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Zehn Jahre Berufsanerkennung

IHK Fosa und Anerkennungsgesetz feiern Jubiläum
Integration ausländische Fachkräfte

Welches Know-how bringen ausländische Fachkräfte mit? Die IHK Fosa überprüft die Gleichwertigkeit von Berufsabschlüssen

© Nitat Termmee / Moment / Getty Images

Die Industrie- und Handelskammern (IHKs) leisten bundesweit Anerkennungsberatung. 76 von ihnen gründeten zeitgleich zum Inkrafttreten des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes (BQFG) im April 2012 die Foreign Skills Approval (IHK Fosa) mit Sitz in Nürnberg. Heute, zehn Jahre später, kann die Berufsanerkennung in Deutschland eine beachtliche Bilanz ziehen.

Das BQFG sorgte auf dem Arbeitsmarkt für ein absolutes Novum: Mit ihm gab es erstmals auch für den Bereich der dualen Ausbildungsberufe einen rechtsverbindlichen Anspruch, nach einheitlich definierten Maßstäben zu überprüfen, inwieweit ausländische Berufsqualifikationen mit deutschen Berufsausbildungen vergleichbar sind. Durch das Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit können ausländische Fachkräfte zeigen, welche Berufsqualifikationen tatsächlich hinter fremdsprachigen Ausbildungsnachweisen stehen. Und auch für Arbeitgeber bleiben diese nicht länger ein Buch mit sieben Siegeln.

Erfolgreiche Aktivierung von Fachkräftepotenzial

Die IHK Fosa in Nürnberg kann nach einer Dekade Erfahrungen in der Anwendungspraxis als zuständige Stelle auf beachtliche Leistungsmarken verweisen: Seit 2012 wurden über 45.000 Anträge zu Ausbildungsabschlüssen aus 153 Ländern bearbeitet und mehr als 32.000 Gleichwertigkeitsbescheide erteilt. Dieses Potenzial an Fachkräften hat die IHK Fosa durch ihre Arbeit für den deutschen Arbeitsmarkt hinzugewonnen und somit dazu beigetragen, den Fachkräftemangel in Industrie und Handel weiter abzufedern.

Das Votum der Industrie- und Handelskammern, diese anspruchsvolle Aufgabe einer zentralen Stelle zu übertragen und dort Kompetenzen im Hinblick auf Fremdsprachenkenntnisse, berufskundliches Wissen und ausländische Bildungssysteme zu bündeln, war weitsichtig und wegweisend. Mit dieser Entscheidung einher geht ein qualitativ hochwertiges Verfahren mit einheitlichen Entscheidungsmaßstäben, die deutschlandweit gelten – ob in Garmisch oder Kiel.           

Starkes Engagement der IHKs

Die IHK-Organisation insgesamt bietet vielfältige Unterstützung im Hinblick auf die Berufsanerkennung: So beraten die Industrie- und Handelskammern vor Ort sowohl ihre Mitgliedsunternehmen als auch anerkennungsinteressierte ausländische Fachkräfte fachkundig zum Anerkennungsverfahren bei der IHK Fosa oder im Falle einer teilweisen Gleichwertigkeit zum Anpassungsqualifizierungsplan.

"Die reinen statistischen Fakten können sich sehen lassen", sagt Heike Klembt-Kriegel, Geschäftsführerin der IHK Fosa, "allerdings bleibt etwas ganz Entscheidendes bei der Anerkennung noch wenig beachtet: Ein Anerkennungsverfahren hat nachhaltigen Charakter, nachdem das Ergebnis der Gleichwertigkeitsfeststellung kein Verfallsdatum besitzt. Der Bescheid hat somit ein komplettes Berufsleben Bestand und ist ein elementarer Teil der Dokumentation der individuellen Erwerbsbiografie."

Stetiger Aufwärtstrend und Verschiebung im Anerkennungsgeschehen

Direkt nach seiner Einführung musste sich die neue Möglichkeit zur Schaffung von Transparenz im Hinblick auf ausländische Berufsqualifikationen zunächst etablieren. Die mit einem Anerkennungsbescheid verbundenen Vorteile haben sich stetig sowohl aufseiten der Antragstellenden, aber insbesondere auch bei den Arbeitgebern herumgesprochen. Dies spiegeln die von Jahr zu Jahr kontinuierlich gestiegenen Antragszahlen wider. Im Laufe der Zeit hat sich die Berufsanerkennung als unverzichtbarer Standard für die Einschätzung fremdsprachiger Ausbildungsabschlüsse durchgesetzt.

Betrachtet man die Entwicklungen des Anerkennungsgeschehens der vergangenen zehn Jahre genauer, zeigen sich deutliche Verschiebungen in den Schwerpunkten der Anerkennung:

In den ersten Jahren des Bestehens des BQFG stellten überwiegend ausländische Fachkräfte mit Wohnsitz im Inland oder in EU-Staaten einen Antrag auf Gleichwertigkeitsfeststellung zu überwiegend im europäischen Ausland erworbenen Ausbildungsnachweisen. Lange Zeit führte Polen die Liste der Ausbildungsländer an. Mit dem einsetzenden Zuzug von Flüchtenden, etwa ab 2015, verschob sich das Spektrum der Länder, in denen die Ausbildungen absolviert wurden, in Richtung des arabischen Sprachraums. Im weiteren Verlauf verzeichnete die IHK Fosa ebenfalls verstärkt Anträge aus den Westbalkanstaaten – ein Trend, der bis heute anhält. Insgesamt hat sich der Schwerpunkt der Herkunftsländer der Ausbildung, von Europa in Richtung Drittstaaten verlagert.

Mittlerweile größere Streuung

Die nächste Transformation des Anerkennungsgeschehens bei der IHK Fosa läutete im März 2020 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) ein. Im Rahmen der gesetzlichen Neuregelungen wurde der Anerkennungsbescheid für Fachkräfte aus Drittstaaten, deren Ziel die Arbeitsaufnahme auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist, zur Voraussetzung für die Erlangung eines Visums und somit für die Zuwanderung.

Damit verschob sich der Länderschwerpunkt weiter hin zu Anträgen mit Ausbildungen aus Drittstaaten, insbesondere den Ländern des Westbalkans, der Türkei aber auch anderen arabischen Ländern wie beispielsweise Marokko. Anträge aus klassischen Fluchtländern wie Syrien traten demgegenüber deutlich zurück.

Antragstellung zunehmend direkt aus dem Ausland

Inzwischen ist eine größere Streuung hinsichtlich der Zusammensetzung der Länder festzustellen, deren Abschlüsse anerkannt werden. Vermehrt treten bislang noch nicht in Erscheinung getretene Ausbildungsnachweise in den Vordergrund, zum Teil auch völlig neue Abschlussarten. Immer häufiger stellen nun zuwanderungswillige Fachkräfte ihren Antrag direkt aus dem Ausland. Galt dies in den ersten Jahren noch für bis zu 10 Prozent der Antragstellenden, stieg diese Quote bis Ende 2021 auf teilweise über 40 Prozent. Zudem kommt der Anpassungsqualifizierung nach einem Bescheid über eine teilweise Gleichwertigkeit eine ganz neue Bedeutung zu.

War die Anpassungsqualifizierung und damit die Möglichkeit, von einer teilweisen zu einer vollen Gleichwertigkeit zu kommen, anfangs noch eher die Ausnahme, so hat das FEG mit der Option der Zuwanderung für teilweise Qualifizierte nach §16d Aufenthaltsgesetz eine gleichzeitige Verpflichtung geschaffen, eine Anpassungsqualifizierung zu absolvieren, um die volle Gleichwertigkeit zu erreichen.

Neue Netzwerkpartner

Im Zusammenhang mit dem neu eingeführten beschleunigten Anerkennungsverfahren kamen nun auch neue Netzwerkpartner hinzu, unter anderem die Ausländerbehörden, über die nur Arbeitgeber direkt die Anerkennung für ein schnelleres Verfahren beantragen können. Aus dieser Einbindung resultieren weitere Veränderungen in den Prozessen vieler zuständiger Anerkennungsstellen – wie auch der IHK Fosa. So haben sich die Erwartungshaltung und das Kommunikationsaufkommen in Bezug auf die Verfahrensbeteiligten deutlich erhöht. Auf all diese sich verändernden Umgebungsparameter hat die IHK Fosa stets zeitnah flexibel reagiert und so alle Wandlungsetappen erfolgreich gemeistert.

Der Blick voraus

Die demografisch bedingten Veränderungen der Bevölkerungsstruktur in Deutschland werden die Wirtschaft zukünftig noch stärker vor Probleme stellen, ausreichend Fachkräfte zu finden. Schon heute weisen führende Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsexperten darauf hin, dass pro Jahr eine Zuwanderung ausländischer Fachkräfte in der Größenordnung von rund 400.000 Personen nötig sein wird, um die Fachkräftelücke zu schließen.

Die erforderlichen volkswirtschaftlichen Anstrengungen dafür liegen auf der Hand. Die Fachkräftesicherung im Bereich der beruflich qualifizierten Fachkräfte ruht auf mehreren Säulen, wie natürlich der dualen Ausbildung, aber eben auch und immer stärker auf der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Dazu leistet die IHK-Organisation mit der IHK Fosa einen zentralen Beitrag.

In diesem Kontext kann man auch weiterhin von einem hohen Bedarf an Expertise zur Einschätzung ausländischer Berufsqualifikationen ausgehen und mit einer weiter ansteigenden Zahl an eingehenden Anträgen rechnen. Darauf müssen sich alle zuständigen Stellen einrichten.         

Frühzeitige Information ist wichtig

Aktuelle Informationen zur Berufsanerkennung, auch im Zusammenhang mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, finden sich auf der Website der IHK Fosa im speziellen Bereich "Für Arbeitgeber".

Für ausländische Fachkräfte beziehungsweise deren Arbeitgeber ist es unbedingt ratsam, sich schon frühzeitig im Zuwanderungsprozess an die IHK Fosa zu wenden und das Anerkennungsverfahren zu beantragen. Es empfiehlt sich tatsächlich, den Antrag erst zu stellen, wenn auch alle erforderlichen Dokumente vollständig vorliegen – dies ist der entscheidende Faktor für ein effizientes Anerkennungsverfahren ohne Reibungsverluste und damit der Kern, um den Anerkennungsbescheid tatsächlich schnell in Händen zu halten.

DIHK leistet in verschiedenen Projekten Unterstützung

Auch der DIHK informiert, berät und unterstützt Unternehmen und interessierte Fachkräfte im Ausland und in Deutschland bei Fragen rund um Zuwanderung, Anerkennung sowie zu Fragen zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit unterschiedlichen Projekten:

Hand in Hand for International Talents gewinnt qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten für deutsche Unternehmen. Als Pilotprojekt baut es Kooperationsstrukturen auf und erprobt Prozesse für eine geregelte Fachkräfteeinwanderung aus nicht-europäischen Ländern für Fachkräfte in ausgewählten IHK-Berufen, gefördert durch das BMWK und in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit.

Unternehmen Berufsanerkennung (UBA) unterstützt Unternehmen bei der Beschäftigung ausländischer Fachkräfte auf vielfältige Weise. Zum Beispiel können Unternehmen über ein digitales Tool auf der Projektwebsite ihre Fragen rund um die Fachkräfteeinwanderung und Berufsanerkennung stellen und individuelle Antworten erhalten. Darüber hinaus bietet UBA Mustervorlagen und FAQs für die Umsetzung von Anpassungsqualifizierungen und bringt Unternehmen mit teilanerkannten Fachkräften ganz praktisch über die Matching Datenbank UBAconnect zusammen. Gefördert wird das Projekt vom BMBF.

ProRecognition berät an zehn AHK-Standorten Fachkräfte mit akademischem und beruflichem Abschluss zu ihren Anerkennungschancen. Darüber hinaus unterstützen die Berater mit passgenauen Angeboten zu Sprachqualifikationen, der Visabeantragung, der Vorbereitung der Bewerbungsunterlagen und der Jobsuche. Es wird gefördert vom BMBF.

Kontakt

Frau steht vor Gemälde.
Kathrin Tews Referatsleiterin Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Kompetenzerfassung

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