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Steuergutschriften am effektivsten bei der steuerlichen Forschungsförderung

Studie des FISC zur Wirksamkeit steuerlicher Anreize bei Forschung und Entwicklung
Steuerliche Forschungsförderung

© WLADIMIR BULGAR/SCIENCE PHOTO LIBRARY / Science Photo Library / Getty Images

Die im Auftrag des Unterausschusses für Steuerfragen (FISC) des Europäischen Parlaments vom ZEW (Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim) erstellte Studie „Tax Incentives and Investments in the EU“ (Mai 2025, PE 772.636) analysiert die Wirksamkeit steuerlicher Anreize zur Förderung privater Investitionen, insbesondere im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E). Sie bewertet auch deren Vereinbarkeit mit internationalen Steuerregelungen wie der globalen Mindestbesteuerung (Pillar Two, Säule II im Rahmen des OECD-BEPS-Projektes).

Ziel der Studie

Die Studie soll die Effektivität von Steueranreizen in der EU, insbesondere für F&E bewerten. Dabei erfolgte eine Analyse von Input-basierten (zum Beispiel Steuerabzüge, Steuergutschriften) und Output-basierten Anreizen (zum Beispiel IP-Box-Regime). Anhand dessen wurden Best Practices zur Gestaltung wirksamer und nachhaltiger Steueranreize im Einklang mit internationalen Vorgaben entwickelt. 

Zentrale Ergebnisse

Input-basierte F&E-Steueranreize sind am effektivsten zur Förderung zusätzlicher F&E-Investitionen. Eine 10 -prozentige Senkung der F&E-Kosten durch steuerliche Anreize kann langfristig zu einer 10 -prozentigen Erhöhung der F&E-Ausgaben führen. Besonders wirksam sei dies bei erstattungsfähigen Steuergutschriften für KMU und Start-ups, da diese oft keine ausreichende Steuerlast haben, um nicht erstattungsfähige Anreize zu nutzen. Best Practice wäre demnach eine volumenbasierte, erstattungsfähige Steuergutschrift mit einem breiten Anwendungsbereich.

Output-basierte Anreize (zum Beispiel IP-Boxen) wurden ursprünglich wegen möglicher Gewinnverlagerung und geringer Innovationswirkung kritisiert. Unter dem OECD Nexus-Ansatz könnten jedoch gut gestaltete IP-Boxen zur Bindung von IP, zur Kommerzialisierung und zur Stärkung nationaler Innovations-Ökosysteme beitragen. Hierbei besteht jedoch das Risiko einer Konzentration der Vorteile bei großen multinationalen Unternehmen (MNEs) und möglicher Qualitätsverluste bei Patenten.

Herausforderungen bei der Inanspruchnahme

Viele förderfähige Unternehmen nutzen die Anreize aktuell nicht, insbesondere KMU. Die Gründe hierfür sind Komplexität, fehlende Bekanntheit und administrative Hürden. Daher empfiehlt die Studie, die Programme zu vereinfachen und deren Kommunikation zu verbessern. 

Pillar Two und Steueranreize

Pillar Two, die globale Mindestbesteuerung von 15 Prozent für große Unternehmen, kann Steueranreize neutralisieren. Dabei sind Output-basierte Anreize (zum Beispiel IP-Boxen) besonders gefährdet, da sie die effektive Steuerlast direkt senken. Input-basierte Anreize sind hingegen robuster, insbesondere wenn sie als Qualified Refundable Tax Credits (QRTCs) oder Marketable Transferable Tax Credits (MTTCs) ausgestaltet sind.

Best Practices für F&E-Steueranreize

Die Studie identifiziert folgende Gestaltungsprinzipien als besonders wirksam:

  • Breite Zugänglichkeit: Keine Einschränkungen nach Unternehmensgröße oder Branche. So würden Wettbewerbsverzerrungen vermieden, die Fairness und Transparenz erhöht und die politische Einflussnahme reduziert. 
  • Gezielte Förderung: Fokus auf Aktivitäten mit positiven Spillover-Effekten. Die steuerlich begünstigten Ausgaben sollten möglichst viele F&E-relevante Kostenarten umfassen (Kosten für Löhne, Maschinen & Gebäude, Auftragsforschung, Overhead). Somit würden Fehlanreize vermieden, auch KMU unterstützt, die F&E auslagern müssen, und die Wirkung auf tatsächliche Innovationsaktivitäten erhöht. 
  • Liquiditätswirksamkeit: Direkte Erstattungen oder Anrechnung auf Lohnnebenkosten. Besonders wichtig ist dies für Start-ups und KMU, die oft keine Gewinne und damit keine Steuerlast haben. Dies erhöht zudem die Planbarkeit für die Unternehmen und ihre Investitionsbereitschaft. 
  • Einfachheit und Transparenz: Klare Regeln, digitale Antragsverfahren. Dazu gehört aber auch ein stabiler Förderrahmen, der sich nicht jährlich ändert. Damit soll die Inanspruchnahme (besonders bei KMU) erhöht, Verwaltungskosten und Missbrauchsrisiken reduziert sowie die langfristige F&E-Planung erleichtert werden. 
  • Verwaltungsfreundlichkeit: Geringe Bürokratie, gegebenenfalls Vorabgenehmigungen. Dies würde vor allem die Teilnahmequote kleinerer Unternehmen erhöhen. 

Vergleich EU-Mitgliedstaaten

Im Vergleich der EU-Mitgliedstaaten erfüllt kein Land alle Best-Practice-Kriterien vollständig:

Das Modell in den Niederlanden (WBSO) ist vorbildlich bei der Liquidität, da eine Anrechnung auf die Lohnsteuer erfolgt, berücksichtigt aber nicht ausgelagerter F&E (Auftragsforschung). In Deutschland hat die steuerliche FuE-Förderung einen breiten Anwendungsbereich, aber eine geringere Liquiditätswirkung, da nur eine Anrechnung auf die Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer erfolgt. Italien, Irland weisen eine gute Ausgestaltung auf, aber die Auszahlung der steuerlichen FuE-Förderung erfolgt dort sehr verzögert. Dagegen bieten die Modelle in Belgien und Frankreich schnelle Liquidität, aber nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich.

Fazit

Input-basierte, volumenbasierte, erstattungsfähige Steuergutschriften mit breitem Anwendungsbereich sind die effektivste und nachhaltigste Form von F&E-Steueranreizen – auch unter Pillar Two. Die Regierungen sollten bestehende Programme vereinfachen, vereinheitlichen und gezielt auf zusätzliche Innovationsaktivitäten ausrichten. Dabei ist eine internationale Koordination nötig, um Steuerwettbewerb und Verlagerungseffekte zu vermeiden beziehungsweise zu reduzieren.

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Jens Gewinnus Referatsleiter Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Einkommensteuer

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Malte Weisshaar Referatsleiter Steuern in der EU | EU-Haushalt | Energiesteuern