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AHK World Business Outlook Frühjahr 2025: Globale Stimmung kippt

Treier: "Neue US-Handelspolitik sendet Schockwellen durch die Weltwirtschaft"
Handelsschiff auf Meer mit Lichtstrahl

Im internationalen Geschäft verdunkelt sich der Himmel zusehends

© Westend61 / Getty Images

Die Weltwirtschaft gerät ins Wanken – von Erholung der deutschen Außenwirtschaft keine Spur. Wie der aktuelle AHK World Business Outlook (WBO) Frühjahr 2025 zeigt, sind die Konjunkturerwartungen deutscher Unternehmen rund um den Globus eingebrochen.

Statt Aufbruch herrscht Ernüchterung: Deutsche Unternehmen im Ausland sehen sich in nahezu allen Weltregionen verschlechterten Rahmenbedingungen und wachsender Unsicherheit gegenüber. Besonders die handelspolitischen Umwälzungen durch die USA setzen die globale Konjunktur unter Druck. 

Volker Treier ernst 2022

Volker Treier

© DIHK / Werner Schuering

"Die neue Handelspolitik der USA trifft deutsche Unternehmen an ihren Auslandsstandorten mit voller Wucht", warnt Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). 

"Die US-Handelspolitik und die internationalen Reaktionen darauf senden Schockwellen durch die Weltwirtschaft – Investoren verlieren das Vertrauen in verlässliche Rahmenbedingungen. Die Folge: Investitionen werden aufgeschoben oder ganz gestrichen, tradierte Handelsbeziehungen neu bewertet."

Krisenmodus statt Aufbruch 

Der AHK World Business Outlook basiert auf den Rückmeldungen von rund 4.600 deutschen Unternehmen in über 90 Ländern, die zwischen dem 17. März und 14. April 2025 befragt wurden. Der Erhebungszeitraum fiel damit in eine Phase erheblicher geopolitischer Umbrüche – darunter Donald Trumps sogenannter "Liberation Day" und dessen unmittelbare Folgen für die Handelspolitik.

 

Die Stimmung ist weltweit eingetrübt: Nur noch 19 Prozent der international aktiven Unternehmen erwarten eine Verbesserung der lokalen Konjunktur – im Herbst waren es noch 27 Prozent. Der Anteil derjenigen, die mit einer Verschlechterung rechnen, steigt auf 33 Prozent. "Die weltweiten Umbrüche, von den USA über Europa bis nach Asien, verändern die Spielregeln des internationalen Geschäfts", erläutert Treier. "Die Verunsicherung der Unternehmen muss als Aufforderung an die Politik in Berlin und Brüssel verstanden werden, die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Standorte auf Vordermann zu bringen und neue belastbare Handelsbeziehungen weltweit einzugehen."

 

US-Linie trifft deutsche Firmen hart

Weltweit befürchten 60 Prozent der deutschen Unternehmen negative Auswirkungen der US-Handelspolitik auf ihre Geschäfte vor Ort. Besonders auffällig: Nach dem sogenannten "Liberation Day" stieg der Anteil der Unternehmen, die mit negativen Auswirkungen rechnen, weltweit von 56 auf 69 Prozent. In den USA erwarten sogar 85 Prozent der dort aktiven deutschen Betriebe Einschränkungen durch die US-Handelspolitik – mehr als in jeder anderen Region weltweit. 

 

"Der Plan, die eigene Wirtschaft durch Zölle zu schützen, dort sogar mehr Produktion aufzubauen, geht nicht auf", bilanziert der DIHK-Außenwirtschaftschef. "Die protektionistische und unberechenbare Handelspolitik in den USA sorgt für erhebliche Unsicherheit und bremst wirtschaftliche Aktivitäten."

Das Vertrauen in globale Marktmechanismen erodiere – und mit ihm die Investitionsdynamik, so Treier weiter. Besonders auffällig zeigt sich der Stimmungsumschwung in Nordamerika (USA, Mexiko, Kanada): Wo in den Vorjahren oft ungetrübter Optimismus herrschte, brechen die Investitionspläne regelrecht ein. Die USA, traditionell ein starker Investitionsstandort, stechen dabei besonders negativ hervor: Dort planen (nach zuvor 37 Prozent) nur noch 24 Prozent der Unternehmen, ihre Investitionen auszuweiten – ein markanter Rückgang. 

Das Vorhaben, durch die neue US-Wirtschaftspolitik Investitionen ins Land zu ziehen, scheint nicht aufzugehen, im Gegenteil: 29 Prozent wollen ihre Budgets sogar kürzen. "Die Zahlen sprechen eine klare Sprache", sagt Treier: "Die Investitionsbereitschaft verliert an Fahrt, neue Projekte werden zunehmend auf Eis gelegt. Vor allem der Mittelstand schaut derzeit ganz genau hin, wo überhaupt noch Spielräume bestehen."

Politik statt Nachfrage: Risiken neu gewichtet

Zum ersten Mal seit Jahren nennen die Befragten wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen als das größte Geschäftsrisiko (49 Prozent) – noch vor einer schwachen Nachfrage (46 Prozent). In den USA ist das Bild besonders dramatisch: Sieben von zehn Unternehmen sehen die Politik als Hauptproblem. 

Weitere Risikofaktoren sind der Fachkräftemangel (34 Prozent), steigende Arbeitskosten (33 Prozent) sowie neue Handelsbarrieren wie etwa die Bevorzugung inländischer Anbieter. Weltweit fühlen sich 26 Prozent der Betriebe davon betroffen – in den USA sogar 71 Prozent. 

 

Die Zurückhaltung der Betriebe zeigt sich auch in ihren Investitions- und Personalplänen deutlich: Nur noch 28 Prozent der weltweit befragten Unternehmen wollen ihre Investitionen ausweiten – während 21 Prozent Kürzungen vorsehen. Auch bei der Beschäftigung dominiert Vorsicht: 31 Prozent planen zwar, Personal aufzubauen, doch 16 Prozent rechnen mit einem Abbau.

Globale Herausforderungen bleiben – und verstärken sich mittelfristig

Die Unternehmen blicken nicht nur auf aktuelle Belastungen – sie sehen sich mit einer anhaltend schwierigen Gemengelage über mehrere Jahre hinweg konfrontiert. Vor allem Handelskonflikte und protektionistische Tendenzen (64 Prozent) gelten als zentrale Herausforderungen der kommenden fünf Jahre. Im Einzelnen sind das:

  • Zölle und Gegenzölle: 77 Prozent sehen das als Hauptproblem
  • Politische Einflussnahme auf Lieferketten: 63 Prozent
  • Wettbewerbsverzerrungen durch Subventionen und Industriepolitik: 32 Prozent

 

Hinzu kommen strukturelle Herausforderungen wie Inflation und Geldpolitik (42 Prozent), zunehmende Fragmentierung (40 Prozent) sowie digitale Transformation und künstliche Intelligenz (ebenfalls 40 Prozent). 

Welthandel schwächelt

Die Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) unterstreicht die wirtschaftliche Lage: Für 2025 wird ein globales Wachstum von lediglich 2,8 Prozent vorhergesagt – das liegt deutlich unter dem langjährigen Schnitt von 3,7 Prozent. Auch der Welthandel zeigt Schwächen: Die Handelszuwächse sollen 2025 nur noch bei 1,7 Prozent, 2026 bei 2,5 Prozent liegen – ein weiteres Indiz für die anhaltende Wachstumsschwäche der Weltwirtschaft. 

"Unsere Unternehmen zeigen bemerkenswerte Resilienz – aber selbst die anpassungsfähigsten Geschäftsmodelle stoßen an Grenzen", mahnt Treier. "Die Politik muss dringend klare, verlässliche und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen – und zwar zu Hause, in Europa und auf globaler Ebene." 

Die kompletten Umfrageergebnisse gibt es hier zum Download: 

AHK World Business Outlook Frühjahr 2025 (PDF, 1 MB)
 

AHK-Weltkonferenz: Orientierung in stürmischen Zeiten

Zeitgleich mit der Veröffentlichung des WBO beginnt in Berlin die AHK-Weltkonferenz 2025 – das größte Netzwerktreffen der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) aus 150 Standorten in 93 Ländern weltweit. Vom 13. bis zum 15. Mai diskutieren rund 900 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Politik über die globalen Herausforderungen, allen voran die Entwicklung in den USA und deren Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Im Zentrum stehen der internationale Dialog, die Suche nach tragfähigen Lösungen und neue Impulse für die Zusammenarbeit in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft.

 

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Machleid, Lola Marie
Lola Marie Machleid Referatsleiterin Internationale Konjunktur

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Porträtbild Julia Fellinger, Pressesprecherin
Julia Fellinger Pressesprecherin