Schneller, höher, weiter? Die Realität hinkt dem Anspruch vielfach hinterher
© Busà Photography / Moment / Getty Images
Schneller, höher, weiter? Die Realität hinkt dem Anspruch vielfach hinterher
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Viele Bundesländer haben in den vergangenen Monaten einige Anstrengungen unternommen, um ihre Bauordnungen zu modernisieren und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Ein Hintergrund ist der im November 2023 zwischen Bund und Ländern geschlossene "Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung", der über 100 Maßnahmen zur Vereinfachung und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen vorsieht.
Der DIHK-Beschleunigungsmonitor beobachtet die zentralen gesetzlichen Regelungen zur Genehmigungsbeschleunigung in den 16 verschiedenen Bauordnungen. Um den Vergleich zu erleichtern, werden sieben zentrale Erleichterungen beleuchtet: die Verfahrensfreiheit, das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren, Fristverkürzungen, die Genehmigungsfiktion, der vorzeitige Baubeginn und die Typengenehmigung.
Dabei zeigt sich, dass viele Bundesländer bereits Regelungen zur Beschleunigung der Verfahren eingeführt haben. Teilweise gehen sie sogar über die Formulierungen des Beschleunigungspaktes hinaus. Gleichzeitig hat bisher kein Bundesland alle Beschlüsse des Bund-Länder-Paktes vollständig umgesetzt. Die Länder sind bei der Beschleunigung also auf einem guten Weg, können allerdings alle noch weitere Erleichterungen für mehr Tempo bei der Baugenehmigung herausholen.
Die schnellste Baugenehmigung ist die, die gar nicht beantragt werden muss. Um Unternehmen und Behörden zu entlasten, haben Bund und Länder deshalb beschlossen, "Fälle von unwesentlicher Bedeutung gänzlich von der Genehmigungspflicht zu befreien". Die Liste der sogenannten verfahrensfreien Bauvorhaben ist lang. Verglichen haben wir deshalb nur Gebäude, die spezielle Ausnahme des Dachgeschossausbaus und die Ausnahme für Mobilfunkmasten.
Hier zeigt sich, dass erst etwa die Hälfte der Bundesländer die Schwellenwerte der Musterbauordnung (Gebäude im Innenbereich bis zu 10 m²) angehoben haben. Niedersachsen geht hier mit einer Schwelle für Gebäude bis 75 m³ Raumvolumen im Innenbereich und bis 40 m³ im Außenbereich besonders weit. Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen erlauben den verfahrensfreien Dachausbau inklusive Gauben und Loggien. In den meisten Bundesländern ist hierzu noch ein Freistellungsverfahren inklusive aller Bauvorlagen notwendig. Mobilfunkmasten wurden bundesweit fast in allen Bundesländern ausgenommen, wenn sie bis 15 Meter auf Gebäuden, im Außenbereich bis 20 Meter oder mobil bis maximal 24 Monate errichtet werden. In Nordrhein-Westfalen ist dies sogar für Masten 20 Meter über Gebäuden oder bei mobilen Anlagen bis 48 Monate an einem Ort möglich.
Im sogenannten vereinfachten Genehmigungsverfahren werden Teile des Bauantrages (insbesondere das Bauordnungsrecht) durch die Behörden nicht geprüft. Bund und Länder hatten deshalb beschlossen, die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens auszuweiten. Die weitreichende Anwendungsmöglichkeit des Verfahrens auf alle Vorhaben außer Sonderbauten, wie es bereits in der Musterbauordnung angelegt ist, haben bisher allerdings nur 9 der 16 Bundesländer umgesetzt. 7 Länder beschränken die Anwendung auf Wohngebäude oder bestimmte Gebäudeklassen.
Trotz der gesetzlichen Fristen zur Genehmigungsentscheidung dauern die Verfahren in der Praxis deutlich länger. Damit die Fristüberschreitung nicht folgenlos bleibt, regeln Musterbauordnung und viele Landesbauordnungen, dass die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Behörde den Antrag bis zum Ablauf einer Frist nicht abgelehnt hat. Die Länder hatten beschlossen, "eine bundesweit einheitliche Genehmigungsfiktion von drei Monaten" einzuführen.
Dies ist in allen Ländern außer Nordrhein-Westfalen erfolgt. In Berlin wurde sogar zusätzlich zur Genehmigungsfiktion eine Vollständigkeitsfiktion eingeführt. Sie verhindert, dass die fiktive Genehmigung nicht eintreten kann, weil die Baubehörde auch die Vollständigkeit der Antragsunterlagen bestätigte. Allerdings sind die einzelnen Fiktionsregeln der Länder sehr unterschiedlich: So wird teilweise das Einverständnis der Gemeinde vorausgesetzt, keine Bescheinigung ausgestellt oder die Anwendung auf den Wohnungsbau eingeschränkt.
Für viele Schritte eines Genehmigungsverfahren werden Fristen vorgegeben. Dazu zählt insbesondere die Entscheidungsfrist ab Vollständigkeit des Bauantrages, dem Zeitraum bis zu dem die Behörde die Vollständigkeit der Antragsunterlagen bestätigt oder Nachforderungen stellen muss. Auch beteiligten Behörden oder anderen Stellen werden Fristen zur Stellungnahme gegeben. Bund und Länder haben hierzu vereinbart, "geeignete Fristverkürzungen vorzunehmen". Diese fallen je nach Verfahren und Bundesland sehr unterschiedlich aus. Die Musterbauordnung und einige Landesbauordnungen sehen Fristen nur für das vereinfachte Genehmigungsverfahren vor. Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg und Hamburg sehen dagegen sehr viel kürzere Fristen von wenigen Wochen je nach Verfahren vor.
Viele Fachgesetze zur Genehmigung bestimmter Vorhaben kennen den sogenannten vorzeitigen Baubeginn. Vorhaben können durch dieses Instrument bereits errichtet werden, während das Genehmigungsverfahren noch läuft. Das Bauordnungsrecht kennt dieses Instrument bisher nicht, obwohl Bund und Länder die Anwendung erleichtern wollten.
Die Musterbauordnung und alle Bundesländer erlauben zumindest die Teilbaugenehmigung, mit der bereits einzelne Bauteile oder Bauabschnitte errichtet werden können. Baden-Württemberg, Hamburg und Niedersachsen erleichtern deren Anwendung, indem das Teilbauvorhaben bereits zulässig ist, wenn keine Bedenken dagegen bestehen. Baden-Württemberg verknüpft die Zulassung sogar mit einer Fiktionsregel.
Damit für Anlagen derselben Ausführung oder in den gleichen Systemen nicht immer wieder neue Nachweise und Gutachten eingereicht werden müssen, gibt es die Typengenehmigung. Sie soll künftig etwa für das Bauen in Modulbauweise verstärkt angewandt werden. Damit die Hersteller dieser Systeme nicht in jedem Bundesland einzeln Anträge stellen müssen, haben die Länder die gegenseitige Anerkennung der Genehmigungen beschlossen. Dies ist zwar in allen Bundeländern grundsätzlich erfolgt. Allerdings sehen einige Länder zusätzliche Bestätigungen oder Anerkennungen ihrer Behörden vor oder schränken die Anerkennung ein, beispielsweise nur für eine barrierefreie Ausführungen.
Damit die Baugenehmigung schnell und leichter erfolgen kann, fordern Unternehmen seit vielen Jahren eine lückenlose Ende-zu-Ende-Digitalisierung der Baugenehmigung. Das bedeutet, dass nicht nur die Anträge digital versandt werden können, sondern auch die Bearbeitung, Beteiligung, Ergänzung und Bescheinigung zentral und digital erfolgen. Wie weit dieser Prozess in den Bundesländern bereits implementiert wurde, kann dieser Monitor leider nicht abbilden. Auch die Bauordnungen müssen die Digitalisierung durch die Befreiung vom Schriftformerfordernis ermöglichen. Baden-Württemberg und Niedersachsen schreien die rein elektronische Kommunikation hier bereits explizit vor.
Der Vergleich zeigt, dass die Länder in den ausgewählten Regelungsbereichen ihrer Bauordnungen noch viel Beschleunigungspotenziale heben können. Zusammengenommen haben die Bundesländer erst etwas mehr als die Hälfte aller möglichen Verfahrensregeln nach dem Bund-Länder-Pakt umgesetzt. Zwei-Drittel aller möglichen Regelungen könnten zudem noch optimiert werden, wenn sich die Bundesländer an den Regelungen orientieren würden, die Verfahren am weitesten verkürzen.
Kein Bundesland hat die im Bund-Länder-Pakt beschlossenen Maßnahmen bisher vollständig umgesetzt. In allen Bundesländern besteht noch Optimierungspotenzial. Es gibt also noch viel zu tun.
Für dieses Monitoring konnte nur ein kleiner Teil möglicher Regelungen verglichen werden. Viele Bundesländer haben zuletzt zusätzliche Erleichterungen eingeführt, beispielsweise Nachweispflichten reduziert oder Stellplatz- und Brandschutzregelungen vereinfacht. Neben der schnelleren Bauleitplanung, dem Bürokratieabbau bei Bauvorschriften und der Digitalisierung bleibt daher auch die Beschleunigung der Bauordnungen eine Dauerbaustelle.
Den gesamten Monior mit tabellarischen Übersichten finden Sie hier auch zum Download: