Pfadnavigation

Sicherheitslage im Roten Meer erschwert und verteuert Seetransporte

Folgen für deutschen und globalen Außenhandel noch ungewiss
Frachter am Kap der guten Hoffnung

Teurer Umweg: Viele Frachtschiffe umfahren derzeit aus Sicherheitsgründen lieber das Kap der Guten Hoffnung, als durchs Rote Meer zu steuern

© Sproetniek / iStock / Getty Images Plus

Die Eskalation des Nahostkonfliktes hat auch erhebliche Auswirkungen auf die internationale Schifffahrt: Seit Mitte November 2023 greifen die vom Iran unterstützten jemenitischen Huthi-Rebellen Handelsschiffe im Roten Meer mit Schlauchbooten, Raketen und Drohnen an. Die Folgen für die Schifffahrt und damit für den Welthandel sind erheblich, sogar der Klimaschutz ist betroffen.

Denn aufgrund der Sicherheitslage in der Straße von Bab el-Mandeb, der südlichen Mündung zum Roten Meer, haben seit Mitte Dezember 2023 zahlreiche Reedereien ihre Fahrten durch die Meerenge und durch den Suezkanal im Norden des Roten Meeres eingestellt.

Einer der wichtigsten Seehandelswege

Rund 12 Prozent des weltweiten Handelsvolumens passieren den Kanal, der damit eine der wichtigsten globalen Handelsrouten darstellt (zum Vergleich: Rund 25 Prozent entfallen auf die Straße von Malakka, circa 5 Prozent auf den Panamakanal). Nicht nur für Warenimporte aus Asien, auch für Öl- und Gaslieferungen aus dem Mittleren Osten ist der Seeweg durch das Rote Meer insbesondere für Europa von großer Bedeutung. Nach Schätzungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft gehen üblicherweise auch rund 10 Prozent des deutschen Außenhandels durch den Suezkanal. Bezogen auf 2023 sind das Waren im Wert von rund 290 Milliarden Euro.

Doch diesen Weg schlägt seit Mitte Dezember 2023 kaum noch ein Handelsschiff ein. Stattdessen warten die Frachter entweder in sicheren Gewässern, oder sie nehmen eine Alternativroute um das Kap der Guten Hoffnung. Je nach Beladung und Geschwindigkeit des Schiffes verlängert dieser Umweg die Fahrtzeiten um 6 bis 14 Tage.

Damit können die globalen Lieferketten einmal mehr aus dem Takt geraten. Denn nicht nur die Umfahrung von Afrika verzögert die Lieferung von Import- und Exportgütern, auch der Containerumschlag in den Häfen kann länger dauern, wenn Schiffe später als geplant eintreffen beziehungsweise mögliche zusätzliche Frachtkapazitäten nicht ausreichen, um die geplante Taktung aufrechtzuerhalten. Bisher (Stand Anfang Februar 2024) sind laut Medienberichten nur vereinzelt Unternehmen von Produktionsunterbrechungen betroffen oder weisen auf mögliche Lieferverzögerungen in den kommenden Wochen hin.

Frachtraten fast verdreifacht

Das treibt auch die Transportkosten auf den Routen Asien-Europa/Mittelmeerraum in die Höhe: Laut Drewry's World Container Index haben sich die Frachtraten für einen 40-Fuß-Standardcontainer zwischen dem 30. November und dem 1. Februar von 1.382 auf 3.824 US-Dollar fast verdreifacht.

Viele Reedereien informieren ihre Kunden auf ihre Websites über die Lage sowie über Routen- und Preisänderungen:

Hier haben wir – ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit – einige Links für Sie zusammengestellt, in der der verschiedene Reedereien über die Lage und über Frachtraten informieren:

Infos zur aktuellen Situation:

Infos über Preisänderungen:

Höhere Kosten entstehen aber auch durch den Mehrverbrauch an Treibstoff auf dem längeren Weg um Afrika. Und nicht zuletzt steigert der Umweg ganz erheblich den CO2-Ausstoß der Schiffe.

Anstieg der Öl- und Gaspreise

Apropos Brennstoff: Die Handelsroute durch das Rote Meer und die Region insgesamt haben eine enorme Bedeutung für die Öl- und Gaslieferungen nach Europa. Entsprechend lassen sich für diese Rohstoffe seit dem Beginn der Angriffe deutliche Preisanstiege beobachten (die tagesaktuelle Entwicklung finden Sie bei Trading Economics für Erdöl und Erdgas).

Wie groß die Auswirkungen für die Entwicklung der Weltwirtschaft und den deutschen Außenhandel durch Preissteigerungen und Lieferverzögerungen letztlich sein werden, hängt ganz davon ab, wie lange die Sicherheitslage es nicht zulässt, dass Reedereien ihre Schiffe durch das Rote Meer schicken. Auf Basis von Satellitendaten schätzt etwa IMF PortWatch, dass in den ersten vier Wochen des Jahres 43 Prozent weniger Handelsvolumen den Suezkanal passiert haben als im Vorjahreszeitraum.

"Ever Given"-Blockade gab einen Vorgeschmack

Die aktuelle Situation erinnert an die Blockade des Suezkanals durch die "Ever Given". Der Frachter der taiwanischen Reederei Evergreen Marine war 23. März 2021 havariert, was den Kanal für sechs Tage blockierte und zu Problemen in den globalen Lieferketten führte. Damals hatte allerdings ohnehin die Corona-Pandemie Störungen im weltweiten Warenverkehr bewirkt – was viele Unternehmen dazu veranlasste, ihre Lagerhaltung zu erhöhen.

Zwar haben sich die Lieferketten im vergangenen Jahr stabilisiert. Angesichts der Lage im Roten Meer gerät diese Entspannung aber in Gefahr, zumal der Seehandel unter einem weiteren Engpass leidet: Der Panamakanal führt seit Sommer 2023 aufgrund anhaltender Trockenheit zu wenig Wasser, um Containerschiffe mit der üblichen Frequenz und Beladung durchzuschleusen. Teilweise hatten Reedereien daher die Suezkanal-Route als Alternative gewählt.

© DIHK

Kontakt

Porträtfoto Carolin Herweg
Carolin Herweg Referatsleiterin Internationale Konjunktur