Bereits im ersten Halbjahr 2023 hatte das Bundeswirtschaftsministerium der Ampel-Regierung mit einer öffentlichen Konsultation dazu angesetzt, das unübersichtliche deutsche Vergaberecht zu reformieren. Aus gutem Grund: Angesichts des enormen bürokratischen Aufwandes verzichten gerade viele kleine und mittlere Unternehmen mittlerweile häufig darauf, sich auf öffentliche Ausschreibungen zu bewerben.
Nur wenig positive Ansätze
Die neue Bundesregierung hat nun einen neuen Anlauf zur Transformation des Vergaberechts genommen. Dass dabei die Vokabel "Vereinfachung" aus dem Gesetzestitel entfernt wurde, ist nach Auffassung der DIHK zumindest sachgerecht, denn: Die im Regierungsentwurf zum Vergabebeschleunigungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen (zum Beispiel mehr Eigenerklärungen) reichen nach ihrer Einschätzung bei Weitem nicht aus, um Unternehmen Gebote in öffentlichen Ausschreibungsverfahren zu erleichtern. Um die nach wie vor höchst komplexen Regeln zu entschlacken, bedarf es demnach "dringend weiterer Anstrengungen".
Dass der Entwurf vorsieht, die Wertgrenze für Direktaufträge auf 50.000 Euro zu erhöhen, bewertet die DIHK dagegen als unangemessen: Weite Teile der öffentlichen Beschaffung würden so dem Vergaberecht und damit auch dessen Zielen – Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlung und Korruptionsprävention – entzogen, heißt es in der DIHK-Stellungnahme vom 28. Juli 2025 (PDF, 167 KB) zum Referentenentwurf des Gesetzes.
Als "sehr positiv" wird dagegen hervorgehoben, dass die von der Ampel-Regierung noch zwingend vorgesehenen sozialen und umweltbezogenen Vergabekriterien zunächst entfallen sind. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen "Verordnungsermächtigung zur Regelung verpflichtender Anforderungen an die Beschaffung von klimafreundlichen Leistungen" relativiert diese Streichung allerdings wieder.
Und nicht zuletzt bedeutet es nach Einschätzung der DIHK eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung des Rechtsschutzes, dass der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vergabekammer abschaffen möchte. Dies werde zu einer spürbaren Verschlechterung der Qualität öffentlicher Ausschreibungen führen, warnt die DIHK in ihrer Stellungnahme.
Tariftreuegesetz baut zusätzliche Bürokratie auf
Noch kritischer sieht sie den Regierungsentwurf eines "Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes", dem zufolge öffentliche Aufträge des Bundes nur noch an Unternehmen gehen sollen, die für ihre mit dem konkreten Auftrag befassten Beschäftigten ein Tariftreue-Versprechen abgeben.
Das Vergaberecht werde immer komplexer, unübersichtlicher und bürokratischer, warnt die DIHK in ihrer Stellungnahme vom 3. September 2025 (PDF, 217 KB) zum Regierungsentwurf. Das "Tariftreuegesetz" stelle dabei "das Gegenteil von Vereinfachung" dar und führe zu einem erheblichen Bürokratieaufbau. Schon deshalb werde es gerade kleine und mittlere Unternehmen davon abhalten, sich an Ausschreibungen zu beteiligen – auch solche, die tarifgebunden seien oder übertariflich zahlten. Im Ergebnis handele es sich um ein "Beschaffungskostensteigerungsgesetz", so die Kritik der DIHK.