Die Europäische Kommission hat eine öffentliche Konsultation eingeleitet, um die Vorschriften für die Mehrwertsteuer (MwSt) in der Reise- und Tourismusbranche zu aktualisieren. Ziel ist es, veraltete Vorschriften zu beseitigen, die zu Marktverzerrungen in der EU führen und die Wettbewerbsfähigkeit einschränken. Die Konsultation konzentriert sich auf die Sonderregelung für Reisebüros und die Vorschriften für die Personenbeförderung.
Beiträge können bis zum 16. Oktober 2025 eingereicht werden. Die Ergebnisse der Konsultation fließen in die Bewertung der bestehenden Regelungen ein und bilden eine Grundlage für mögliche Änderungen der MwSt-Richtlinie und der MwSt-Durchführungsverordnung. Ein Legislativvorschlag ist für das vierte Quartal 2026 angedacht.
Hintergrund
Die geltenden MwSt-Regelungen für Reiseleistungen sowie für Personenbeförderungen sind nicht mehr zeitgemäß. Sie berücksichtigen nicht ausreichend zentrale Entwicklungen, wie die zunehmende Digitalisierung, den grenzüberschreitenden Reiseverkehr, die hohe Mobilität innerhalb der EU sowie den globalen Wettbewerb. Zudem führen unterschiedliche Auslegungen und Anwendungen durch die Mitgliedstaaten zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt, beeinträchtigen die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und erschweren die steuerliche Behandlung grenzüberschreitender Leistungen.
Vor diesem Hintergrund prüft die Europäische Kommission – wie im Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie aus dem Jahr 2020 angekündigt – die Vorlage eines Legislativpakets zur Modernisierung der MwSt-Vorschriften für die Reise- und Tourismusbranche.
Umfang der Konsultation
Die Konsultation konzentriert sich auf zwei Hauptbereiche:
Sonderregelung für Reisebüros/-veranstalter
Die Besteuerung basiert derzeit auf der erzielten Marge. Die bis vor einigen Jahren in Deutschland mögliche Ermittlung einer Gesamtmarge sieht das EU-Recht nicht vor. Die zwingende Einzelbetrachtung jeder Reiseleistung ist administrativ aufwendig. Da die Margenbesteuerung den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen ausschließt, führt die Anwendung im Business-to-Business- (B2B-)Bereich zu erheblichen Verwerfungen. Hinzu kommt, dass die Regelungen für alle Unternehmen gelten, die sogenannte Reiseleistungen zur Verfügung stellen, auch wenn dies nicht der Hauptzweck des Unternehmens ist. Damit gelten sie gegebenenfalls auch innerhalb eines Konzernverbunds im Verhältnis zu Tochtergesellschaften (beispielsweise bei der zentralen Organisation von Konzernveranstaltungen). Die Besteuerung erfolgt am Ursprungsort und damit am Ansässigkeitsort des leistenden Unternehmens, unabhängig von der tatsächlichen Leistungserbringung. Drittlandsunternehmen, die Reiseleistungen in der EU anbieten, werden danach nicht in der EU besteuert.
Mehrwertsteuervorschriften für Personenbeförderungsleistungen, etwa mit Bahn, Bus, Taxi, U-Bahn, Binnenschifffahrt sowie im Luft- und Seeverkehr
Die Mehrwertsteuer wird grundsätzlich dort erhoben, wo die Beförderungsleistung tatsächlich erbracht wird. Werden grenzüberschreitende Leistungen angeboten, muss sich das Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten steuerlich registrieren und Umsatzsteuer abführen. Dies belastet insbesondere kleine Anbieter und vor allem in Verkehr auf dem Landweg. Zudem führt es zu Ungleichheiten zwischen den Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten, da die Umsetzung die Vorschriften länderspezifisch unterschiedlich ist: Während in Frankreich bei B2B-Leistungen das Reverse-Charge-Verfahren greift, ist in Deutschland der leistende Unternehmer immer selbst steuerpflichtig. Hinzu kommt die Anwendung unterschiedlicher Steuersätze: so gilt in Deutschland der Regelsteuersatz von 19 Prozent während beispielsweise Österreich mit 10 Prozent oder Belgien mit 6 Prozent ermäßigte Sätze anwenden. Für den internationalen Luft- und Seeverkehr gilt EU-weit ein Nullsatz.
Unter dem nachfolgenden Link gelangen Sie zum Konsultationsaufruf.
Weitere Einzelheiten und Hintergrundinformationen enthält das Papier zu einer Folgenabschätzung (call for evidence for an impact assessment), das auf der EU-Seite unter dem oben genannten Link zu finden ist.