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Zukunft des Welthandelssystems in Gefahr

Deutsche Unternehmen direkt betroffen
Containerschiffe von oben

Die WTO regelt 98 Prozent des internationalen Handels

© Felix Cesare / Moment / Getty Images

Am 1. März 2024 ist die 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO knapp an einem Scheitern vorbeigeschrammt. Wie geht es weiter mit dem Regelwerk für den Welthandel?

Bisher wacht die WTO über einheitliche Regeln und die Marktöffnung im Außenhandel für 166 Länder und damit 98 Prozent des Welthandels. Zudem ermöglicht sie die Streitschlichtung zwischen Mitgliedern auf Augenhöhe, um Handelskonflikte zu verhindern. Über die Hälfte des außereuropäischen Handels deutscher Unternehmen ist einzig durch WTO-Regeln abgesichert – etwa der Warenaustausch mit den USA, China oder Indien. Seit Langem setzt sich die DIHK daher mit verschiedenen Initiativen für ehrgeizige Reformen der Welthandelsorganisation ein, aktuell mit einem neuen Positionspapier zur WTO-Ministerkonferenz (PDF, 241 KB).

Grundfeste des Welthandelssystems 

Hiesige Unternehmen profitieren von dem multilateralen Ansatz der WTO, der seit bald 30 Jahren Märkte öffnet und Handelsschranken abbaut. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft sind weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen, fairer Marktzugang und Rechtssicherheit im Auslandsgeschäft von herausragender Bedeutung.

Ein Erfolg der 13. Ministerkonferenz ist es daher, dass Osttimor und die Komoren nun der WTO beigetreten sind. 22 weitere Staaten, darunter EU-Beitrittskandidaten wie Serbien und Bosnien-Herzegowina, wollen in Zukunft ebenfalls WTO-Mitglieder werden.

Die WTO-Mitglieder haben auf der Ministerkonferenz zudem eine neue Vereinbarung zur internen Regulierung von Dienstleistungen getroffen. In vielen Ländern werden die Genehmigungsanforderungen gestrafft und Erleichterungen für verfahrenstechnische Hürden eingeführt, mit denen Unternehmen konfrontiert sind. Dieses Übereinkommen wird laut WTO dazu beitragen, die Kosten des globalen Handels mit Dienstleistungen um mehr als 110 Milliarden Euro jährlich zu senken, indem die Transparenz, Effizienz und Vorhersehbarkeit der Genehmigungs- und Qualifikationsanforderungen und -verfahren gewährleistet werden. Die neuen Vorschriften gelten für 71 WTO-Mitglieder, darunter die EU, auf die zusammengenommen 92 Prozent des weltweiten Handels mit Dienstleistungen entfallen.

Unsicherheit im Digitalhandel

Zentral für die deutsche Wirtschaft war zudem, dass sich alle WTO-Mitglieder darauf einigen konnten, das WTO-Verbot von Zöllen auf elektronische Übertragungen nicht auslaufen zu lassen, um den grenzüberschreitenden Fluss von Datenströmen zu gewährleisten.

Auf Druck von Indien, Indonesien und Südafrika wird diese Regelung, die seit den 90er Jahren alle zwei Jahre verlängert wurde, mit der nächsten Ministerkonferenz, also spätestens in zwei Jahren auslaufen. Indonesien hat in seinem Zolltarif bereits entsprechende Zölle für Video- und Musikübertragungen vorgesehen.

Die deutsche Wirtschaft hofft nun, dass die plurilateralen Verhandlungen zu einem E-Commerce Abkommen rasch abgeschlossen werden und dort ein permanentes Verbot von Zöllen auf elektronische Übertragungen verankert wird. Mit Ländern wie Indien und Indonesien sollten entsprechende Vereinbarungen in bilaterale Handelsabkommen eingebaut werden, damit deutsche Unternehmen in Zeiten von Industrie 4.0 auch weiterhin mit diesen Ländern erfolgreich wirtschaften können.

Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren 

Bereits seit einigen Jahren ist die Zusammenarbeit für offene Märkte von diversen Blockaden belastet. Insbesondere die USA verhindern die WTO-Streitbeilegung und haben so die Verbindlichkeit des WTO-Regelsystems erschüttert. Warum sich an Vorgaben halten, wenn niemand für Verstöße belangt werden kann? Die Folgen dieser Erosion: rechtliche Unsicherheit und eine Zunahme von Diskriminierungs- und Vergeltungsmaßnahmen.

Für deutsche Unternehmen steht viel auf dem Spiel. Denn ohne eine funktionierende WTO gilt – anstelle der Stärke des Rechts – das Recht des Stärkeren auf den Weltmärkten. Leider gab es auf der WTO-Ministerkonferenz keine umfassende Einigung, um die Streitbeilegungsfunktion der WTO umfassend zu reaktivieren. Dies ist von größter Bedeutung mit Blick auf zukünftige WTO-Verhandlungen.

Entscheidend ist nun, dass die Bundesregierung und die EU sich noch stärker für den Erhalt der WTO und einen großen Wurf bei der nächsten WTO-Ministerkonferenz in Kamerun einsetzen. Nötig sind auch ein globales Vorgehen gegen unfaire Subventionen und Wettbewerbsverzerrungen, die Anpassung globaler Handelsregeln an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters und ein koordiniertes Handeln aller relevanten CO2-emittierenden Länder zur Bekämpfung des Klimawandels.

Für die deutschen Unternehmen ist klar: Es gibt keinen Plan B zur WTO.

© DIHK

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Mann im Haus der Deutschen Wirtschaft
Klemens Kober Referatsleiter Handelspolitik, transatlantische Beziehungen und EU-Zollfragen

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Porträtfoto Susanne Schraff
Susanne Schraff Pressesprecherin

DIHK-Leitlinien zur 13. WTO-Ministerkonferenz

Im Vorfeld der 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO Ende Februar 2024 in Abu Dhabi hatte die DIHK die Punkte zusammengestellt, die der deutschen Wirtschaft besonders wichtig sind. Hier gibt es ein Statement von DIHK-Expertin Melanie Vogelbach, das Papier zum Download und weitere Infos.