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Schiedsgerichtsbarkeit

Schiedsverfahren sind für Unternehmen oft günstiger, risikoärmer und flexibler
Richterhammer und Waage der Gerichtigkeit auf Bürotisch. Im Hintergrund befinden sich Notizbücher.

Die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens kann sich als Alternative zum ordentlichen Rechtsweg anbieten

© Pattanaphong Khuankaew / iStock / Getty Images Plus

Streitigkeiten zwischen Geschäftspartnern sind immer ein Risiko – auch für größere Unternehmen. Weder der eventuell vom Gegner gewählte Gerichtsort noch Dauer und Kosten des Instanzenweges sind immer absehbar. Im Ausland potenzieren sich diese Risiken. Eine Alternative dazu ist die Schiedsgerichtsbarkeit. Im Rahmen dieser Verfahren werden die Bedarfe der Unternehmen besser berücksichtigt.

Zu den Unwägbarkeiten des ordentlichen Rechtswegs zählt, dass den Richtern ungeachtet ihres juristischen Sachverstandes oftmals die technische Expertise fehlt. Da staatliche Gerichtsverfahren öffentlich sind, gehen im schlimmsten Fall vor Gericht offengelegte Betriebsgeheimnisse an die Konkurrenz, während angebliche Produkt- und Sicherheitsmängel ihren Weg in die Presse finden.

Bei Auslandsgeschäften potenzieren sich häufig die Risiken. Die rechtlichen Kenntnisse deutscher Richter sind in der Regel auf nationale Sachverhalte beschränkt. Hinzu kommt, dass ein deutsches Gerichtsurteil im Ausland – wenn überhaupt – oft nur unter Schwierigkeiten vollstreckt werden kann. Vor Gerichtsverfahren im Ausland schrecken deutsche Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen zurück. Selbst in einem Rechtsstaat wie den USA lassen hohe Anwaltskosten, exorbitante Schadensersatzsummen und ungewohnte Ausforschungsbeweise einen Prozess als Risiko erscheinen.

In vielen Fällen empfiehlt sich deshalb die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens als Alternative zum ordentlichen Rechtsweg. Ein Schiedsverfahren ähnelt im Ablauf einem staatlichen Gerichtsverfahren. Die Parteien tauschen Schriftsätze, und es findet in der Regel auch eine mündliche Verhandlung mit der Möglichkeit einer Beweisaufnahme statt. Am Ende des Verfahrens steht ein verbindlicher Schiedsspruch, der für die Parteien die gleichen Wirkungen entfaltet wie ein Urteil.

In der Verfahrensgestaltung sind die Schiedsrichter flexibler und freier als die Richter eines staatlichen Gerichts. Die Parteien selbst haben auch einen stärkeren Einfluss auf das Verfahren. Sie werden an der Auswahl der Schiedsrichter beteiligt und können den Verhandlungsort und die Verfahrenssprache einvernehmlich regeln.

Das Wichtigste im Überblick:

Zu unterscheiden sind zwei Arten von Schiedsgerichten:

  • Die sogenannten institutionellen Schiedsgerichte sind mit einer Institution verbunden, häufig einer Industrie- und Handelskammer oder einem Unternehmensverband. Einen hohen Bekanntheitsgrad haben auch die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) und die German Maritime Arbitration Association (GMAA). Die Institutionen stellen eine Verfahrens- und meistens auch eine Kostenordnung bereit. Zudem unterstützen sie die Parteien bei der Einleitung und während des gesamten Schiedsverfahrens.
  • Dagegen findet ein "ad-hoc"-Schiedsverfahren ohne die Unterstützung einer Institution statt. Die Parteien mit ihren Anwälten und die Schiedsrichter führen das Verfahren in Eigenregie.

Für die Beteiligten eines Schiedsverfahrens gelten bei Vereinbarung deutschen Rechts die §§ 1025 – 1066 der Zivilprozessordnung. Viele dieser Regelungen können aber einvernehmlich abgewählt, abgeändert oder ergänzt werden. Dies kann entweder durch die Schiedsordnung der jeweiligen Institution geschehen, vor deren Schiedsgericht der Fall verhandelt wird, oder durch Vereinbarung der Parteien.

Schiedsgerichte arbeiten nach einem von den Parteien gebilligten Zeitplan. Sie entscheiden abschließend ohne Berufungs- oder Revisionsmöglichkeit. Nur bei schweren Formfehlern oder bei einem Verstoß gegen fundamentale Rechtssätze ("ordre public") können Schiedssprüche von staatlichen Gerichten aufgehoben werden.

Auch wenn Schiedsverfahren oft flexibler und schneller sind als Gerichtsverfahren, brauchen komplexe Fälle Zeit. Schließlich haben die Parteien stets Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht, sich anwaltlich vertreten zu lassen.

Meist wird strikte Vertraulichkeit vereinbart, sofern sie nicht schon in den Schiedsordnungen festgeschrieben ist. Anders als beim öffentlichen Gerichtsverfahren können vertrauliche oder rufschädigende Details, Geschäftsgeheimnisse sowie der Schiedsspruch selbst nicht nach außen dringen.

Dies sehen viele Unternehmen als wichtigsten Vorteil der aus kaufmännischer Tradition stammenden Schiedsgerichtsbarkeit. Die Vertraulichkeit erleichtert auch die Fortführung bestehender Geschäftsbeziehungen, zumal Schiedsverfahren ohnehin oft mit einer einvernehmlichen Einigung enden.

Während deutsche Gerichtsurteile außerhalb der EU und der Europäischen Freihandelsassoziation oft nicht vollstreckbar sind (beispielsweise in China und Russland), werden Schiedssprüche in den über 140 Unterzeichnerstaaten des "New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche" von 1958 durch lokale Gerichte für vollstreckbar erklärt.

Viele Schiedsinstitutionen haben Gebührenrechner für Verfahrens- und Schiedsrichterkosten auf ihren Internetseiten. Die Kosten sind unterschiedlich geregelt; grundsätzlich sind die deutschen Schiedsinstitutionen jedoch günstiger als andere internationale Schiedsgerichte.

Darüber hinaus müssen natürlich die Anwaltskosten berücksichtigt werden. Sie machen meist den überwiegenden Teil der Verfahrenskosten aus – es sei denn, es müssen aufwendige Gutachten erstellt werden.

Die Wahl von Schiedsinstitution, Schiedsrichtern und Schiedsort ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit und verdient deshalb größte Sorgfalt. Reputation der Institution, fachliche Spezialisierung und Kosten sind wichtige Kriterien.

Aus Kostengründen empfiehlt sich oft ein Einzelschiedsrichter – es sei denn, Streitwert oder Komplexität des Verfahrens sind besonders hoch. Dann sollte ein mehrköpfiges - in der Regel dreiköpfiges - Schiedsrichtergremium gewählt werden.

Wichtig ist, die Qualifikation der Schiedsrichter im Vorfeld genau festzulegen, um zu einem für die beteiligten Parteien akzeptablen und gerechten Schiedsspruch zu gelangen. So kann es etwa angezeigt sein, einen Schiedsrichter auszuwählen, der einer bestimmten Berufsgruppe angehört, in einer bestimmten Branche tätig ist oder speziell bei internationalen Problemkreisen die erforderlichen Sprach- und interkulturellen Kompetenzen mitbringt.

Die wichtigsten außergerichtlichen Alternativen zum Schiedsverfahren sind die Einholung eines Schiedsgutachtens oder die Durchführung eines Mediationsverfahrens:

  • Sofern die Parteien nur über die Feststellung tatsächlicher Sachverhalte streiten, bietet sich die Einholung eines Schiedsgutachtens an. Die Parteien erhalten so eine verbindliche Klärung der Streitfrage, die später auch vor Gerichten grundsätzlich nicht mehr angegriffen werden kann.
  • Bei der Mediation erarbeiten die Parteien – anders als beim Schiedsverfahren – selbstständig und eigenverantwortlich die Lösung ihres Konfliktes. Sie werden dabei von einem Mediator unterstützt, der als neutraler Dritter auftritt. Die Entscheidungsgewalt liegt dabei einzig bei den beteiligten Parteien. Im Gegensatz zum Schiedsrichter hat der Mediator also weder Zwangs- noch Entscheidungsgewalt.

Die Industrie- und Handelskammern (IHKs) und die Deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) bieten zahlreiche Beratungsmöglichkeiten und Hilfestellungen zum Thema Schiedsverfahren an.

Auf Wunsch helfen sie den Parteien, qualifizierte Anwälte und Schiedsrichter zu finden, oder sie empfehlen eine geeignete Schiedsinstitution. Teilweise führen IHKs und AHKs selbst Schiedsverfahren durch. Auch können die Kammern bei Bedarf geeignete Schiedsgutachter oder Mediatoren benennen.

Ein Schiedsgericht kann nur dann rechtswirksam tätig werden, wenn seine Zuständigkeit von den Parteien vereinbart wurde. Dies sollte schon bei Vertragsschluss geschehen, da im Streitfall die Einigung auf eine Schiedsinstitution oder auf ein "ad hoc"-Verfahren schwierig ist.

Die Parteien nehmen dazu entsprechende Schiedsklauseln in ihre Verträge auf. Solche Klauseln sind jedoch mit Mängeln behaftet – etwa, weil aus ihnen nicht hinreichend klar wird, welches Schiedsgericht zuständig sein soll.

Daher ist es dringend zu empfehlen, die Musterklauseln einer anerkannten Schiedsinstitution zu verwenden. Beispielhaft seien die folgenden genannt:

  • Musterklausel der IHK Frankfurt (www.frankfurt-main.ihk.de)
    "Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag .... (Bezeichnung des Vertrages) oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden. Das gerichtliche Mahnverfahren bleibt aber zulässig."
  • Musterklausel der Handelskammer Hamburg (www.hk24.de)
    "Alle Streitigkeiten, die sich in Zusammenhang mit diesem Vertrag (genaue Bezeichnung des Vertrages) oder über seine Gültigkeit ergeben, werden durch das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte endgültig entschieden. Auf den Inhalt des Rechtsstreits ist ... Recht anzuwenden."
  • Musterklausel der IHK für München und Oberbayern (www.muenchen.ihk.de)
    "Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag (genaue Bezeichnung des Vertrages) oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK München) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden."
  • Musterklausel der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (www.dis-arb.de)
    "Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden."
  • Musterklausel der German Maritime Arbitration Association (www.gmaa.de)
    "Alle sich aus oder in Zusammenhang mit diesem Vertrage oder über seine Gültigkeit ergebenden Streitigkeiten werden durch ein Schiedsgericht nach der Schiedsgerichtsordnung der German Maritime Arbitration Association entschieden."

Besonders bei Verträgen mit Auslandsbezug sollten die Klauseln um folgende Aspekte ergänzt werden:

  • Der Ort des Schiedsverfahrens ist …
  • Die Anzahl der Schiedsrichter beträgt …
  • Die Sprache des Schiedsverfahrens ist …
  • Das anwendbare materielle Recht ist ...

Sonstige Musterklauseln

Unabhängig von den oben genannten Klauseln bieten zahlreiche Institutionen Musterklauseln für spezielle Rechtsbereiche an. Zu nennen sind hier zu allererst die Deutschen Auslandshandelskammern, die an vielen Standorten weltweit Schiedsverfahren administrieren.

Speziell für Streitigkeiten in Gesellschafts-, Wohnungseigentums- oder Erbsachen wird hier beispielhaft aber auch auf die Musterklauseln des Schlichtungs- und Schiedsgerichtshofs Deutscher Notare (www.dnotv.de) verwiesen.

Kontakt

Porträtbild Dr. Christian Groß, Referatsleiter Zivilrecht | Justiziariat | Schiedsgerichtbarkeit | Wirtschaftsmediation
Dr. Christian Groß Referatsleiter Zivilrecht und Justiziariat sowie Schiedsgerichtsbarkeit und Wirtschaftsmediation | Syndikusrechtsanwalt