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Industriestrategie: Eine gute Standortpolitik ist die beste Industriepolitik

Ingenieure stehen vor Maschinen

Damit die deutsche Industrie eine Perspektive hat, müssen jetzt zahlreiche Weichen für die Zukunft gestellt werden

© Westend61 / Getty Images

In seiner kürzlich vorgestellten Industriestrategie bekräftigt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Bedeutung der Industrie – vom industriellen Mittelstand bis zur Großindustrie. Das "Netzwerk Industrie" als enger Verbund von Herstellern, Zulieferern und Dienstleistern prägt den Standort Deutschland und trägt maßgeblich zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hierzulande bei.

Die aktuelle DIHK-Umfrage zeigt jedoch, dass die Industrie derzeit nicht mehr die tragende Säule der Konjunktur ist. Nicht nur die aktuelle Lageeinschätzung fällt bei den Industriebetrieben deutlich schlechter aus als in der Gesamtwirtschaft. Auch die in der Vorumfrage schon trüben Erwartungen für die nächsten zwölf Monate haben sich weiter verdüstert. Fehlende Impulse aus dem Inland, eine schleppende Weltkonjunktur, hohe Energie- und Rohstoffpreise, steigende Arbeitskosten, der Fachkräftemangel sowie eine überbordende Bürokratie machen der Branche enorm zu schaffen.

Entlastungen nötig – von A bis Z

Die Industriestrategie kommt zu einem Zeitpunkt, wo eine alarmierende konjunkturelle Entwicklung auf wachsende strukturelle Defizite am Standort Deutschland trifft. Sie formuliert einen klaren Auftrag und nimmt die Politik in die Pflicht, schnell zu handeln. Dabei ist nicht allein das Wirtschaftsministerium gefragt. Vielmehr ist der Schulterschluss mit anderen Bereichen der Politik Voraussetzung dafür, dass sich die Rahmenbedingungen hierzulande tatsächlich verbessern. Richtschnur dafür sollte die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe sein. Das bedeutet vor allem eine geringere Regelungsdichte für unternehmerische Entscheidungen: von A wie Abbau von Bürokratie und Regulierung über U wie Unternehmenssteuerreform bis Z wie Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte. Gelingt es, die strukturellen Defizite zu verringern, kann dies auch konjunkturell einen neuen Aufschwung geben.

Ohne Energie keine Industrie!

Das Energieangebot ist zu gering, die Energiepreise sind für alle Betriebe zu hoch und für höchst energieintensive Unternehmen längst nicht mehr wettbewerbsfähig. Diese Probleme beschreibt die Strategie treffend, bleibt jedoch in puncto Lösungsvorschlägen hinter den Notwendigkeiten zurück. So sollte die Ausweitung des Energieangebots – vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien – insbesondere durch Strom-Partnerschaften gelingen: Der Ausbau wird dabei über Investitionszuschüsse und eine Netzentgeltabsenkung für grüne Stromlieferverträge (PPA) beschleunigt. Mit einer entsprechenden Ergänzung im Wachstumschancengesetz, das aktuell beraten wird, ließe sich dies schnell in die Tat umsetzen. Eine Senkung der Stromsteuer und die Übernahme verbleibender Abgaben und Umlagen in den Bundeshaushalt würden zudem den Strom in der Breite der Wirtschaft bezahlbarer machen. Und damit die Versorgung mit Wasserstoff zu einer echten Alternative werden kann, brauchen die Betriebe rasch Klarheit über eine Importstrategie und den Infrastrukturausbau.

Ohne Weltmärkte keine Aufträge!

In der Industrie hängt hierzulande jeder zweite Arbeitsplatz direkt oder indirekt vom Exportgeschäft ab. Die deutschen Unternehmen leben vom globalen Handel. Deshalb sollte eine Industriestrategie neben dem deutschen und dem europäischen Binnenmarkt auch die Weltmärkte im Blick behalten. Dazu gehört als politische Aufgabe der Abschluss von Handelsabkommen mit wichtigen Partnern wie dem Mercosur, Indien und Indonesien sowie ein deutlicher Bürokratieabbau in der Außenwirtschaft. Das würde auch die Diversifizierung von Lieferketten erleichtern.

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Porträtbild Dr. Susanne Gewinnus, Referatsleiterin Industrie | Forschung
Dr. Susanne Gewinnus Referatsleiterin Industrie- und Forschungspolitik