Mehrkosten bei Schwestergesellschaft ohne Schriftform
Eine GmbH & Co. KG errichtete im Jahr 2005 für ihre Schwesterpersonengesellschaft ein Sägewerk. Aufgrund von Planungsfehlern entstanden Mehrkosten in Höhe von etwa vier Millionen Euro. Eine schriftliche Vereinbarung hierzu gab es nicht; stattdessen wurde 2009 mündlich ein Schadensausgleich vereinbart und in der Steuererklärung als Betriebsausgabe geltend gemacht.
Betriebsausgabenabzug aberkannt
Im weiteren Verlauf erkannte das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug hierzu nicht an. Das Finanzgericht (FG) folgte dem mangels Fremdüblichkeit – fremde Dritte hätten schriftlich konkludente Absprachen vermieden. Der Bundesfinanzhof lehnte die Nichtzulassungsbeschwerde ab. Die Verfassungsbeschwerde hatte jedoch Erfolg.
BVerfG: Schriftform kein Tatbestandsmerkmal für Betriebsausgabenabzug
Das BVerfG hob das FG-Urteil auf. Es stellte klar, dass das Finanzgericht formale Vorgaben (Schriftform) nicht zu einem eigenständigen Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 4 EStG machen darf. Damit verstoße es gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsgrundsatz). Das Gericht betonte, dass eine umfassende „Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände“ erforderlich ist – das Fehlen schriftlicher Dokumentation entbindet nicht von der Prüfung, ob ein tatsächliches (zum Beispiel mündliches oder konkludentes) Vertragsverhältnis bestand.
Schriftliche Dokumentation dennoch empfehlenswert
Betriebsausgaben können somit auch ohne formalen schriftlichen Vertrag anerkannt werden, sofern sie betrieblich veranlasst sind und objektiv nachvollziehbar im Fremdvergleich bestehen. Nach wie vor bleibt eine schriftliche Dokumentation empfehlenswert, da sie Beweis- und Darlegungsfunktion erfüllt und Unsicherheiten, insbesondere bei Prüfungen, reduziert.
Die Entscheidung stärkt dennoch grundsätzlich die Position von Steuerpflichtigen im Umgang mit der Finanzverwaltung – insbesondere in komplexen Konstellationen wie unternehmensinternen Leistungsverflechtungen oder Verrechnungspreisen.