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Mit individuellen Angeboten punkten, Berufsorientierung stärken

Welche Maßnahmen die Betriebe ergreifen, um Azubis zu gewinnen
Junge Frau bei Teamsitzung in hippem Setting

Potenzielle Azubis legen unter anderem viel Wert auf partnerschaftliches Miteinander und moderne IT

© Maskot / DigitalVision / Getty Images

Von flachen Hierarchien über finanzielle Anreize bis hin zu mehr Schülerpraktika: Im Werben um potenzielle Azubis haben die Betriebe die Zeichen der Zeit erkannt. Sie intensivieren ihr Engagement, um geeigneten Nachwuchs zu finden dann auch im Unternehmen zu halten.

Die Zahl der Schulabgänger ist deutlich zurückgegangen; gleichzeitig wächst die Nachfrage nach Fachkräften. Entsprechend hat sich der Ausbildungsmarkt in den vergangenen Jahren zu einem Bewerbermarkt entwickelt. Die Jugendlichen haben häufig die Qual der Wahl zwischen zahlreichen potenziellen Arbeitgebern. Umso wichtiger wird es für die Unternehmen, ihre Ausbildungsangebote so attraktiv wie möglich zu gestalten, um bei jungen Leuten zu punkten.

Dafür haben sie durchaus Freiheitsgrade: Der Rahmen einer Ausbildungsordnung bildet lediglich einen Mindeststandard ab, bietet den Betrieben aber genug Flexibilität, um ihre Bedarfe aufzunehmen oder die Ausbildung noch besser auf die Bedürfnisse der jungen Generation anzupassen. Und dieser Spielraum wird gerne genutzt, wie die Ergebnisse der DIHK-Ausbildungsumfrage 2023 verdeutlichen.

Grafik zu den Maßnahmen für mehr Attraktivität, Ausbildungsumfrage 2023

© DIHK

Vom "Lehrling" zum "Teammitglied"

Bei der Frage, durch welche Maßnahmen sie eine Ausbildung in ihrem Betrieb für Jugendliche besonders attraktiv gestalten, berichteten mehr als sechs von zehn Unternehmen (62 Prozent), ihre Hierarchien für Azubis flacher gestaltet zu haben: Das Rollenbild der einstigen "Lehrlinge" verschiebt sich ab dem ersten Tag hin zum "Teammitglied". 

Jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) hat zudem die IT-Ausstattung für seine Azubis verbessert. Im Vorjahr hatte dies sogar mehr als jeder zweite Befragte (51 Prozent) gemeldet. Der Faktor "moderne IT" ist nicht nur sehr wichtig für die Jugendlichen – das zeigen andere Befragungen –, er ist aus Sicht der Unternehmen auch relativ schnell umsetzbar. Noch dazu profitieren alle Seiten.

An der Verbesserung der Einstellungsprozesse haben 2022 vier von zehn Unternehmen gearbeitet (43 Prozent). Wichtige Punkte sind etwa schnelleres Feedback und eine rasche positive Bindung an den Betrieb. Dabei wird das Bewerbungsverfahren zunehmend als Visitenkarte der eigenen Unternehmenskultur verstanden.

Doch auch Geld bleibt ein Faktor: Mehr als vier von zehn Unternehmen (42 Prozent) berichten von finanziellen Anreizen, um die Ausbildung attraktiver zu machen. Dabei dürfte eine übertarifliche Bezahlung eine eher untergeordnete Rolle spielen, schließlich liegen Ausbildungsvergütungen im IHK-Bereich mit durchschnittlich 1.081 Euro ohnehin über dem Mittelwert aller Ausbildungsbereiche von 1.028 Euro.

Relevant sind eher Anreize für gute Lernergebnisse, Beihilfen zur Mobilität beziehungsweise zum Wohnen oder andere "Goodies".

Neue Konzepte und Mentorenprogramme

Die Einführung neuer Lehr- und Lernkonzepte hat schon rund jeder vierte Ausbildungsbetrieb (27 Prozent) angestoßen – ein beständiges Bild. Mehr und mehr setzen sich Konzepte durch, die eigene Erfahrungen an die Stelle reiner Wissensvermittlung setzen. Thematisch dazu passend bieten 27 Prozent der Ausbildungsbetriebe Azubi-Projekte an, bei denen die jungen Menschen die Verantwortung für ein komplettes Projekt von A bis Z übernehmen und zudem häufig in interdisziplinären Teams arbeiten.

Mentorenprogramme haben 18 Prozent der Ausbildungsbetriebe eingeführt – ein über die Jahre konstanter Wert. Bei den Großbetrieben mit mehr als 1.000 Mitarbeitern waren es noch deutlich mehr.

Ausbildung mobil und in Teilzeit

Als weitere Maßnahmen nannten die Befragten etwa Angebote zum "mobilen Ausbilden" (13 Prozent), Auslandsaufenthalte (10 Prozent) oder Teilzeitangebote (8 Prozent). In den offenen Antworten wurden häufig Ansätze zur Integration von Azubis im Betrieb oder zur persönlichen Weiterentwicklung angegeben. Interessanterweise boten auch manche Unternehmen ihren Azubis die Option, in einen anderen/neuen Beruf zu wechseln und/oder in anderen Unternehmen oder Institutionen zu hospitieren.

Grundsätzlich gilt: Unternehmen, die das Ausbilden neu denken, werden von potenziellen Bewerbern als innovativ und interessant wahrgenommen. Die Umfrage zeigt, dass die Ausbildungsbetriebe dies erkannt haben und sich enorm für ihren aktuellen und künftigen Nachwuchs engagieren.

Berufsorientierung stärken

Ein ebenfalls wichtiger Ansatz, um mehr Azubis zu gewinnen, sind verstärkte Anstrengungen bei der Berufsorientierung. Nachdem die Corona-Maßnahmen Praxiseinblicke für Schülerinnen und Schüler lange Zeit erschwert hatten, krempeln die Betriebe nun Ärmel hoch: 80 Prozent der Befragten gaben in der Ausbildungsumfrage 2023 an, ihr Engagement in der beruflichen Orientierung künftig noch weiter ausbauen zu wollen. Bei den Unternehmen, die nicht alle Ausbildungsplätze besetzen konnten, sind es sogar 89 Prozent.

Insgesamt möchten 61 Prozent der Ausbildungsbetriebe noch mehr Praktikumsplätze zur Verfügung stellen – und schon im Vorjahr hatten 51 Prozent diese Absicht geäußert. Aber auch Veranstaltungen (48 Prozent), digitale Informationsangebote (48 Prozent) oder das bewährte Instrument der Ausbildungsbotschafter (26 Prozent) stehen hoch im Kurs.

Grafik zu Maßnahmen der Berufsorientierung, Ausbildungsumfrage 2023

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Ulrike Friedrich Referatsleiterin Ausbildungsmarketing und -analysen, Digitalisierung

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Porträtfoto Jana Heiberger, Referatsleiterin Fachkräftesicherung | Ausbildung
Jana Heiberger Referatsleiterin Berufsorientierung, Berufsschule, MINT-Förderung