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Handel mit Mercosur? Die EU regelt das

Abkommen birgt großes Potenzial für die deutsche Wirtschaft
Flagge Mercosur / Mercosul weht im Wind vor blauem Himmel mit einzelnen Wolken

Die Flagge des Mercosur (portugiesisch: Mercosul) weht für Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay

© mtcurado / iStock / Getty Images Plus

Mitte 2019 - nach 20 Jahren und 38 Verhandlungsrunden - ist der EU ein Verhandlungsdurchbruch mit den Mercosur-Ländern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gelungen. Die Ratifizierung des Abkommens steht noch aus.

Das EU-Mercosur-Abkommen setzt wichtige Akzente für die deutschen Unternehmen: Es kann im Laufe der nächsten Jahre fast alle Zölle zwischen der EU und dem Mercosur-Raum abschaffen, den Dienstleistungshandel erleichtern, öffentliche Beschaffungsmärkte öffnen, regulatorische Kooperation vereinfachen und 350 traditionelle europäische Spezialitäten wie Schwäbische Spätzle oder Bayerisches Bier auch im Mercosur schützen.

Markt mit über 260 Millionen Konsumenten

Und: Das EU-Mercosur-Abkommen hat ein dezidiertes Mittelstandskapitel, damit auch kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU) von dem Abkommen profitieren können. Bisher unterliegen 85 Prozent der europäischen Ausfuhren in den Mercosur – einem Markt mit über 260 Millionen Konsumenten – einem Zoll. 

Das verursacht Kosten in Höhe von jährlich vier Milliarden Euro für deutsche und europäische Unternehmen. 12.500 deutsche Betriebe exportieren in den Mercosur-Raum, 72 Prozent von ihnen sind KMU. Die deutschen Ausfuhren allein nach Brasilien lagen 2018 bei knapp zehn Milliarden Euro – 10,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Das jährliche Exportvolumen ist damit immerhin vergleichbar mit den Ausfuhren nach Kanada. Und São Paulo etwa ist einer der größten Standorte der deutschen Industrie weltweit. 

Das zeigt das große wirtschaftliche Potenzial, das bei einer Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens erschlossen werden kann. Marktchancen für deutsche Unternehmen liegen etwa in den Bereichen Maschinenbau, Automobilbau und Ernährungsindustrie, wo der Mercosur bisher weltweit mitunter die höchsten Zölle erhebt. 

Traditionelle Partnerschaften stärken 

Das Abkommen gibt Europa und seinen Unternehmen einen wichtigen strategischen Zeitvorteil: Es ist das erste Mercosur-Abkommen mit einem bedeutenden Handelspartner.

Dennoch sind auch andere große Wettbewerbsnationen in der Region zunehmend aktiv. Der Mercosur-Block verhandelt etwa mit Südkorea oder Kanada und hat mit den EFTA-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein kurz nach der EU ebenfalls eine Grundsatzeinigung erzielt. 

Die EU sollte daher den anstehenden Ratifizierungsprozess unverzüglich voranbringen. Gleichzeitig sollte die EU handelspolitisch mit weiteren Partnern in der Region vorangehen, um traditionelle Partnerschaften auch wirtschaftlich zu stärken. Hierzu gehören die derzeit laufende Modernisierung der EU-Handelsabkommen mit Mexiko und Chile sowie die mittelstandsfreundliche Umsetzung der anderen Abkommen der EU mit der Region – etwa mit Kolumbien, Ecuador und Peru. 

Kernaspekt Nachhaltigkeit 

Alle Beteiligten haben sich im Abkommen auf klare Standards zum Umweltschutz verständigt. Sie haben sich außerdem verpflichtet, das Pariser Klimaschutzabkommen umzusetzen. Daran müssen sich am Ende alle Partner halten. 

Für die deutsche Wirtschaft steht fest: Je stärker die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika sind, desto besser sind auch die Chancen, in Umweltfragen gemeinsam voranzukommen. Der im Abkommen festgeschriebene Grundsatz der Nachhaltigkeit ist deshalb auch für die Aktivitäten deutscher Unternehmen relevant. 

Diese sind mit Unterstützung der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) bereits seit über 100 Jahren in den Mercosur-Ländern vertreten. Die Unternehmen sichern Zehntausende Arbeitsplätze und tragen etwa durch die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild vor Ort zur nachhaltigen Entwicklung der Region bei. Das EU-Mercosur-Abkommen bietet nun neue Chancen, dieses Engagement gemeinsam weiter zu stärken.

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Anne Reinacher Referatsleiterin Handelspolitik, transatlantische Beziehungen und EU-Zollfragen