Bei dem zugrundeliegenden Vorabentscheidungsersuchen des FG Berlin-Brandenburg vom 18. April 2024 ging es um die Frage, ob der ermäßigte Steuersatz auf Sudoku-Rätselmagazine anzuwenden ist. Für die Einordnung der unter die Steuersatzermäßigung fallenden Gegenstände verweist das deutsche Umsatzsteuergesetz (UStG) auf die jeweiligen Kapitel, Positionen und Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur (KN). Für das vorlegende Gericht war insoweit entscheidungserheblich, ob periodische Druckschriften im Sinne der Anlage 2 zum UStG für die Einreihung in die Position 4902 KN überwiegend Text in Form von Buchstabenfolgen enthalten müssen.
Worum ging es konkret?
Die Klägerin, ein Verlag für Rätselhefte, hatte Sudoku-Magazine mit rund 100 Seiten vertrieben, die alle acht Wochen erschienen. Die Hefte enthielten ein Vorwort, eine Regelbeschreibung, 88 Sudoku-Rätsel und deren Lösungen. Die letzte Seite war mit einem Inserat versehen. Das Unternehmen wandte auf diese Produkte den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent an. Dies stützte es auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 49, die sich auf die Tarifposition 4902 der Kombinierten Nomenklatur (KN) bezieht. Entsprechend Nr. 49 Buchst. b sind „Zeitungen und andere periodische Druckschriften, auch mit Bildern oder Werbung enthaltend (ausgenommen Anzeigeblätter, Annoncen-Zeitungen und dergleichen, die überwiegend Werbung enthalten)“ ermäßigt zu besteuern.
Das zuständige Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Hefte nicht unter die Position 4902 KN („Zeitungen und andere periodische Druckschriften“) fallen, sondern unter Position 4911 KN („sonstige Druckerzeugnisse“), und damit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent unterliegen. Zur Begründung verwies es darauf, dass die Hefte keinen „qualifizierten Text“ enthielten und daher nicht als „Druckschrift“ im Sinne der KN gelten könnten.
Zentrale Frage: Was ist eine "Druckschrift"?
Nach deutschem Verständnis setzt die Einordnung als Druckschrift voraus, dass das Produkt überwiegend aus Text besteht. Der EuGH widerspricht dieser engen Auslegung und verweist auf die englische und französische Fassung der KN, die lediglich von „periodischen Druckerzeugnissen“ sprechen – unabhängig vom Textanteil. Auch grafische Inhalte, wie Zahlenrätsel, können demnach als Schrift gelten, wenn sie der menschlichen Kommunikation dienen.
Kernaussagen des EuGH-Urteils
- Sudoku-Rätselhefte können unter die Tarifposition 4902 KN fallen, sofern sie regelmäßig erscheinen und als Druckerzeugnisse gelten.
- Die sprachliche Auslegung der KN muss sich an der englischen und französischen Fassung orientieren, da diese im Rahmen des Harmonisierten Systems (HS) verbindlich sind.
- Der Begriff „Druckschrift“ umfasst nicht nur Buchstaben, sondern auch andere grafische Zeichensysteme wie Zahlen, Musiknoten oder Blindenschrift.
- Die Tatsache, dass ein Druckerzeugnis hauptsächlich aus Zahlen besteht, steht einer Einreihung unter Position 4902 nicht entgegen.
Verbindliche Einreihung durch FG
Der EuGH weist darauf hin, dass er im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens lediglich Kriterien aufzeigt, die es dem vorlegenden Gericht ermöglichen, die Einstufung der in Rede stehenden Waren zum Zweck ihrer zolltariflichen Einreihung vorzunehmen. Der EuGH kann diese nicht selbst vornehmen, da es sich dabei um eine reine Tatsachenfeststellung handelt. Daher ist im Entscheidungsfall die Folgeentscheidung des FG Berlin Brandenburg abzuwarten.