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Globale Mindeststeuer verabschiedet

Bundestag beschließt das Mindeststeuergesetz in geänderter Fassung
Vo Globale Mindeststeuer

© Westend61 / Westend61 / Getty Images

Der Deutsche Bundestag hat am 10. November 2023 in 2./3. Lesung das Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz beschlossen und damit den Weg zu einer Anwendung der globalen Mindeststeuer in Deutschland frei gemacht. Die erforderliche Zustimmung durch den Bundesrat wird voraussichtlich am 15. Dezember 2023 erfolgen, so dass das Gesetz noch vor Jahresende im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden und fristgerecht zum 1. Januar 2024 zur Anwendung kommen kann.

Mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen“ (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – MinBestRL-UmsG) wird die sogenannte Mindestbesteuerungsrichtlinie der EU vom 15. Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt. Neben den konkreten Detailbestimmungen im neu geschaffenen „Mindeststeuergesetz“ (MinStG) sieht das Gesetz auch flankierende Maßnahmen, wie zum Beispiel bei der Hinzurechnungsbesteuerung oder der Lizenzschranke, in anderen Gesetzen vor.

Auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 8. November 2023 wurden neben redaktionellen Änderungen noch weitere materiell-rechtliche Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf vorgenommen. Dabei wurden die am 13. Juli 2023 vom Inclusive Framework on BEPS angenommenen Verwaltungsleitlinien („Agreed Administrative Guidance“) umgesetzt. Umgesetzt wird auch in § 101 Abs. 3 MinStG der sogenannter Penalty Relief der OECD, sodass für einen Übergangszeitraum bis 30. Juni 2028 (§ 84 Abs. 1 MinStG) die Bußgeldvorschriften des § 98 MinStG keine Anwendung finden. 

Hinweis: Auf Grund der Neuaufnahme von fünf zusätzlichen Paragrafen ergibt sich eine veränderte Paragraphenzuordnung der Einzelbestimmungen mit nunmehr 101 statt 96 Paragrafen.

Änderungen durch den Finanzausschuss

  • Entsprechend der OECD-Verwaltungsleitlinien wurden nunmehr Ergänzungen bei den Safe-Harbour-Regelungen vorgenommen:
    - Safe-Harbour für vereinfachte Berechnungen (CbCR-Safe Harbour) und bei unwesentlichen Geschäftseinheiten (§§ 79, 80 MinStG)
    - Safe Harbour bei anerkannten nationalen Ergänzungssteuern (§ 81 MinStG)
    - Safe-Harbour bei der sekundären Ergänzungssteuer (§ 89 MinStG)
  • Ergänzende Bestimmungen wurden zu „marktfähigen und übertragbaren steuerlichen Zulagen“ (§ 28 MinStG) dergestalt getroffen, dass diese als Ertrag bei Berechnung des Mindeststeuer-Jahresüberschusses bzw. -fehlbetrages gem. § 18 MinStG zu erfassen sind.
  • Im neuen § 29 MinStG wurden Regelungen zur Berücksichtigung von Steuervorteilen aufgenommen, welche „mittelbar über Beteiligungen an steuertransparenten Einheiten“ dem Inhaber zufließen.
  • Im Rahmen des substanzbasierten Freibetrages (Substance-Carve out) wurde präzisiert, dass nur diejenigen Lohnkosten berücksichtigungsfähig sind, die auf Beschäftigte mit einer Tätigkeitsausübung im betreffenden Staat entfallen (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 MinStG).
    Zudem werden materielle Vermögenswerte gem. § 60 Abs. 1 S. 2 MinStG nur anteilig berücksichtigt, soweit sie nicht mehr als 50 Prozent des Geschäftsjahres im selben Steuer-hoheitsgebiet der Geschäftseinheit belegen sind.
    Bezüglich des Mietleasings wurde in § 60 Abs. 2 S. 2 MinStG geregelt, dass die Buchwerte beim Leasinggeber berücksichtigt werden, soweit diese den Wert des Nutzungsrechtes beim Leasingnehmer übersteigen.
  • Im neuen § 97 MinStG wurden Regelungen zur Währungsumrechnung in den Fällen aufgenommen, in denen der Konzernabschluss beziehungsweise der Steuererhöhungsbetrag nicht in Euro erstellt beziehungsweise ermittelt wurde.
  • § 99 Abs. 4 S. 1 MinStG beinhaltet eine Öffnungsklausel, wonach zukünftige, vom Inclusive Framework einvernehmlich angenommene Safe-Harbour-Regelungen ohne nationalem Anwendungsbefehl automatisch Rechtskraft in Deutschland erhalten. Das BMF wird zudem in § 99 Abs. 4 Satz 2 MinStG ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates entsprechende Detailbestimmungen im Verordnungsweg zu erlassen.
  • Auf Wunsch des Bundesrates (Stellungnahme vom 29. September 2023) wurde in § 5 Abs. 1 Nr. 5h Buchst. b) Finanzverwaltungsgesetz geregelt, dass die Gruppenträgermeldungen, welche gem. § 3 Abs. 4 MinStG beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) einzureichen sind, von diesem an die Landesfinanzbehörden weitergeleitet werden.
  • Hinsichtlich der Abbildung latenter Steuern in der Handelsbilanz wird in § 274 Abs. 3 HGB nunmehr geregelt, dass Differenzen aus der Anwendung der GloBE-Regelungen nicht nur beim erstmaligen Ansatz, sondern auch bei der Bewertung bereits gebildeter Steuerlatenzen außer Acht bleiben.

Unveränderte Regelungen

  • Die Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 8 Abs. 5 AStG) von 25 Prozent auf 15 Prozent wurde beibehalten.
  • Beibehalten wurde zudem die Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Lizenzschranke (§ 4j Abs. 2 EStG) von 25 Prozent auf 15 Prozent. Nicht aufgegriffen wurde das Petitum der DIHK, die noch im Referentenentwurf vorgesehene vollständige Abschaffung der Lizenzschranke wieder aufzunehmen.
  • Die ursprünglich avisierte Aufhebung der Gewerbesteuerpflicht auf Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG (§ 7 S. 7 - 9 GewStG) wurde nicht aufgegriffen, da hierdurch Steuermindereinnahmen für die Kommunen von rund 120 Millionen Euro befürchtet werden.
  • Nicht aufgegriffen wurde die Anregung der DIHK, eine White-list für solche Jurisdiktionen zu schaffen, bei denen auf Grund eines dort existierenden, hohen Nominalsteuersatzes eine Niedrigbesteuerung unter 15 Prozent erfahrungsgemäß ausgeschlossen werden kann. Ein entsprechender Antrag der CDU/CSU-Fraktion wurde abgelehnt. 
  • Nicht aufgegriffen wurde zudem das Petitum der DIHK, einen sogenannten QDMTT-Carve out in der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung zu verankern, wonach eine Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 – 14 AStG) bei Zwischengesellschaften in Staaten mit einer anerkannten nationalen Ergänzungssteuer unterbleibt.

Aufkommenswirkung der globalen Mindeststeuer

Die Steuermehr-/Mindereinnahmen für die Mindeststeuer werden wie folgt geschätzt:

Gebiets-
körperschaft

Volle Jahreswirkung*

Kassenjahr

2024

2025

2026

2027

2028

Insgesamt

+200

  •  
  •  

+1.000

+800

+600

Bund

+100

  •  
  •  

+500

+400

+300

Länder

+100

  •  
  •  

+500

+400

+300

Gemeinden

  •  
  •  
  •  
  •  
  •  

* Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Staaten mit aktuell einer Niedrigbesteuerung zumindest mittelfristig entsprechende Anpassungen im nationalen Steuerrecht vornehmen werden (Anhebung der Unternehmenssteuersätze beziehungsweise Einführung einer nationalen Ergänzungssteuer).

Hintergrund: Globale Mindeststeuer

Unter dem Dach der OECD arbeiten 139 Staaten im sogenannten Inclusive Framework on BEPS (IF) an einer Neuordnung der internationalen Unternehmensbesteuerung. Im Rahmen des dort entwickelten 2-Säulenmodelles soll sowohl eine Umverteilung der Besteuerungsrecht bei sehr großen Unternehmensgruppen (Säule 1) als auch die Einführung einer globalen effektiven Mindestbesteuerung von mindestens 15 Prozent (Säule 2) erfolgen.

Hinsichtlich der globalen Mindeststeuer (Global Anti-Base Erosion Rules – GloBE) hatte das Inclusive Framework bereits am 20. Dezember 2021 ein Rahmenwerk (Model Rules) veröffentlicht und im Anschluss weitergehende Regelungen (zum Beispiel Kommentar, Verwaltungsleitlinien) erarbeitet. Die Europäische Union hatte diese Arbeiten aufgegriffen und ihrerseits am 14. Dezember 2022 eine entsprechende EU-Richtlinie verabschiedet, welche eine EU-weit einheitliche Anwendung der Mindeststeuerregelungen in allen EU-Mitgliedsstaaten ab dem Jahr 2024 sicherstellen soll.

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Guido Vogt Referatsleiter Internationales Steuerrecht, Verfahrensrecht