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Wirtschaftsrelevante Initiativen im Arbeitsprogramm 2026

Top-Prioritäten: Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität
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EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen betonte bei ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament die Bedeutung der Unabhängigkeit für Europa

© European Union, 2025

Die Europäische Kommission hat am 21. Oktober in Straßburg ihr neues Arbeitsprogramm für das Jahr 2026 vorgestellt. Unter dem Motto "Europas Unabhängigkeitsmoment" skizziert die EU-Kommission zentrale Gesetzesvorhaben, ausstehende Initiativen und geplante Überarbeitungen in sämtlichen Bereichen von Energie über Gesundheit bis hin zur Verteidigung.

Ziel des Programms ist es, die EU-Wettbewerbsfähigkeitsagenda von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiter voranzutreiben und somit wirtschaftliche Entlastungen in der EU zu bieten, Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit zu fördern und den Binnenmarkt weiter zu vertiefen. Das Arbeitsprogramm enthält insgesamt 51 neue politische Initiativen zu den übergreifenden Zielen der politischen Leitlinien.

Ein übergreifendes Thema im Programm ist die Vereinfachung von EU-Recht. Ziel sei es, durch verschiedene Maßnahmen die Bürokratiekosten insbesondere für Unternehmen jährlich um mehr als 8,6 Milliarden Euro zu senken. Über die Hälfte der neuen Gesetzesinitiativen soll darauf ausgerichtet sein, das EU-Recht klarer, leichter verständlich und einfacher anwendbar zu machen.

Die Kommission plant nach wie vor, die Verwaltungslasten insgesamt um 25 Prozent und für kleine und mittlere Unternehmen um 35 Prozent zu verringern. Dazu werden neue Omnibuspakete in zentralen Bereichen wie Automobilwirtschaft, Umwelt, Steuern, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Medizintechnik sowie Energieprodukte vorbereitet.

Um weitere Entlastungsmöglichkeiten zu identifizieren, nutzt die Kommission weiterhin die neu eingeführten Formate wie Umsetzungsdialoge und Realitätschecks. Bestehende EU-Regelungen werden zudem überprüft, um sicherzustellen, dass sie keine übermäßigen Belastungen verursachen. Das Kommissarskollegium berichtet nun jährlich an das Europäische Parlament und den Rat über Fortschritte in diesem Bereich. Ergänzend dazu veröffentlichte die Kommission erstmals einen Jahresbericht über Vereinfachung. Schließlich soll eine Mitteilung der Kommission zum Thema Bessere Rechtsetzung in zweiten Quartal 2026 veröffentlicht werden.

Einige der wirtschaftsrelevanten Initiativen hier im Überblick:

Industrie

Die Kommission möchte im Jahr 2026 an ihre industriepolitische Agenda aus dem Jahr 2025 anknüpfen. Sektorspezifische Unterstützungsangebote können im Rahmen von strategischen Dialogen entwickelt werden. Besondere Erwähnung findet der Automobilsektor in der Mitteilung zum Arbeitsprogramm. Davon abgesehen sollen die im Rahmen des Clean Industrial Deal vorgestellten Initiativen fortgeführt werden. Dazu gehört auch eine Überarbeitung des Chips Act (erstes Quartal 2026) sowie ein neuer Vorschlag für die Regeln zur öffentliche Vergabe (zweites Quartal 2026) und die anstehenden Verhandlungen zum "European Competitiveness Fund".

Energie und Klima

2026 wird laut Arbeitsprogramm ein weiteres ereignisreiches Jahr in der Energie- und Klimapolitik. Zu Beginn des Jahres sollen zunächst Strategien zur Wärme- und Kälteversorgung sowie zur Elektrifizierung vorgelegt werden. Im zweiten Quartal soll als Teil der Vereinfachungsagenda ein "Energie-Omnibus" folgen, wobei dessen Inhalte noch offen sind. Die DIHK hat dazu Vorschläge (PDF, 154 KB)vorgelegt. Unter der Überschrift "Energieunionpaket für das nächste Jahrzehnt" stehen legislative Initiativen zur Entwicklung einer CO2-Infrastruktur und einen Markt, Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbaren Energien. Diese sollen alle im dritten Quartal erfolgen. Hier könnte es zu Anpassungen in Hinblick auf das sich derzeit in Verhandlungen befindende 2040-Klimaziel kommen.

Dasselbe gilt für die zentralen klimapolitischen Initiativen, welche für die zweite Jahreshälfte geplant sind. Diese sehen Änderungen zum Emissionshandel sowie eine Überprüfung der nationalen Ziele und Flexibilitäten der aktuellen Klimapolitik vor. Außerdem möchte die Kommission im Bereich der Klimaanpassung und –Resilienz einen integrierten regulatorischen Rahmen gegen Ende 2026 vorlegen. Zudem ist noch bis Ende 2025 ein "Netzpaket", ein zentrales Element der Energieinfrastruktur, zu erwarten.

Forschung & Innovation

Mit Blick auf den Bereich der Innovationspolitik bietet das Arbeitsprogramm für das kommende Jahr eine Vielzahl an wirtschaftsrelevanten Initiativen. Dies spiegelt eine zentrale Bestrebung des EU-Kompasses für Wettbewerbsfähigkeit wider. Durch den gezielten Abbau von Innovationshemmnissen soll in Europa Wirtschaftswachstum erzielt werden. Um zum Beispiel Innovationen einfacher in den Markt zu überführen, Unternehmen den Zugriff auf Innovationsfinanzierung zu erleichtern und ihnen besseren Zugriff auf Technologieinfrastrukturen zu ermöglichen, soll im vierten Quartal 2026 der European Innovation Act veröffentlicht werden. 

In der zweiten Jahreshälfte sollen mit dem Biotech Act und dem Advanced Materials Act sektorspezifische Innovationshemmnisse in strategischen Bereichen abgebaut werden, die die Kommission als zukunftsrelevant einstuft. Der für Herbst 2026 geplante European Research Area Act soll den Europäischen Forschungsraum so vertiefen, dass Forschungstalente, wissenschaftliches Wissen und Technologien frei und bürokratiearm zirkulieren können. Auch sieht der Rechtsakt vor, verbindliche Zusagen der Mitgliedstaaten für die Einhaltung des nationalen Ausgabenziels von mindestens 3 Prozent des Brutoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung festzulegen.

Globales Europa

Die EU-Kommission will das EU-US Rahmenabkommen umsetzen, um den transatlantischen Handel zu stärken. Neben der Ratifizierung der EU-Abkommen mit der Schweiz, Indonesien, Mercosur und Mexiko plant die EU-Kommission die Handelsverhandlungen mit Indien, Malaysia, Thailand, den Philippinen und den Vereinigten Arabischen Emiraten voranzutreiben. Auch die Konnektivität mit anderen Weltregionen wie mit Zentralasien soll in den Bereichen Transport, Energie, Handel und Digitalisierung ausgebaut werden. Zudem sollen die Wirtschaftsbeziehungen mit der südlichen Nachbarschaft durch den Pakt für das Mittelmeer gestärkt werden.

EU-Binnenmarkt

Die EU-Kommission bekennt sich im Arbeitsprogramm dazu, bis 2028 das volle Potenzial des Binnenmarktes freisetzen zu wollen. Bereits in ihrer Rede zur Lage der Union 2025 am 10. September 2025 hatte die EU-Kommissionspräsidentin angekündigt, dass die EU-Kommission beabsichtige, einen Fahrplan für den Binnenmarkt bis 2028 vorzulegen. Die "Single Market Roadmap" solle sich insbesondere auf die Bereiche Kapital, Dienstleistungen, Energie, Telekommunikation, das sogenannte 28. Regime und eine sogenannte fünfte Grundfreiheit fokussieren. Die Ermöglichung einer sogenannten "fünften Grundfreiheit" für Wissen und Innovation durch den Europäischen Forschungsraum (ERA) wird auch im Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2026 aufgenommen. Noch ist unklar, was genau darunter zu verstehen sein wird. Auf die Details wird es ankommen.

Nach Angaben der EU-Kommission soll das Agieren sowie der Zugang zu Finanzierung für alle Unternehmen, inklusive innovativer Unternehmen, Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU), einfacher werden. Die EU-Kommission werde ein sogenanntes 28. Regime für alle Unternehmen, die grenzüberschreitend im Binnenmarkt tätig sind, einführen. Auch beabsichtige die EU-Kommission, die noch ausstehenden Vorschläge zur Vervollständigung der Spar- und Investitionsunion vorzustellen. Dazu zähle unter anderem die Stärkung der Rechte von Gesellschaftern.

Zudem will die EU-Kommission die Überarbeitung der Leitlinien zur Bewertung von Unternehmenszusammenschlüssen abschließen, um Unternehmen klare, aktuelle und positive Anleitungen darüber zu geben, wann erwartet wird, dass Operationen Innovationen, Resilienz und Investitionen förderten. Zugleich solle an den Kernzielen der Fusionsregeln – dem Schutz von Märkten und europäischen Verbrauchern – festgehalten werden.

Noch immer hat die EU-Kommission ihren Verordnungsvorschlag zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr sowie ihren Richtlinienvorschlag über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation (Richtlinie über Umweltaussagen), den sogenannten Green Claims Richtlinienvorschlag, nicht auf die Liste der Dossiers gesetzt, die sie zurücknehmen möchte.

Digitales

Die EU-Kommission plant drei zentrale digitalpolitische Initiativen: Als erstes ist der Cloud and AI Development Act für das erste Quartal 2026 vorgesehen. Ziel sei es hierbei, Europas Kapazitäten in Cloud- und KI-Infrastruktur, etwa Rechenleistung, Datenzentren, Interoperabilität, Genehmigungsverfahren, zu stärken und technologische Souveränität zu fördern. Für das zweite Quartal 2026 ist dann der Quantum Act geplant. Dieser soll ein kohärentes EU-Rechts- und Innovationsrahmenwerk schaffen, um die Entwicklung von Quantencomputing und -kommunikation zu beschleunigen und Risiken zu adressieren. Als Drittes ist der Digital Fairness Act für das vierte Quartal 2026 eingeplant. Er soll bestehende Verbraucherschutzregeln im digitalen Raum ergänzen, um manipulative Praktiken zu unterbinden und Nutzern fairere Gestaltung digitaler Dienste zu garantieren.

Bau- und Immobilienwirtschaft

Die Europäische Kommission plant in ihrem neuen Arbeitsprogramm eine Reihe von Maßnahmen, um die Krise der Bezahlbarkeit von Wohnraum und der Lebenshaltungskosten, mit der die Mitgliedstaaten zunehmend konfrontiert sind, anzugehen. Dazu gehört der Europäische Plan für bezahlbaren Wohnraum, derdie öffentliche Unterstützung anregen und private Investitionen fördern soll, um das Angebot an Wohnungen zur vergrößern und Preise zu senken.

Kritische Rohstoffe

Die EU-Kommission möchte laut Arbeitsprogramm die Schaffung europäischer Leitmärkte beschleunigen. Sie sieht vor allem bei Leitmärkten für saubere Materialien und nachhaltige Produkte Handlungsbedarf. Die Kommission wird im dritten Quartal 2026 ein Gesetz zur Kreislaufwirtschaft vorlegen, um Angebot und Nachfrage nach kreislauffähigen Produkten zu fördern und die Abhängigkeit von kritischen Ressourcen zu verringern.

Um sicherzustellen, dass europäische Industriezweige ausreichend mit kritischen Rohstoffen versorgt werden, will die Kommission ein Zentrum für kritische Rohstoffe aufbauen. Das Zentrum soll Rohstoffe überwachen, lagern und Mitgliedstaaten die Möglichkeit bieten, diese zu kaufen.

Verteidigung und Sicherheit

Vor dem Hintergrund der geopolitischen Entwicklungen zielt die Kommission darauf ab, die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken. Als Vehikel dafür sollen verschiedene Programme dienen, zum Beispiel das Instrument "Sicherheitsmaßnahmen für Europa" (SAFE) und das "European Defence Industry Programm" (EDIP). Zudem sollen die Beschaffungsregeln vereinfacht werden, um Kooperationen und Innovation zu ermöglichen. Andere Leuchtturmprojekte sind die "European Drone Defence Initiative" und das "Qualitative Military Edge Programme".

Bildung und Beschäftigung

Im Bereich Beschäftigung will die Kommission in der zweiten Jahreshälfte einen Quality Jobs Act vorlegen, der sicherstellen soll, dass Arbeitnehmer in der modernen Arbeitswelt berücksichtigt werden. Die Kommission wird noch im Jahr 2025 eine Roadmap vorlegen, die die Inhalte etwas genauer umreißt. Außerdem ist ein legislatives Paket zur Verbesserung der Mobilität von Arbeitnehmern im Binnenmarkt geplant, welches potenziell auch zu Vereinfachungen für Unternehmen führen kann, da diese durch den Abbau von bürokratischen Hürden leichter Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten anstellen können.

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Hilden, Marlon
Marlon Hilden Referatsleiter europäische und internationale Energie- und Klimapolitik

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Mann im Haus der Deutschen Wirtschaft
Klemens Kober Referatsleiter Handelspolitik, transatlantische Beziehungen und EU-Zollfragen

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Kramer, Lorenz
Lorenz Kramer Referatsleiter Wirtschaft in Europa

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Porträtfoto Kathrin Riedler
Kathrin Riedler Referatsleiterin Europäische Umwelt- und Rohstoffpolitik

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Dr. Julia Schmidt Referatsleiterin Europäisches Wirtschaftsrecht

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Siefert, Arian
Arian Siefert Referatsleiter Wirtschaft digital

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Petri, Thorben_quer
Thorben Petri Referatsleiter Europäische Wirtschaftspolitik

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Thomas Wimmesberger Referatsleiter EU-Bildungs- und -Beschäftigungspolitik, EU-Fachkräftesicherung

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Jonas Wöll_quer
Jonas Wöll Referatsleiter Digitaler Binnenmarkt, EU-Verkehrspolitik, Regionale Wirtschaftspolitik

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Zwick, Sandra
Sandra Zwick Referatsleiterin Europapolitik, EU-Finanzierungsinstrumente, EU-Außenwirtschaftsförderung