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EU definiert Regeln für die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff

Planungssicherheit und längere Übergangsfristen für Unternehmen
Windräder und Solaranlage

Damit mehr erneuerbarer Wasserstoff in Europa erzeugt werden kann, muss klar definiert sein, was in der EU als erneuerbarer Wasserstoff gilt

© Andriy Onufriyenko / Moment / Getty Images

Wann genau ist Wasserstoff nicht mehr "grau", "blau" oder "türkis", sondern "grün"? Die von der EU-Kommission definierten Produktionskriterien für erneuerbaren Wasserstoff beziehungsweise erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs (RFNBOs) bringen Klarheit in die Farbenlehre.

Im Februar formulierte die Europäische Kommission durch einen delegierten Rechtsakt die Kriterien für grünen Wasserstoff; im Juni wurden sie formal angenommen. Ebenfalls im Juni ist dann auch der finale Text der deligierten Verordnung im Europäischen Amtsblatt erschienen, sodass die neuen Regeln seit Juli in Kraft sind.

Viel Wasser- oder Atomkraft erforderlich

Demnach gelten die Kriterien als erreicht, wenn der durchschnittliche Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor in der jeweiligen Gebotszonen über 90 Prozent liegt. Der Wasserstoff ist zudem als "grün" definiert, wenn die Emissionsintensität bei der Stromproduktion in einer Gebotszone unter 18 Gramm CO2-Äquivalent pro Megajoule liegt.

Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Wert bei dem Fünffachen. Von den Gebotszonenkriterien profitieren daher nur Staaten mit einem hohen Anteil an Wasserkraft und Atomenergie wie beispielsweise Schweden und Frankreich. In diesen Ländern können somit wetterunabhängige und stabile Produktionsbedingungen für grünen Wasserstoff geschaffen werden.

Alternativ müssen drei Voraussetzungen gelten

Die Wasserstoffproduktion in Deutschland ist damit jedoch nicht unmöglich. Der produzierte Wasserstoff wird auch als erneuerbar betrachtet, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Additionalitätskriterium: Ab dem 1. Januar 2028 müssen zusätzliche Wind- und Solaranlagen für die Wasserstoffproduktion errichtet werden, beziehungsweise dürfen nicht älter als 36 Monate sein, bevor sie im Rahmen eines Power Purchase Agreements (PPA) oder per Direktleitung genutzt werden dürfen. Außerdem darf die Anlage werde eine operative noch eine Investitionshilfe erhalten. Eine Übergangsregelung gilt für Erneuerbare-Energien-Anlagen, die vor Ende 2027 gebaut werden: Sie sind weitere zehn Jahre von dieser Regelung ausgenommen.
     
  2. Zeitkriterium: Ab 2030 darf Wasserstoff nur noch in der gleichen Stunde produziert werden, in der auch die zugehörige PPA-Anlage Strom erzeugt. Bis dahin darf Wasserstoff auch zu Zeiten produziert werden, in denen gerade kein Strom aus der Erneuerbare-Energien-Anlage zur Verfügung steht. Bedingung hierfür ist, dass Stromdefizite innerhalb des Monats bilanziell ausgeglichen werden.
     
  3. Geografisches Kriterium: Die Wasserstoff-Produktionsanlage muss außerdem in derselben Gebotszone liegen wie die Stromerzeugungsanlage. Ausgenommen sind verbundene Gebotszonen, in denen der Strompreis höher oder gleich hoch ist wie in der Gebotszone, in der die Wasserstoffproduktion stattfindet. Ausnahmen gibt es für Offshore-Anlagen.

Unternehmen haben lange auf einheitliche Regeln für die grüne Wasserstoffproduktion gewartet. Der delegierte Rechtsakt sorgt bei Wasserstoffproduzenten nun für Planungssicherheit und bietet zudem längere Übergangsfristen als in vorherigen Entwürfen. Dies ist wichtig, da Vorlaufzeiten für große Elektrolyseur-Projekte und die dazugehörige Infrastruktur in der Regel lange Zeiträume in Anspruch nehmen.

Droht ein Flickenteppich?

Allerdings gibt es auch einige Punkte, die zu einem europäischen Flickenteppich bei den Wasserstoffkriterien führen könnten. Beispielsweise haben die Mitgliedstaaten die Option, die Stundenregelung schon vor dem Jahr 2027 einführen. Auch ist es ihnen möglich, das geografische Kriterium um weitere Kriterien für den Standort der PPA-Anlage und der Wasserstoffproduktion zu ergänzen.
Um den Wasserstoffhochlauf voranzubringen, sollte nach Auffassung der DIHK von zusätzlichen Anforderungen abgesehen werden. Auch wäre es wichtig, Nachweispflichten wie etwa die Stundenregel möglichst unbürokratisch und einfach handhabbar auszugestalten.

Die DIHK hatte sich bereits Mitte 2022 zu den Kriterien für die Erzeugung von grünem Wasserstoff im Verkehrssektor positioniert:

DIHK-Stellungnahme zu erneuerbarem Wasserstoff (PDF, 130 KB)

Kontakt

Porträtfoto Josephine Möslein
Josephine Möslein Referatsleiterin Europäische Energie- und Klimapolitik