Pfadnavigation

DIHK-Impulspapier Wasserstoff

H2-Moleküle mit Netzgitter

Netze rasch ausbauen: (Nicht nur) bei der Wasserstoff-Infrastruktur besteht noch Handlungsbedarf

© Andriy Onufriyenko / Moment / Getty Images

Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise und mit Blick auf die politisch angestrebte Klimaneutralität bis 2045 sind Wasserstoff und seine Derivate ein wichtiger Teil der Lösung, wenn sie in genügender Menge und zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert beziehungsweise importiert werden können. Denn Wasserstoff hat den großen Vorteil, über größere Distanzen transportiert und über längere Zeiträume gespeichert werden zu können. Vor allem aufgrund dieser Eigenschaften bietet er sich als Ergänzung zu den erneuerbaren Energiequellen an. Dazu ist er auch geeignet, Gas in Hochtemperaturprozessen zu ersetzen.

Insbesondere in den energieintensiven Branchen, die heute viel Gas oder Kohle einsetzen, besteht ein großes Interesse am Einsatz von Wasserstoff für eine klimaneutrale Produktion. So deckte Erdgas im Jahre 2021 knapp 34 Prozent des Endenergieverbrauches in den Sektoren Industrie und Gewerbe/Handel/Dienstleistung ab und war somit der wichtigste Energieträger für die Prozesswärme. Daneben wird Wasserstoff auch in der Stromerzeugung und im Transport eine wichtige Rolle spielen und gegebenenfalls auch im Bereich der Raumwärme zum Einsatz kommen. 

Damit der Wasserstoffhochlauf in Deutschland mit dem nötigen Tempo voranschreiten kann, sind aber die richtigen Rahmenbedingungen notwendig. Im Kern geht es aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft dabei um folgende Punkte:

Die deutsche Wirtschaft ist und bleibt auf den Import von grünem Wasserstoff angewiesen, da die Potenziale erneuerbarer Energien in Deutschland nicht ausreichen, um den Bedarf an grüner Energie vollständig zu decken. Daher sollten Partnerschaften mit Ländern eingegangen werden, in denen die Wasserstoffproduktion günstiger und zuverlässiger möglich ist als in Deutschland. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Diversifizierung der Energieversorgungsquellen gewidmet werden, um die Abhängigkeit zu einer einzigen Region oder zu einem einzigen Land zu vermeiden. 

Bei der Diversifizierung der Lieferländer sollten auch die Kosten für die für den Transport, die notwendige Infrastruktur und ihre Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigt werden. Während der Import über Pipelines aktuell mit circa 15 Cent pro Kilogramm und 1.000 Kilometer beziffert wird, belaufen sich derzeit die Kosten für die Einfuhr per Schiff auf 22 Cent pro Kilogramm und 1.000 Kilometer.

Das vorhandene Erdgasnetz muss schnellstmöglich so ausgebaut werden, dass Wasserstoff und Gas parallel oder gemeinsam transportiert werden können. Zusätzlich zur bereits begonnenen Einrichtung von "H2-ready"-Terminals und Pipelines wird es in einer Übergangsphase nötig sein, Investitionsförderinstrumente für den Aufbau von Elektrolyseuren mit hohen Kapazitäten, Wasserstoff-Tankern und Speichern anzubieten.

Denn die Transportinfrastruktur reicht in Deutschland aktuell nicht aus, um Wasserstoff flächendeckend zu den Unternehmen zu bringen. Diese Lücke kann nur mit beachtlichen Investitionen der Energieversorger geschlossen werden. Hierzu außerdem notwendig ist auch eine deutliche Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren nach dem BauGB, BImSchG und BImSchV und weiterer Fachgesetze. 

Beim Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur sollten energieintensive Unternehmen in ganz Deutschland und auch mittelständische Unternehmen berücksichtigt werden, um regionale Nachteile zu vermeiden. Zusätzlich zum physischen Bezug von Wasserstoff sollte auch ein bilanzieller Bezug möglich sein, um den Unternehmen den Weg in die Klimaneutralität zu ermöglichen und den Wasserstoffhochlauf zu beschleunigen. Wenn es auf europäischer Ebene keine Mehrheit für ein entsprechendes Herkunftsnachweissystem wie für Grünstrom gibt, muss der Aufbau eines flächendeckenden Wasserstoffnetzes noch schneller erfolgen, damit die Unternehmen ihre betrieblichen  Klimaschutzziele durch nationale Herkunftsnachweise erreichen können.

Zentrale Voraussetzung für eine breite Nutzung von Wasserstoff als Energiequelle ist, dass Wasserstoff preislich mit fossilen Alternativen konkurrieren kann. Hierfür muss ein kosteneffizienter und nachfrageorientierter Markthochlauf gestaltet werden, dessen zentrale Triebfedern die CO2-Bepreisung sowie eine technologieneutrale Definition von CO2-neutral erzeugtem Wasserstoff sind. Der schnelle Markthochlauf kann nicht nur mithilfe von grünem Wasserstoff gelingen. Restriktive Vorgaben für klimaneutralen Wasserstoff bergen daher die Gefahr, dass der Markthochlauf gebremst wird. 

Derzeit werden Investitionen von Unternehmen durch die mangelnde Rechtsklarheit in diesem Bereich behindert. Insbesondere fehlt auf europäischer Ebene eine Definition von CO2-armem Wasserstoff. Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen strengen Kriterien für grünen Wasserstoff wären kontraproduktiv, da sie den Markthochlauf verlangsamen. Bislang verschiebt die bereits seit Mitte 2022 andauernde Diskussion über die Definition dieser Kriterien viele Investitionen in Wasserstoffprojekte. Besonders im Hinblick auf die pragmatischeren amerikanischen Fördermaßnahmen im Rahmen des "Inflation Reduction Act" würde ihre Umsetzung den Wirtschaftsstandort Europa im internationalen Wettbewerb deutlich benachteiligen.   

Um den Wasserstoff-Einsatz in der Industrie unter anderem durch neue Produktionsverfahren bereits bis zum Jahr 2030 deutlich voranzubringen, kann staatliche Unterstützung zum Beispiel in Form von Klimaschutzverträgen, ein ergänzendes Instrument sein. Dabei ist zentral, dass diese vielen Branchen und allen Unternehmensgrößen offenstehen und die Wirkung bestehender Klimaschutzinstrumente wie der CO2-Bepreisung nicht abschwächen. Es sollte auch klar sein, dass es sich hierbei um eine befristete Förderung handelt. Die DIHK äußerte sich dazu im Dezember 2022 in einer Stellungnahme (PDF, 136 KB).

Darüber hinaus sind die auf europäischer Ebene verfügbaren Förderprogramme für den Aufbau der Infrastruktur für die Unternehmen kaum zugänglich. Die für die "Important Projects of Common European Interest" (IPCEI) vorgesehenen strengen Kriterien und der damit verbundene hohe bürokratische Aufwand begrenzen die Beteiligung der deutschen Wirtschaft an den europäischen Vorhaben dabei zu stark. Daher unterstützt die DIHK den angekündigten Green Deal Industrial Plan, der die Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft anpassen soll.

Ideen für einen schnellen Markthochlauf hat die DIHK im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie bereits Mitte 2020 in einem Positionspapier formuliert:
Ein Markt für Wasserstoff – Leitlinien des DIHK

Icon DIHK Impuls

© DIHK

Kontakt

Louise Maizières
Louise Maizières Referatsleiterin für Wasserstoff, Wärme und alternative Antriebe

Kontakt

Porträtfoto Christian Gollnick
Christian Gollnick Referatsleiter Innovationspolitik

Nationale Wasserstoffstrategie

Die IHK-Organisation unterstützt die von der Bundesregierung geplante Präzisierung der Ziele innerhalb der nationalen Wasserstoffstrategie. Und den Markthochlauf weiter voranzutreiben, sei eine deutliche Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren erforderlich, heißt es in der DIHK-Stellungnahme zum Thema. Nicht nur bei der Import-Infrastruktur, sondern auch beim Ausbau erneuerbarer Energien sei mehr Tempo nötig. Positiv ist aus DIHK-Sicht die grundsätzliche Berücksichtigung des Mittelstands beim Zugang zu Wasserstoff. Hier gibt es Details: