Auch einen Monat nach der EU-US-Handelseinigung und nach der gemeinsamen Erklärung vom 21. August stochern die Unternehmen noch im Nebel, wie es mit dem US-Geschäft weitergeht. Darauf weist die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hin.
Zwar gibt es nun einen groben Fahrplan – die volatile Handelspolitik der USA setzt sich jedoch fort. Die Erfahrungen der letzten Monate lehren, dass gerade die Unwägbarkeiten und Unsicherheiten für die deutsche Wirtschaft Gift im US-Geschäft sind.
Unternehmen empfinden die bisher erzielten Einigungen überwiegend als Belastung. Sie wünschen sich eine klarere Haltung der Europäischen Union für die weiteren Verhandlungen – auch, wenn dies ihre eigenen Geschäfte treffen könnte, das zeigt die jüngste DIHK-Blitzumfrage von August.
"Gerade bei der Umsetzung der vereinbarten Punkte muss die EU klar ihre regulatorische Autonomie und wirtschaftliche Souveränität bewahren und darf sie nicht für kurzfristige Handelsdeals aufs Spiel setzen", kommentiert DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier die Entwicklung.
Die avisierten US-Zollsenkungen im Automobil- und Metallbereich müssten nun auch rasch erfolgen, so Treier. Außerdem brauche es unbürokratisch nachweisbare Ursprungsregeln, um alsbald Rechtssicherheit im Außenwirtschaftsgeschäft zu gewährleisten. Schon jetzt erschwere der US-Zoll den Exporteuren durch neue bürokratische Anforderungen das Geschäft.
Ferner sei ein Mechanismus nötig, um zukünftige US-Zollerhöhungen auszuschließen. Treier: "Im Notfall sollte die EU auch vor Gegenmaßnahmen nicht zurückschrecken und hier robust verhandeln. Langfristig bleibt die Abschaffung der WTO-widrigen US-Zölle das Ziel."
Strategie der US-Regierung geht nicht auf
"Die neue, auf Abschottung zielende Handelspolitik der USA dürfte gehörig nach hinten losgehen", prognostiziert der DIHK-Außenwirtschaftschef. "Anstelle von stabilen Wirtschaftsbeziehungen und einem attraktiven Investitionsumfeld stehen die USA bedauerlicherweise zunehmend für Zollchaos und ein unsicheres Geschäftsumfeld. Die Strategie der US-Regierung, durch protektionistische Maßnahmen wie Zölle eine Reindustrialisierung zu erzwingen, geht aus Sicht der deutschen Wirtschaft nicht auf."
Statt neue Investitionen anzuziehen, schreckt sie der Umfrage zufolge vielmehr ab: Mehr als ein Viertel der Unternehmen mit US-Geschäft haben ihre Investitionspläne in den USA entweder auf Eis gelegt oder sogar ganz gestrichen. Die Zollpolitik von Donald Trump führt zu wachsender Verunsicherung bei deutschen Betrieben – gleich mit oder ohne US-Geschäft.
Treier: "Die Zölle schaden der US-Wirtschaft mehr, als dass sie ihr nutzen. Die erhobenen Einfuhrzölle werden die US-Kunden vornehmlich selbst bezahlen. Die Mehrheit der Unternehmen mit US-Geschäft gibt die zusätzlichen Zollkosten komplett oder zumindest teilweise an ihre Kunden weiter."
Unternehmen orientieren sich strategisch um
Die deutsche Wirtschaft zieht aus der Entwicklung auch strukturell Konsequenzen: Unternehmen orientieren sich strategisch um – und setzen verstärkt auf andere Märkte, vor allem den europäischen Binnenmarkt. Dieser gewinnt nicht nur als Absatzmarkt an Bedeutung, sondern auch als stabiler Wirtschaftsraum mit verlässlichen Regeln.
"Für die weiteren Verhandlungen mit den USA fordern deutsche Unternehmen einen klaren, pro-europäischen Kurs", so Treier. Die Betriebe benötigten dringend gute Standort- sowie verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit, um Investitionen und internationale Geschäftsstrategien sinnvoll steuern zu können.
Bürokratie abbauen und neue Partner finden
Europa sei jetzt umso mehr "gut beraten, daheim seine Hausaufgaben zu machen und überbordende Bürokratie etwa in Form von Berichtspflichten abzubauen, um die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Binnenmarkts zu stärken", mahnt der DIHK-Außenwirtschaftschef. "Unternehmen brauchen dringend bürokratische Erleichterungen, aber auch und gerade jetzt Handelsabkommen mit wichtigen Wirtschaftspartnern wie dem Mercosur, mit Indien oder Indonesien." Gleichwohl sei eine "umfassende und belastbare Einigung auf Augenhöhe mit den USA ebenso unabdingbar".
Datenbasis: DIHK-Blitzumfrage
Bei den hier vorgestellten Zahlen handelt es sich um bislang noch nicht veröffentlichte Ergebnisse aus der aktuellen DIHK-Blitzumfrage unter rund 3.500 Betrieben aus dem gesamten Bundesgebiet, überwiegend aus der Industrie.
Kontakt
Lola Marie MachleidReferatsleiterin Internationale Konjunktur