Die Mitte 2023 in Kraft getretene "EU Deforestation Regulation" (EUDR) soll die Einfuhr von und den Handel mit Produkten verhindern, die in Verbindung zu Entwaldung oder Waldschädigung stehen. Im Einzelnen handelt es sich um Soja, Palmöl, Holz, Kautschuk, Rindfleisch, Kakao, Kaffee und daraus hergestellte Erzeugnisse, also etwa Leder, Schokolade, Zeitungen oder Möbel.
Entwaldungsfreie und legale Herkunft muss dokumentiert sein
Die Entwaldungsverordnung verlangt von Unternehmen den Nachweis, dass diese Produkte nicht auf Flächen produziert wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden, dass die Herstellung nach den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erfolgt ist und dass für sie eine Sorgfaltserklärung vorliegt.
Unternehmen unterliegen den Vorschriften der EUDR, wenn sie bestimmte Rohstoffe (Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja oder Holz) oder daraus hergestellte Erzeugnisse gemäß Anhang I der Verordnung in der EU in Verkehr bringen, bereitstellen oder aus der EU ausführen.
Um die eigenen Pflichten zu bestimmen, müssen Unternehmen zunächst ihre Rolle in der Lieferkette prüfen. Die EUDR unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen "Marktteilnehmern" und "Händlern".
Der Umfang der Verpflichtungen hängt zudem von der Unternehmensgröße ab.
Für die Erstellung der Sorgfaltserklärung müssen die Marktteilnehmer, beispielsweise Importeure, sowie große Händler, die per Definition kein kleines und mittleres Unternehmen (KMU) sind (Nicht-KMU-Händler) ein Sorgfaltspflichtensystem etablieren. Die Kontrolle darüber liegt bei der zuständigen Behörde – in Deutschland ist dies die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Konkret müssen diese Unternehmen dann Informationen, Unterlagen und Daten über die Herkunft ihrer Produkte sammeln – unter anderem in einem recht komplexen Verfahren Angaben zur Geolokalisierung ermitteln. Je nachdem, ob die EU das Erzeugerland in einem aktuellen Benchmarking als hoch, normal oder niedrig einstuft, ist dann eine mehr oder weniger umfangreiche Risikobewertungen vorzunehmen. Gegebenenfalls muss der Betrieb Maßnahmen zu Risikominderung treffen – beispielsweise Satellitenüberwachungsinstrumente einsetzen, Vor-Ort-Prüfungen durchführen oder Kapazitäten beim Lieferanten aufbauen.
Besteht aus Sicht des Unternehmens kein nennenswertes Risiko mehr, gibt es seine Sorgfaltserklärung digital im EU-Informationssystem ab. Es erhält dann eine Referenznummer, ohne die das jeweilige Produkt nicht in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder exportiert werden darf.
KMU-Händler müssen keine eigene Sorgfaltserklärung erstellen, allerdings bestimmte Informationen – etwa zu Handelsmarke, Adresse des Lieferanten und gegebenenfalls des gewerblichen Abnehmers sowie die Referenznummer – sammeln und fünf Jahre aufbewahren.
Die detaillierten Prozesse beschreibt das BLE auf seiner Website.
Ursprünglich sollte die EUDR ab Ende 2024 gelten, doch die technischen und praktischen Voraussetzungen für eine rechtssichere Anwendung waren noch nicht gegeben. Nach Protesten aus der Wirtschaft, nicht zuletzt seitens der DIHK, verschob die EU-Kommission den Geltungsbeginn um zwölf Monate.
Nach heutigem Stand soll die Verordnung also ab dem 30. Dezember 2025 angewandt werden.
Viele Probleme noch ungelöst
Gleichzeitig werden die Umsetzung und mögliche Anpassungen der EUDR inner- und außerhalb der Europäischen Union noch kontrovers diskutiert. Und das nicht ohne Grund: Denn die EU hat zwar mittlerweile unter anderem das Datenhandling im EU-Informationssystem verbessert, doch viele der Umsetzungsprobleme sind nach wie vor nicht befriedigend gelöst. So sind beispielsweise die Geolokalisierungsdaten schwer zu ermitteln. Manche Herkunftsländer wie China verweigern die Herausgabe der erforderlichen Daten unter Verweis auf den Schutz kritischer Infrastrukturen oder aus anderen Gründen.
Auch die gemeinsame Handelserklärung zwischen der EU und den USA vom 21. August zeigt, dass die Diskussionen zur EUDR noch nicht abgeschlossen sind: Darin wurde vereinbart, auf die Anliegen US-amerikanischer Produzenten und Exporteure im Zusammenhang mit der EU-Entwaldungsverordnung einzugehen – mit dem Ziel, unverhältnismäßige Auswirkungen auf den EU‑US-Handel zu vermeiden.
Und: Zwar können die Unternehmen für die Umsetzung inzwischen auf verschiedene (oft teure) privat angebotene Software-Lösungen zurückgreifen, dennoch bedeutet die EUDR für alle Betriebe erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Das gilt für große Handelsunternehmen, die Zehntausende von Referenznummern verwalten müssen, wie auch für kleine Betriebe, die für diese Zusatzaufgaben in der Regel keine Ressourcen haben. Das von der EU-Kommission postulierte Ziel des Bürokratieabbaus und der Vermeidung doppelter Berichtspflichten ist in der aktuellen Fassung der EUDR jedenfalls nicht abgebildet.
DIHK-Vorschläge für mehr Praxisnähe
Die Wirtschaft steht hinter den von der EU-Kommission angestrebten Zielen, befürchtet von der derzeitigen Ausgestaltung der Verordnung jedoch empfindliche Folgen für ihre Wettbewerbsfähigkeit und den internationalen Warenaustausch.
Die DIHK unterbreitet deshalb konkrete Vorschläge, wie sich die Verordnung wirtschaftskompatibel gestalten ließe:
Die Forderungen der DIHK im Überblick:
- Geltungsbeginn verschieben, bis rechtssicheres Handeln möglich ist
- Null-Risiko-Kategorie für Länder ohne nennenswertes Entwaldungsrisiko – insbesondere die EU-Mitgliedstaaten – einführen und diese von der EUDR ausnehmen
- Once-Only-Prinzip anwenden: Hat etwa der Importeur eines Produktes dessen legale, entwaldungsfreie Erzeugung nachgewiesen, sollte dies auch für alle weiteren Verarbeitungs- und Handelsstufen gelten
- Testjahr einführen, in dem die Unternehmen ohne Sanktionen Erfahrungen sammeln können
- Alternativen zur Geolokalisierungspflicht zulassen, bis sich praxistaugliche Verfahren etabliert haben
- De-minimis-Schwellen für geringe Mengen einführen, um unverhältnismäßigen Aufwand zu vermeiden
- Darüber hinaus sollte eine frühzeitige und kontinuierliche Folgenabschätzung etabliert werden, um unbeabsichtigte Auswirkungen rechtzeitig zu identifizieren und mit geeigneten Maßnahmen entgegenzuwirken
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Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), die die EUDR in Deutschland umsetzt, beantwortet Fragen unter anfragen@entwaldungsfreie-produkte.de und hat auf ihrer Website alle Informationen rund um die Verordnung zusammengestellt: Wer ist betroffen? Wie funktioniert das EU-Informationssystem? Was ist bei der Zollanmeldung zu beachten? Schaubilder, Erklärvideos, FAQs, Veranstaltungshinweise, Rechtsgrundlagen und vieles mehr finden Sie unter www.ble.de. |
Das EU-Informationssystem ist erreichbar unter green-forum.ec.europa.eu. Neben dem eigentlichen Zugang zum System sind dort auch eine Trainingsplattform, Videos, Tutorials und mehr angebunden. |
Das Beratungsangebot des Helpdesks für Wirtschaft und Menschenrechte können Sie via Telefon (+49 30 2130 8430-0) oder per E-Mail (kontakt@helpdeskwimr.de) in Anspruch nehmen. |