Der Stabilitätsrat konnte allerdings auch nicht beschließen, da keine aktuelle Fiskalprojektion vorgelegen hatte. Während der Stabilitätsrat auf die besonderen Umstände seit Herbst 2024 verweist, kritisiert der unabhängige Beirat dieses Vorgehen. Aus seiner Sicht gelingt es auch anderen Institutionen wie der EU- Kommission, dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung oder der Bundesbank, valide Projektionen vorzulegen. Sie seien zwar auch stärker als in der Vergangenheit mit Unsicherheit behaftet, aber durchaus geeignet, auf potenzielle Handlungsbedarfe hinzuweisen. Dies sei zentrale Aufgabe der Haushaltsüberwachung.
Auf der jetzigen Sitzung vereinbarte der Stabilitätsrat mit der Hansestadt Bremen ein Sanierungsprogramm, um eine Haushaltsnotlage des Landes abzuwehren. Der Haushalt des Saarlands wurde als auffällig eingestuft. Doch das wurde auf einen Sondereffekt zurückgeführt.
Beirat dringt auf Umsetzung der geänderten europäischen Vorgaben
Nachdem die europäischen Fiskalregeln im April 2024 reformiert worden waren, erwartete der Beirat, dass die nationalen Rechtsgrundlagen zügig an die geänderten europäischen Vorgaben angepasst werden. Bislang wurde der Gesetzgebungsprozess nicht angestoßen. Bei der Neuregelung wäre aus Sicht des Beirats wichtig, dass der Stabilitätsrat bezüglich der europäischen und nationalen Regelvorgaben und der Überwachung von deren Einhaltung ein hohes Maß an Transparenz sicherstellt und das Verhältnis von europäischen Fiskalregeln zu nationalen Schuldenregeln berücksichtigt.
Deutschland hat Termin zur Einreichung des mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plans verpasst
Am 15. Oktober 2024 lief die Frist zur Einreichung der nationalen mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Pläne (FSP) bei der Europäischen Kommission ab. Deutschland gehört zu den fünf Mitgliedstaaten, die bisher keinen Plan eingereicht haben. In Belgien, Bulgarien, Litauen und Österreich hatte die Regierungsbildung nach Wahlen die Vorlage der Kennziffern verzögert. Der FSP ist ein zentrales Element der Haushaltsüberwachung im Rahmen der reformierten europäischen Fiskalregeln. Der Stabilitätsrat verweist zur Rechtfertigung in diesem Zusammenhang auf die erwartete Neuwahl des Deutschen Bundestags im kommenden Jahr. Allerdings war die Frist für den FSP bereits verstrichen, bevor die Ampelkoalition beendet wurde. Der unabhängige Beirat verweist darauf, dass die europäische Haushaltsüberwachung für Deutschland nicht ausgesetzt sei, nur weil Neuwahlen anstünden und noch kein FSP vorliegt. Die Bundesregierung hat allerdings von der EU-Kommission das Signal erhalten, dass man sich dort bis nach der Wahl gedulde.
Haushaltsüberwachung 2025 – Vorschläge aus dem Beirat
Um auch ohne eigene Fiskalprojektion eine Haushaltsüberwachung 2025 sicherzustellen, empfiehlt der Unabhängige Beirat folgende Punkte:
- Der Referenzpfad, welchen die Europäische Kommission im Juni an Deutschland übermittelt hatte, sollte veröffentlicht werden. Er hat einen Informationswert unabhängig vom Vorliegen einer Fiskalprojektion.
- Der Stabilitätsrat sollte sich mit den jüngsten Feststellungen der Europäischen Kommission auseinandersetzen und hierzu Stellung nehmen.
- Deutschland sollte sich nicht „bis auf Weiteres“ aus dem Europäischen Semester und der nationalen Überwachung der europäischen Vorgaben verabschieden. Das Bundesfinanzministerium sollte für den Frühjahrstermin im Europäischen Semester (Ende April 2025) eine Status-Quo-Prognose erstellen. Diese finanzstatistische Steuerschätzung sollte veröffentlicht werden, um sie mit der nachfolgenden Aktualisierung durch den Arbeitskreis „Steuerschätzung“ abgleichen zu können. Anhand der aktualisierten Fiskalprojektion sollte der Stabilitätsrat begutachten, ob die Entwicklung der Nettoausgaben 2025 mit den Ratsempfehlungen vereinbar ist.