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Mit WTO-Reformen für einen starken Welthandel

DIHK stellt Umfrage und Impulspapier vor
Container und Ladekran im Hafen

Eine funktionierender Welthandel ist gerade für die exportorientierte deutsche Wirtschaft enorm wichtig

© Luis Alvarez / DigitalVision / Getty Images

Lieferkettenprobleme, Protektionismus, globale Entkoppelungstendenzen: Der internationale Handel steht vor großen Herausforderungen. Auf Basis aktueller Unternehmensberichte setzt sich der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) für Reformen der Welthandelsorganisation WTO ein. Dazu hat er auch eine Checkliste erstellt.

(Update am 29.11.2021)
Die 12. WTO-Ministerkonferenz, die am 30. November in Genf hätte stattfinden sollen, wurde wegen der jüngsten Coronavirus-Variante und der damit verbundenen Reisebeschränkungen abgesagt. Die hiesige Wirtschaft hatte gehofft, dass es bei dem Treffen gelingen würde, langjährige Verhandlungsblockaden zu lösen. Umso wichtiger ist es, die Arbeiten im Hintergrund fortzusetzen, bis der Termin für ein neues Treffen feststeht.

Denn: "Zwei Drittel aller außereuropäischen Exporte deutscher Unternehmen beruhen allein auf WTO-Regeln", unterstreicht DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. "Diese Regeln haben mit den großen wirtschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre aber nicht ausreichend Schritt gehalten. Umso wichtiger ist es, das multilaterale Handelssystem fit für die Zukunft zu machen."

Streitbeilegungsmechanismus reaktivieren

Konkret regt der DIHK an, den derzeit blockierten Mechanismus zur Streitbeilegung schnellstmöglich wieder zu reaktivieren. "Handelskonflikte können so entschärft und die Planbarkeit für international tätige Unternehmen verbessert werden", erklärt Treier.

Ein WTO-Gesundheitsabkommen könne in der aktuellen Situation zudem dazu beitragen, Handelshemmnisse für Corona-relevante Produkte wie Impfstoffe, Medikamente oder Gesundheitsgüter abzuschaffen sowie Zölle und Exporteinschränkungen abzubauen. "Eine globale Pandemie erfordert auch in handelspolitischer Hinsicht globale Antworten", so der DIHK-Außenwirtschaftschef. "Zölle und andere Handelshemmnisse behindern jedoch noch immer vielerorts den Austausch auch medizinisch notwendiger Güter."

Multilaterale Lösungen für globale Herausforderungen

Weiterhin plädiert der DIHK dafür, entschiedener gegen Subventionen und Wettbewerbsverzerrungen vorzugehen und globale Handelsregeln besser auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters anzupassen. Auch der Klimawandel könne durch ein koordiniertes Handeln aller relevanten CO2-emittierenden Ländern besser bekämpft werden – und zugleich einseitige Wettbewerbsnachteile deutscher oder europäischer Unternehmen verhindern. "So global die Herausforderungen im internationalen Umfeld sind, so sinnvoll ist in all diesen Fällen ein multilaterales Vorgehen im Rahmen der WTO", betont Treier.

Weltweit möglichst harmonisierte Ursprungsregeln zur Herkunft von Waren würden zudem Exporte erleichtern – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Für diese könnte eine WTO-Mittelstandsagenda zusätzliche Impulse setzen. Aber auch ein weltweiter Zollabbau oder ein besserer Marktzugang in Drittländer über das WTO-Beschaffungsabkommen würden dazu beitragen, weltweite Handelshürden zu beseitigen.

Steigende Nachfrage trifft auf Produktions- und Logistikprobleme

Laut einer aktuellen Befragung unter 3.200 deutschen Unternehmen im Ausland spitzen sich die Lieferkettenprobleme im Welthandel aktuell weiter zu. Inzwischen haben mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen im Ausland Probleme in ihren Lieferketten oder der Logistik – ein Anstieg um 14 Prozent im Vergleich zum Frühjahr.

"Eine steigende weltweite Nachfrage trifft derzeit auf zu geringe Produktionskapazitäten und Transportprobleme", erläutert der DIHK-Außenwirtschaftschef. "Gründe dafür sind beispielsweise mangelnde Container und Frachtkapazitäten auf Schiffen sowie Produktionsausfälle. Die Lieferkettenstörungen gehen aber auch auf gravierende handelspolitische Verwerfungen zurück, wie zum Beispiel auf Vorschriften des Zwangs zu lokaler Produktion."

Grafik zu den Änderungen in der Lieferkette

© DIHK

Angesichts der Herausforderungen im internationalen Geschäft planen 54 Prozent der Unternehmen, Lieferketten anzupassen oder haben dies bereits getan. Von denjenigen Unternehmen, die Änderungen in ihren Lieferketten vornehmen wollen, suchen 72 Prozent neue oder zusätzliche Lieferanten, 32 Prozent planen eine Verkürzung oder Veränderung der Lieferwege, und 15 Prozent haben vor, die eigene Produktion zu verlagern.

Neue Standorte müssen mit qualifiziertem Personal punkten

Die wichtigsten Kriterien bei der Suche nach neuen Produktionsstandorten sind das Angebot an Fachkräften (54 Prozent), die geografische Lage des Produktionsstandorts (43 Prozent) sowie wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen wie Steuern, Zölle oder Sanktionen (43 Prozent).

Grafik WBO neue Produktionsstandorte

© DIHK

Besonders gravierend stellt sich die Situation für deutsche Unternehmen im Vereinigten Königreich dar. Hier müssen insgesamt 77 Prozent der Unternehmen ihre Lieferketten anpassen. 93 Prozent dieser Betriebe sehen sich gezwungen, Lieferwege zu ändern, und 39 Prozent planen eine Produktionsverlagerung – vor allem eine Folge neuer Handelshemmnisse nach dem Brexit.


Die DIHK-Umfrage mit weiteren Details steht hier in einer deutschen und einer englischen Fassung zum Download bereit:

Sonderauswertung "Neusortierung von Lieferketten" (PDF, 380 KB)

Special evaluation "Reorganization of  the supply chains" (PDF, 366 KB)

Die Punkte, die aus Sicht der deutschen Wirtschaft für eine funktionsfähige WTO von hoher Relevanz sind, hat der DIHK in einem Impulspapier auf Deutsch und Englisch zusammengefasst:

DIHK-Impulspapier zur WTO-Ministerkonferenz (PDF, 193 KB)


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Mann im Haus der Deutschen Wirtschaft
Klemens Kober Referatsleiter Handelspolitik, transatlantische Beziehungen und EU-Zollfragen

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Porträtbild Julia Fellinger, Pressesprecherin
Julia Fellinger Pressesprecherin