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Inflation Reduction Act der USA

Steuerliche Regelungen in der internationalen Kritik
Vo Reduction Act der USA

© Valerio Rosati / EyeEm / EyeEm / Getty Images

Mit dem Inflation Reduction Act, kurz IRA, haben die USA ein 738 Milliarden Dollar schweres Investitionsprogramm aufgesetzt, welches neben Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und einer Neuausrichtung der US-amerikanischen Wirtschaft auf erneuerbare Energien auch umfassende steuerliche Neuregelungen vorsieht. Auf besondere Kritik aus Deutschland und Europa stießen dabei insbesondere Steueranreize in Höhe von voraussichtlich 270 Milliarden US-Dollar, welche teilweise an den Erwerb von Produkten aus US-amerikanischer Produktion geknüpft sind.

Gegenstand der Kritik sind u.a. die weitreichenden Lokalisierungspflichten bei Förderprogrammen: So wird die Steuergutschrift in Höhe von 7.500 US-Dollar für die Anschaffung neuer Elektrofahrzeuge nur dann gewährt, wenn eine Endmontage in den USA und eine Verwendung von US-amerikanischen Batterierohstoffen erfolgte. Diese Restriktionen stellen einen Verstoß gegen Welthandelsregeln dar und benachteiligen deutsche Unternehmen im Wettbewerb. Zudem könnten diese langfristig Europa und dem Industriestandort Deutschland schaden, da Unternehmen zunehmend mit Produktionsverlagerungen in die USA reagieren.

Bei Ihren Gesprächen in Washington am 10. März 2023 hat die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zumindest einen kleinen Durchbruch erzielt: So sei man übereingekommen, dass zum Beispiel zeitnah die konkreten Verhandlungen über ein Abkommen zu kritischen Mineralien für E-Autos und Batterien beginnen könnten. (LINK )

Steuerliche Maßnahmen der IRA für Unternehmen

Zur Gegenfinanzierung der Ausgabenprogramme wird eine 15prozentige Mindeststeuer für große Kapitalgesellschaften und eine 1prozentige Steuer auf den Erwerb eigener Anteile eingeführt.

  • Corporate Alternative Minimum Tax (Corporate AMT)
    In den USA ansässige Unternehmen unterliegen für Steuerjahre, die nach dem 31. Dezember 2022 beginnen, einer „Corporate Alternative Minimum Tax“ (oder auch „Book Minimum Tax“, BMT). Voraussetzung ist, dass das auf Grundlage des modifizierten US-GAAP-Abschlusses ermittelte „adjusted financial statement income“ (AFSI) bezogen auf einen Dreijahreszeitraum mehr als 1 Milliarde US-Dollar beträgt. Zulässig ist ein Abzug von Verlustvorträgen von maximal 80 Prozent des AFSI. Der Steuersatz beträgt 15 Prozent. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, sofern diese die Summe aus regulärer Steuerschuld und sogenannten BEAT übersteigt. Mit der Base Erosion and Anti-Abuse Tax (BEAT) werden steuerliche Gewinnminderungen eingeschränkt, die entstehen, wenn US-Unternehmen Zahlungen ins Ausland tätigen. Sofern eine Corporate AMT erhoben wird, kann diese als sogenannte "tax credit" (Steuergutschriften) in den Folgejahren auf die reguläre Steuer angerechnet werden. Hierdurch sollen circa 222 Milliarden US-Dollar Steuermehreinnahmen in den kommenden zehn Jahren ausgelöst werden.
  • Excise tax bei Anteilsrückkäufen
    Mit Blick auf den exponentiellen Anstieg von Anteilsrückkäufen in den vergangenen Jahren wurde für in den USA ansässige, börsennotierte Unternehmen eine Steuer auf den Rückkauf von eigenen Anteilen ab dem 1. Januar 2023 eingeführt. Der Steuersatz beträgt 1 Prozent auf Basis des Marktwertes. Das Steuermehraufkommen wird auf ca. 74 Milliarden US-Dollar für zehn Jahre geschätzt.

Maßnahmen zur Förderung des Klimaschutzes und von erneuerbaren Energien

Zugleich soll durch umfangreiche steuerliche Fördermaßnahmen mit einem Volumen von ca. 270 Milliarden US-Dollar (zehn Jahre) eine Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen um 60 Prozent (Bezugszeitraum 2005) bewirkt werden. Hierzu wurden verschiedene „tax credits“ neu eingeführt beziehungsweise erweitert. Diese sind regelmäßig mit einer „Direct pay-Option“ versehen, so dass anstelle einer Anrechnung auf die Steuerschuld eine direkte Erstattung wahlweise möglich ist. Diese können zudem gegen eine Geldzahlung steuerneutral (einmalig) auf einen Erwerber übertragen werden, der als anspruchsberechtigt gilt.

  • Förderung von Elektrofahrzeugen und Batterien
    Der bislang schon bestehende „Qualified Plug-in Electric Drive Motor Vehicle Credit“ nach IRC Sec 30D (kurz: Clean Vehicle Credit) wurde durch den IRA um eine weitere Anforderung ergänzt:
  • Für neue Elektro-, Brennstoffzellen- und Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeuge ist eine Endmontage (final assembly point) in Nordamerika (USA, Puerto Rico, Kanada, Mexiko) erforderlich. Zudem gelten für Fahrzeuge, die ab dem 1. Januar 2023 in Betrieb genommen werden, aktualisierte Richtlinien des IRS.
  • Die Gewährung des tax credit (gesamt: 7.500 US-Dollar) ist dabei von weiteren, batteriespezifischen Faktoren abhängig: Ein Teilbetrag in Höhe von 3.750 US-Dollar erfordert, dass mindestens 40 Prozent (ansteigend auf 80 Prozent ab 2026) der kritischen Batteriemineralien aus den USA oder Länder stammen, mit denen die USA ein Freihandelsabkommen geschlossen haben. Mit der EU existiert kein Freihandelsabkommen.  Der verbleibende Teilbetrag von 3.750 US-Dollar ist davon abhängig, dass mindestens 50 Prozent (ansteigend auf 100 Prozent nach 2028) des Wertes der Batteriekomponenten in Nordamerika (siehe oben) hergestellt oder montiert werden. Damit sollen die nationalen Wertschöpfungsketten für Batterien gestärkt und Abhängigkeiten von ausländischen Zulieferern verringert werden.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Streitigkeiten mit der EU-Kommission wegen möglicher Wettbewerbsbeschränkungen hatte das US-Finanzministerium unlängst eine Neuregelung avisiert. Demzufolge sollen als Gewerbefahrzeuge, die weniger strengen Anforderungen unterliegen, auch solche Fahrzeuge gelten, die von Leasinggesellschaften gekauft und auch an Privatkunden verleast werden. Leasinggesellschaften kämen dann in den Genuss des tax credit und könnten diesen an private Leasingnehmer weitergeben. Hiergegen haben jedoch die Republikaner Widerstand angekündigt.

  • Maßnahmen zur Förderung der klimafreundlichen Transition der US-Wirtschaft
    Das Gesetz sieht eine zehnjährige Verlängerung der bestehenden Steuergutschriften für Wind- und Solarenergie sowie für autonome Energiespeicher, Dachsolaranlagen und Wärmepumpen vor. Außerdem enthält der IRA Steueranreize für erneuerbare Energien für Technologien der nächsten Generation wie sauberen Wasserstoff und fortschrittliche Kernkraft.

Mit einem „Production Tax Credit“ in Höhe von 60 Milliarden US-Dollar für die nächsten fünf Jahre werden Unternehmen, die saubere Energien herstellen, darunter Solarzellen, Windturbinen, Batterien und die Verarbeitung wichtiger Mineralien, gefördert. Zugleich wird das US-Energieministerium ermächtigt, bis September 2026 Darlehen in einem Gesamtvolumen von 250 Milliarden US-Dollar für saubere Energieprojekte auszureichen.

Kontakt

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Guido Vogt Referatsleiter Internationales Steuerrecht, Verfahrensrecht