Seit Oktober 2024 bringt das Projekt SCALE-MX frische Impulse aus der Forschung zu digitalen Daten-Ökosystemen in die Praxis. Das Ziel: Unternehmen entlang industrieller Wertschöpfungsketten für den sicheren Datenaustausch gewinnen – mit verständlichen Formaten, konkreten Anwendungsbeispielen, starken Netzwerken und auch mithilfe der IHK-Organisation.
Autor/in Thilo Kunze
Ein Hersteller entdeckt eine fehlerhafte Komponente in seiner Fahrzeugflotte. Ohne mühsame Rückrufe per E-Mail oder Telefon weiß das Unternehmen sofort, welche Fahrzeuge betroffen sind, welche Zulieferer involviert waren und welche Kunden nun informiert werden müssen. Möglich macht das ein digitaler Datenraum, in dem alle Beteiligten entlang der Lieferkette vernetzt sind – sicher, automatisiert und standardisiert. Genau hier setzt SCALE-MX an.
Die Transferinitiative SCALE-MX unterstützt Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Betriebe – beim Einstieg in die digitale Datenökonomie. "Scale" steht dabei für Skalierbarkeit – also die Fähigkeit, Lösungen effizient auf unterschiedliche Unternehmensgrößen und Partnerstrukturen zu übertragen. Als Teil des bundesweiten Förderprogramms Manufacturing-X bringt SCALE-MX die Vorteile digitaler Datenräume in die Breite und motiviert Unternehmen zur aktiven Teilnahme.
"Daten stehen zur Verfügung – doch um sie als Rohstoff nutzen zu können, müssen sie einheitlich, verständlich und anwendbar aufbereitet werden", erklärt Marc Hüske, Director Forum Manufacturing-X beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und Projektleiter von SCALE-MX.
Damit das gelingt, braucht es gemeinsame Standards. "Es geht um alle Daten entlang einer Lieferkette", sagt Angelina Marko, Geschäftsführerin der Plattform Digital Ecosystems & Smart Services beim Verband der Elektro- und Digitalindustrie e. V. (ZVEI) und Co-Leiterin des Projekts. "Für diese Dateninfrastruktur braucht es einen Konsens."
Denn: Wenn jedes Unternehmen eigene Lösungen entwickelt, entstünden Insellösungen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die mit vielen Partnern arbeiten, müssten sich dann auf unterschiedliche Systeme einstellen. "Durch einheitliche Standards haben wir schlanke, effiziente Prozesse und eine gemeinsame Infrastruktur", so Marko weiter.
Direkter Draht zur Wirtschaft
SCALE-MX versteht sich dabei als Brücke zwischen Entwicklung und Praxis. "Wir bereiten Erkenntnisse aus der Entwicklung so auf, dass sie für die Unternehmenswelt verständlich und nutzbar werden", erklärt Hüske. Der direkte Draht zur Wirtschaft werde dabei in Webinaren und Workshops gepflegt, ergänzt durch regionale Veranstaltungsformate, eine praxisnahe Infobroschüre sowie weitere Angebote, die auf der Website scale-mx.org bereitstehen.
Wie konkret die Vorteile aussehen, zeigen verschiedene Anwendungsfälle: Ein Unternehmen verändert die Spezifikation eines Produkts – über den Datenraum wird die Änderung automatisiert an alle angeschlossenen Kunden und Geschäftspartner kommuniziert. Bei sinkendem Lagerbestand kann automatisch Nachschub geordert werden. Und auch im Qualitäts- oder Energiemanagement zeigen sich Vorteile – etwa bei der normgerechten Erfassung von Emissionsdaten oder der Dokumentation für Audits.
"Jeder Unternehmer muss sich mit der Digitalisierung seiner Daten auseinandersetzen", betont Marko. "Mit seinen Kunden und Lieferanten arbeitet er zusammen in einem Wertschöpfungssystem." Ineffiziente Schnittstellen hätten dabei erhebliche Nachteile auf seine Wettbewerbsfähigkeit.
Ein zentraler Erfolgsfaktor des Datenökosystems ist die Dezentralität: Produzenten, Händler und Software-Anbieter können sich beteiligen – und gemeinsam ein Daten-Ökosystem schaffen. "In Deutschland sind wir beim Aufbau solcher Strukturen schon weit – aber noch nicht bei der gemeinsamen Nutzung", sagt Marko. "Sicheres und standardisiertes Datenteilen muss zur gängigen Praxis werden."
Die DIHK Service GmbH ist einer von insgesamt sechs Projektträgern im SCALE-MX-Konsortium. Sie begleitet das Projekt, stellt die Anbindung an die Industrie- und Handelskammern sicher und kümmert sich dabei zugleich um die Kommunikation rund um Veranstaltungsformate – von Webinaren über Workshops bis hin zu regionalen Events. So trägt sie maßgeblich dazu bei, Erkenntnisse aus dem Projekt praxisnah in die Unternehmenswelt zu übertragen.
"Wenn Daten als Werkzeug für gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit verstanden werden, hilft das der gesamten Lieferkette", sagt Projektentwicklerin Janine Hansen. "Nur mit einem gemeinsamen Verständnis und einer gemeinsamen Infrastruktur können Daten von Unternehmen effektiv genutzt werden."
Landkarte für die digitale Transformation
SCALE-MX richtet sich an Unternehmen aus Branchen wie Automotive, Maschinen- und Anlagenbau, Chemie, Bau, Logistik, Gesundheit, Verteidigung, Elektro sowie Luft- und Raumfahrt. Die Zielgruppe in den einzelnen Unternehmen ist vielfältig: von Geschäftsführern über Produktionsleitern bis hin zu IT-Verantwortlichen.
Die Projektlaufzeit reicht vom 1. Oktober 2024 bis zum 30. September 2026. Ein Jahr nach dem Start zeigt sich Angelina Marko optimistisch. "SCALE-MX trifft einen Nerv. Ziel ist es nun, die Initiative langfristig zu verstetigen – auch über die Förderperiode hinaus."
Die digitale Transformation ist somit kein Sprint, sondern ein Marathon. Und SCALE-MX liefert dafür eine Landkarte.
Kontakt
Janine HansenLeiterin Unternehmens- und Projektentwicklung DIHK Service GmbH