Sinkende Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland, aber auch eine schwache Konjunktur, geopolitische Risiken und eine zunehmende Zahl von Handelshemmnissen bestimmen die Auslandsinvestitionen deutscher Industrieunternehmen. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Auslandsinvestitionen: Motiv der Kostenersparnis steigt erneut
DIHK stellt Sonderauswertung der aktuellen Konjunkturumfrage vorAus der Sonderauswertung der DIHK-Konjunkturumfrage zu Jahresbeginn 2024 geht zudem hervor, dass geringfügig mehr Unternehmen im Ausland investieren möchten als im Vorjahr. Dabei drängt sich das Motiv der Kosteneinsparung statt dem der Expansion immer weiter in den Vordergrund.
Positive Rückwirkungen für Deutschland nehmen ab
"Die Erschließung neuer Märkte sorgt grundsätzlich für zusätzliche Impulse bei Investitionen und Beschäftigung im Inland", sagte Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung, bei der Vorstellung der Umfrage, für die die DIHK die Investitionspläne von rund 1.900 deutschen Industrieunternehmen im Ausland genauer analysiert hat.
"Über lange Jahre kommen und kamen Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen immer auch dem Standort Deutschland zugute. Doch das Blatt ist dabei, sich zu wenden: Immer mehr Betriebe investieren mittlerweile im Ausland, weil für sie der Standort Deutschland zu teuer und kompliziert ist." Dass diese Betriebe – auf Kosten des Standorts – abwanderten, nannte Nothnagel "ein alarmierendes Signal". Es zeige, dass Deutschland als Produktionsstandort wieder attraktiver werden müsse.
Kosten treiben die Unternehmen ins Ausland
Von den Industrieunternehmen mit Investitionsplänen im Ausland nannten 35 Prozent die "Kostenersparnis" als Hauptmotiv. "Einen solch hohen Wert gab es zuletzt im Jahr 2008", berichtete Nothnagel. "Bei den kleineren Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten ist dieser Anteil mit 37 Prozent fast so hoch wie im Jahr 2004 (38 Prozent), als Deutschland der 'kranke Mann Europas' war. Das ist leider eine Reaktion auf die sich verschlechternden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Land."
Zurückhaltung wegen belasteter Investitionsbudgets
Insgesamt wollten der Umfrage zufolge zu Jahresbeginn 2024 nur 42 Prozent der Industriebetriebe im Ausland investieren. Das bedeutet zwar eine geringfügige Steigerung im Vergleich zum Vorjahr, allerdings hatte der Anteil nur 2023 (41 Prozent) und 2009 (40 Prozent) niedriger gelegen als aktuell.
Bei der Ausweitung ihrer bestehenden Auslandsinvestitionen halten sich die Unternehmen ebenso zurück. Nur noch 30 Prozent nach 31 Prozent im Vorjahr möchten ihre Auslandsinvestitionsbudgets erhöhen. Hingegen sieht fast jeder vierte Betrieb (23 Prozent nach 18 Prozent im Vorjahr) Kürzungen vor.
"Die Investitionsbudgets insgesamt sind belastet", kommentierte Nothnagel die Entwicklung. "Hohe Kosten, strukturelle Unsicherheit durch die Geopolitik, Digitalisierung und Energiepreise hinterlassen ihre Spuren. Das schlägt auch auf das Auslandsengagement durch."
Region Asien-Pazifik wird bedeutsamer
In den Zielregionen der Auslandsinvestitionen zeigt sich die anhaltende Diversifizierung und Neusortierung der Lieferketten. Der asiatisch-pazifische Raum (ohne China) gewinnt weiter an Bedeutung. Knapp ein Drittel (32 Prozent nach 29 Prozent) der Unternehmen mit Auslandsinvestitionen will dort investieren. In Nordamerika und China bleibt das Engagement im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert hoch. Die Eurozone ist zwar weiterhin die wichtigste Zielregion für die deutschen Unternehmen, verliert aber etwas an Bedeutung: Knapp zwei Drittel der Unternehmen (65 Prozent) wollen dort investieren, im Vorjahr waren es noch 71 Prozent.
Umsteuern ist das Gebot der Stunde
"Generell zeigt unsere Umfrage, dass dringender Handlungsbedarf in Deutschland besteht", fasst Ilja Nothnagel die Ergebnisse zusammen. "Hohe Energiepreise und Arbeitskosten, Fachkräftemangel, aber auch zunehmend die ausufernde Bürokratie machen den Unternehmen hierzulande zu schaffen. Umsteuern ist das Gebot der Stunde, bevor die industrielle Struktur in Deutschland nachhaltig geschwächt wird."
Die komplette Auswertung steht hier zum Download zur Verfügung: