Die hohen Preise bei Energie und Rohstoffen setzen auch die Gesundheitswirtschaft massiv unter Druck. Das geht aus dem aktuellen DIHK-Gesundheitsreport hervor, der auf 700 Unternehmensantworten basiert.
Branchenreport: Stimmung in der Gesundheitswirtschaft schlecht wie nie
Betriebe drosseln wegen hoher Energie- und Rohstoffpreise teils die ProduktionDer Umfrage zufolge schätzt nur noch jeder vierte Betrieb der Branche seine Geschäftslage als "gut" ein (25 Prozent). Im Frühsommer waren es noch fast ein Drittel (32 Prozent). Zugleich ist die Zahl der Unternehmen, die ihre Lage als "schlecht" bezeichnen, von 17 Prozent auf 24 Prozent angewachsen. Damit schätzen die Unternehmen der Gesundheitswirtschaft ihre Lage zum zweiten Mal in Folge schlechter ein als in die Gesamtwirtschaft.
"Die versprochenen Entlastungen und nötigen Rettungsmaßnahmen lassen auf sich warten. Viele Unternehmen wissen im Augenblick nicht, wie sie sich in der Krise über Wasser halten können", sagt Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DIHK. "Einige fahren deshalb schon ihre Produktion herunter oder reduzieren ihre Angebote."
Auch für die kommenden zwölf Monate sehen die Unternehmen keine Besserung – im Gegenteil. Die Gesundheitswirtschaft blickt so pessimistisch in die Zukunft wie noch nie. So schätzen 43 Prozent der Betriebe in der Gesundheitswirtschaft ihre Geschäftserwartungen für das nächste Jahr als "schlechter" ein – nur noch 10 Prozent als "besser".
Eintrübung sogar in der Pharmasparte
In allen Gesundheitsbranchen werden neue Allzeittiefs erreicht. Besonders in der pharmazeutischen Industrie sind die Erwartungen gegenüber dem Frühsommer stark eingebrochen. Nur noch 12 Prozent haben positive Aussichten, während 45 Prozent mit negativen Entwicklungen rechnen. "Selbst in der Pharmabranche – lange Jahre Zugpferd der Gesundheitswirtschaft – sehen wir eine Eintrübung der Stimmung. Anders als in vorherigen Umfragen stellen wir fest, dass mittlerweile jede Sparte der Gesundheitswirtschaft stark von der Krise betroffen ist", berichtet Achim Dercks.
In der Medizintechnik erwarten 47 Prozent schlechtere und nur 11 Prozent positive Entwicklungen. Bei den Gesundheits- und sozialen Diensten stehen den 43 Prozent negativen Erwartungen lediglich 7 Prozent positive gegenüber. Im Handel mit Gesundheitsgütern rechnet jedes zweite Unternehmen mit einer Verschlechterung der Geschäfte und nur 10 Prozent mit einer Verbesserung.
Druck von zwei Seiten
Damit sind die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate in allen Branchen düsterer als während der Corona- oder der Finanzkrise 2008/2009. "In der Medizintechnik wirken die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise zusätzlich belastend, denn schon ohne diese stehen die Unternehmen derzeit angesichts der Umsetzung der EU-Verordnung über Medizinprodukte, der MDR, vor großen Herausforderungen. Die Branche erlebt somit gerade Druck von zwei Seiten", so Dercks.
Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine einschließlich der daraus resultierenden Preisanstiege für Energie und Rohstoffe nennen 79 Prozent der Betriebe als Risiko für ihre Geschäfte – gegenüber zuletzt 72 Prozent. Besonders die energie- und rohstoffintensiven Unternehmen aus den Branchen der Medizintechnik (95 nach zuletzt 87 Prozent) und der pharmazeutischen Industrie (93 nach zuletzt 95 Prozent) sind von den Preisexplosionen betroffen.
Vor allem in den dienstleistungsorientierten Gesundheits- und sozialen Diensten wie Krankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren ist die Risikoeinschätzung gegenüber der Vorumfrage nochmals deutlich angestiegen (76 nach zuletzt 62 Prozent). Die Betriebe sind insbesondere von höheren Preisen für Strom – zum Beispiel für energieintensive Leistungen im Bereich der Radiologie –, Kraftstoff und Verbrauchsgüter betroffen.
Zudem kämpfen die Unternehmen weiterhin mit unterbrochenen Lieferketten und Ressourcenknappheit, die die Preise weiter in die Höhe treiben. 16 Prozent der Unternehmen in der Medizintechnik reagieren auf die Entwicklung mit der Reduzierung ihrer Produktion oder ihrer Angebote. In der pharmazeutischen Industrie sind es sogar 18 Prozent der Unternehmen.
66 Prozent der befragten Betriebe nennen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko. Damit bleibt er weiterhin ein hoher Risikofaktor und ist nach wie vor deutlich stärker ausgeprägt als in der Gesamtwirtschaft. Am stärksten sind die Unternehmen in den Gesundheits- und sozialen Diensten vom Personalmangel betroffen (80 Prozent). Zusätzlich steigende Entgelte durch Inflationsausgleich lassen außerdem das Risiko der Arbeitskosten virulenter werden. So hat das Risiko Arbeitskosten branchenübergreifend mit 59 Prozent (gegenüber 49 Prozent in der Vorumfrage) einen neuen Höchstwert erreicht.
Zurückhaltung bei Investitionen und Personal
Die düsteren Geschäftserwartungen, verbunden mit steigenden Risiken, machen sich auch bei der Investitionsplanung der Betriebe bemerkbar. So wollen nur noch 30 Prozent (in der Vorumfrage noch 37 Prozent) mehr investieren. Hingegen planen 32 Prozent der Unternehmen mit weniger Investitionen, im Frühsommer waren es nur 20 Prozent. Besonders die Betriebe der Medizintechnik fahren ihre Investitionen stark zurück.
Zudem schieben immer mehr Betriebe den Personalaufbau in die Warteschleife. "Durch eine Reduzierung der Beschäftigung versucht knapp jedes fünfte Unternehmen, in der aktuellen Abwärtsbewegung gegenzusteuern. Viele Betriebe versuchen nun, mit weniger Mitarbeitern klarzukommen", sagt Achim Dercks.
Sie finden die kompletten Umfrageergebnisse hier zum Download: