Im Mittelstand wird es immer schwerer, für das Unternehmen eine Nachfolgerin beziehungsweise einen Nachfolger zu finden. Besonders eng ist die Situation bei Hotels und Gastronomie.
Unternehmensnachfolge – Hotels und Restaurants unter hohem Druck
Mehr als fünfmal so viele Unternehmen wie NachfolgeinteressentenHoher Nachfolgedruck im Mittelstand
Die Unternehmensnachfolge wird zu einem immer größeren Problem im Mittelstand. Das vermelden die 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) anhand der Erfahrungen aus ihrem Service für Unternehmen und für potenzielle Nachfolger. Noch nie seit Ersterhebung dieser Zahlen im Jahr 2007 haben sich so viele Senior-UnternehmerInnen bei den IHKs zur Nachfolge erkundigt. Der Zuwachs um deutliche 22 Prozent zum Vorjahr auf 8.276 Beratungen im Jahr 2023 zeigt, wie präsent das Thema für die Unternehmen gerade im Mittelstand ist. Immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer erreichen das Ruhestandsalter. Zudem erschweren unsichere Geschäftsperspektiven infolge von Pandemie, Auswirkungen des Krieges Russlands in der Ukraine und auch einer schwankenden Wirtschaftspolitik die Suche nach geeigneten Nachfolgerinnen und Nachfolgern.
Situation bei Hotels und Gastronomie besonders eng
In sämtlichen Branchen haben Unternehmerinnen und Unternehmer Schwierigkeiten, eine passende Nachfolge zu finden. Insgesamt suchten dreimal mehr abgabewillige Unternehmen die IHKs auf als Nachfolgeinteressenten. Besonders hoch ist der Druck in der Hotellerie und der Gastronomie. In der IHK-Beratung befinden sich mehr als fünfmal so viele Hotel- und Gastronomie-Unternehmen, wie sich Nachfragende dafür finden würden.
In der personalintensiven Gastronomie und Hotellerie wirkt sich der allseits spürbare Mangel an Fach- und Arbeitskräften besonders stark aus. Vor allem in ländlichen Regionen finden zum Beispiel Landgasthöfe nur schwer Personal. Das erschwert die Suche nach neuen Eigentümerinnen und Eigentümern. Die IHKs berichten auch von hohem Investitions- und Modernisierungsbedarf, den Nachfolgende stemmen müssen.
Hinzu kommt vielfach eine "Kostenklemme": Hohe Kosten für Mieten, Energie, Waren und Personal (auch durch gestiegene Mindestlöhne) treffen auf inflationsbedingt schmalere Budgets der Gäste. Die Gewinnmargen reichen häufig nicht aus, um Investitionsstaus aufzulösen. Auch die Anpassung bestehender Konzepte an (neue) Zielgruppen (Stichwort: Nachhaltigkeit, Zero Waste, Mehrwegpflicht für die Gastronomie, Chatbots für die Online-Kundeninteraktion, Online-Lieferservice-Portale et cetera) ist ressourcenintensiv. Hinderlich ist den IHKs zufolge zudem, dass bei einer Nachfolge vielfach der Entschluss zum Kauf der Immobilie gefasst werden muss, was komplexe Bewertungen nach sich zieht.
Ein Hemmnis sind auch hohe Berichts- und Dokumentationspflichten: Allergenkennzeichnung, Brandschutz, bauliche Genehmigungen, Neukonzessionierung bei der Übernahme und mehr. In der Branche besteht zudem laut IHKs oft eine starke Bindung der Alt-Inhaberinnen und Alt-Inhaber an ihr Lebenswerk, sodass bisweilen unrealistisch hohe Kaufpreis-/Pachtforderungen die Übergabeverhandlungen zusätzlich hemmen.
Politik ist gefordert: Unternehmen jetzt entlasten und Rahmenbedingungen verbessern
Gefragt sind verlässliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen, mehr unternehmerische Freiheiten durch weniger Regulierung, wettbewerbsfähige Steuerbelastungen und weniger Bürokratie. Gerade auch im Gast- und Hotelgewerbe wirkt es sich stark aus, wenn zum Modernisierungsdruck noch bürokratische Auflagen kommen. Diese Gemengelage hemmt potenzielle Nachfolger, die die Investitionen letztendlich tätigen müssen.
Auch sollten die konkret mit den Unternehmensnachfolgenden verbundenen Verwaltungsprozesse verschlankt werden. Künftig sollten etwa die Beteiligten einen beabsichtigten Betriebsübergang nur noch bei einer einzigen staatlichen Stelle anzeigen müssen. Sie könnten dann auch eine (rechtsverbindliche) Auskunft über den Status quo und die bei der Umwandlung oder Übertragung zu erledigenden Formalitäten erhalten – und diese im besten Fall gleich bei dieser Stelle erledigen.
Fehlende Fachkräfte sind insbesondere im personalintensiven Hotel- und Gastgewerbe ein Hemmschuh. Daher ist es notwendig, sämtliche Hebel bei der Sicherung und Gewinnung von Fachkräften zu bewegen – das gilt für die Unternehmen und für die Politik.
Und nicht zuletzt hat es die Politik in der Hand, mehr und intensiver für Unternehmertum als Berufsoption zu werben und zu sensibilisieren.
Mehr erfahren Sie im DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2024.