann weder gänzlich noch teilweise in ein anderes Haushaltsjahr übertragen werden (§ 2 Absatz 3 StruKomLäG-E).

Verschuldungsspielräume für 2025

Basierend auf dem Bruttoinlandsprodukt für das Jahr 2024 in Höhe von 4.300 Milliarden Euro und den in § 2 Absatz 2 festgelegten Anteilen ergeben sich überschlagsweise für dieses Jahr folgende Wert für die einzelnen Bundesländer: 

Bundesland

Anteil in Prozent

Anteil in Milliarden Euro

 

Nordrhein-Westfalen

21,185729515

3,188

Bayern

15,815236181

2,380

Baden-Württemberg

13,295583421

2,001

Niedersachsen

9,497367327

1,429

Hessen

7,403213757

1,114

Sachsen

4,716930888

0,710

Rheinland-Pfalz

4,724931493

0,711

Sachsen-Anhalt

2,505081662

0,377

Schleswig-Holstein

3,441987387

0,518

Thüringen

2,450648957

0,369

Brandenburg

3,033652425

0,457

Mecklenburg-Vorpommern

1,858958454

0,280

Saarland

1,173505842

0,177

Berlin

5,222546475

0,786

Hamburg

2,693224867

0,405

Bremen

0,981401349

0,148

Kontakt

Portätbild Kathrin Andrae
Dr. Kathrin Andrae Referatsleiterin Öffentliche Finanzen