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#GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt!

Bei ihrer Vollversammlung am 16. November 2023 hat die IHK-Organisation unter der Überschrift "#GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt!" in einem Grundsatzbeschluss zehn Punkte formuliert, die eine Zeitenwende der deutschen Wirtschafts- und Standortpolitik einläuten sollen.

Hier sind die Grundsatzbeschlüsse, deren Wortlaut nach dem Votum der Vollversammlung an die aktuelle Entwicklung angepasst wird: 

Die deutsche Wirtschaft gerät zunehmend in eine Schieflage. Einige Branchen haben sogar mit krisenhaften Entwicklungen zu kämpfen. Dabei werden strukturelle Herausforderungen aktuell durch schlechte konjunkturelle Vorgaben verstärkt. Der Standort Deutschland verliert an Attraktivität. Ausbleibende Investitionen und negative Konjunkturerwartungen unterstreichen dies.

Nur mit einem kräftigen Aufbruchssignal kann die Politik bei den Unternehmen wieder Vertrauen zurückgewinnen, das sie in den vergangenen Jahren verloren hat: Zu viele Ankündigungen, zu wenige gute Taten. Entgegen den Entlastungsversprechen sieht sich die Wirtschaft mit mehr Berichtspflichten und Vorgaben konfrontiert. Und weitere Belastungen sind noch auf der Agenda.

Der Frust, immer öfter auch die Verzweiflung, bei vielen Betrieben wachsen – und die Verlagerung von industrieller Produktion ins Ausland nimmt zu. Zudem bringen eine unsichere Energieversorgung, hohe Energie- und Rohstoffkosten sowie tiefgreifende Veränderungen durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und durch die demografische Entwicklung ohnehin große unternehmerische Herausforderungen mit sich. Aktuell erhöhen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik und seine Folgen die Verunsicherung. Das aber verstärkt den Druck in Richtung Reformen.

Die Unternehmen werden in der Breite nur dann wieder mehr Vertrauen in die Politik gewinnen, wenn positive Veränderungen in ihrer Praxis ankommen – schnell und konkret. Dabei geht es zunächst um mehr Vertrauen in die Eigeninitiative. Vor allem sollten sich die politisch Handelnden von der Vorstellung befreien, alles bis ins Kleinste regeln zu wollen. Die Königsdisziplin guter Politik sind einfache, nachvollziehbare Regeln mit guter Wirkung in der Praxis – vor allem in der betrieblichen Realität. Mit Detailsteuerung und sich widersprechenden Vorschriften überfordert der Staat nicht nur die Wirtschaft. Er überfordert nicht zuletzt sich selbst. Es werden Regeln, Pflichten, Vorgaben geschaffen, die am Ende ja auch kontrolliert werden müssen. Und es werden in der Sache Versprechungen gemacht, die in der Praxis oft nicht zu halten sind. Nicht mehr komplizierte Regeln, sondern mehr gute, wachstumsorientierte Politik wünschen sich die Betriebe!

Politik soll Leitplanken und Spielräume definieren, sie soll gute Rahmenbedingungen setzen. Und dann sollte sie das Vertrauen haben, dass die Unternehmen diesen Rahmen ausfüllen. Ein solches Zeichen der Anerkennung wäre wichtig. Gerade angesichts der multiplen Krisen muss die Politik mehr auf das Engagement und die Kreativität im Land setzen – und diese auch ermöglichen.

Die Botschaft der Politik muss sein: Wir brauchen euch, wir wollen euch machen lassen, wir setzen auf eure Eigenverantwortung – in den Unternehmen, in der Gesellschaft. Dann können wir Deutschland wirtschaftlich erfolgreich in die Zukunft führen. Dann kann gegenseitiges Vertrauen wieder entstehen. Dann können wir #GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt.

Wenn sich jeder auf seine Kernaufgaben konzentriert und die Stärken des anderen schätzt, dann kann ein Projekt erfolgreich sein – das gilt im Unternehmen, das gilt aber auch für unser Land insgesamt. Wir wollen uns als Wirtschaft einbringen in das Lösen von Problemen. Dazu muss Politik aber auch frühzeitig diese Perspektive der betrieblichen Praxis im Dialog berücksichtigen. Wir brauchen für ein erfolgreiches Deutschland ein neues Wir-Gefühl, geprägt von gegenseitigem Vertrauen, Wertschätzung und Dialog.

So schwierig die aktuelle Lage auch ist, sie bietet ein Momentum, jetzt die Zeitenwende in der Wirtschafts- und Standortpolitik einzuläuten. Wir brauchen mutige Weichstellungen jenseits von Populismus und Kleinmut. Weichenstellungen, die kurzfristig Entlastungen ermöglichen, die in der Praxis direkt ankommen und langfristige Maßnahmen, die den Standort Deutschland attraktiver gestalten.

Mit den folgenden zehn Punkten zeigt die DIHK auf, wo wir ansetzen müssen – in Gesamtverantwortung für unser Land, das vor allem von Engagement, Verantwortung und Weltoffenheit unserer Gesellschaft lebt.

Wachstum, Innovation und Veränderungsgeschwindigkeit in Deutschland werden durch die schier endlosen Planungs- und Genehmigungsverfahren ausgebremst. Das gilt für die schnelle Transformation der Industrie ebenso wie für den flächendeckenden Breitbandausbau, für eine attraktive Entwicklung der Städte und Gemeinden sowie für eine nachhaltige Verkehrswende. Wie Mehltau haben sich die unzähligen Regelungen auf das Land gelegt. Mit den LNG-Terminals und Ausnahmen für den Fuel-Switch hat die Politik in der Gaskrise den Mut bewiesen, wichtige Blockaden zu durchbrechen. Einige dieser Projekte konnten in Rekordzeit realisiert werden. Das kann und muss als Muster für einen umfassenden Befreiungsschlag von unnötiger Bürokratie dienen!

Bund und Länder haben sich mit dem Beschleunigungspakt verpflichtet, diese Blockaden aufzulösen. Unternehmen brauchen weitreichende Ausnahmen etwa für Investitionen in den Klima- oder Umweltschutz, Erleichterungen wie zum Beispiel mehr Anzeige- statt Genehmigungspflichten, verbindliche Fristen- und Stichtagsregelung für alle Beteiligten sowie Stichprobenkontrollen statt flächendeckender zeitintensiver Überwachung. Daher müssen der Ankündigung des Pakts nun rasch gesetzgeberische Taten folgen. Wir brauchen einen Kulturwandel in den Behörden, die Maxime muss sein, Projekte zu ermöglichen, statt sie durch Risikominimierung und kleinteilige Vorgaben zu beeinträchtigen.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Bund-Länder-Pakt lückenlos umsetzen

Die von Bund und Ländern im Pakt zur Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung beschlossenen zahlreichen Gesetzesänderungen müssen lückenlos umgesetzt werden. Teilweise enthält der Pakt Einschränkungen wie "soweit zweckmäßig" oder "europarechtlich zulässig". Für mehr Tempo müssen nun alle Maßnahmen ohne Einschränkungen in allen relevanten Gesetzen umgesetzt werden.

Zu den wichtigsten Beschleunigungsmaßnahmen gehören:
 

  • Genehmigungs- oder Zustimmungsfiktion: die Genehmigung oder Zustimmung der Behörde gilt nach Ablauf einer Frist ohne Widerspruch als erteilt
  • ​Stichtagsregelung: Bei der Zulassungsentscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen zu berücksichtigen.  
  • ​Erleichterung des vorzeitigen Baubeginns: bevor eine Genehmigung erteilt wird, können Unternehmen mit dem Bau beginnen
  • ​Verkürzte Fristen für die Planfeststellung oder Zulassungsentscheidung

Die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland muss mehr als halbiert werden, andernfalls werden Wachstum, Innovation und Veränderungsgeschwindigkeit in Deutschland durch diese endlosen Verfahren ausgebremst.  
 

Hintergrund: Bund und Länder hatten am 6. November 2023 als Teil des Deutschlandpaktes mehr als 60 Gesetzesänderungen zur Beschleunigung sowie Maßnahmen zur Digitalisierung und Verbesserung des Personals in Verwaltungen beschlossen.

Umfang von Antragsunterlagen reduzieren

Die Politik sollte nun verstärkt auch Genehmigungs- und Prüfpflichten für die Zulassung für Infrastrukturen, Anlagen oder Gebäude abbauen. Die bisher beschlossenen Beschleunigungsmaßnahmen konzentrieren sich auf Prozesse und Verfahren. Um die Verfahren für Unternehmen in der Praxis schneller zu gestalten, müssen auch zahlreiche unnötige Genehmigungs- und Prüfpflichten abgebaut werden. Konkret gelingt der Bürokratieabbau etwa durch höhere Bagatellschwellen für genehmigungsfreie Vorhaben oder Ausnahmen von Prüfungen bei Anlagenänderungen. Genehmigungspflichten sollten zudem vermehrt durch Anzeigepflichten ersetzt werden. Auch die Anzahl an Gutachten und Nachweisen sollten über alle Gesetze hinweg reduziert werden.

Durchgängige Digitalisierung sicherstellen

Die durchgehend digitale Beteiligung sollte über eine bundesweite Plattform für Antragssteller, Behörden und Gerichte gewährleistet werden. Denn Antragsunterlagen, Gutachten und Pläne sollten für die gesamte Verfahrensdauer von Antragsstellern, beteiligten Behörden und im Klagefall von Gerichten durchgängig digital abgerufen und bearbeitet werden können. So könnten Fachbehörden parallel daran arbeiten. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sollten dabei umfassend geschützt werden. Die Datenübertragung sollte auf Basis offener Standards und Schnittstellen erfolgen. Die öffentliche Hand sollte für eine Vernetzung der Register der öffentlichen Hand sorgen, damit das sogenannte "Once only"-Prinzip greifen kann: Unternehmen müssen Daten dann nicht mehrfach zuliefern, die bereits bei der öffentlichen Hand vorliegen.


Die Energiepreiskrise hat die deutsche Wirtschaft absehbar weiter im Griff. Nachhaltig gelöst werden kann sie mittel- bis langfristig nur durch eine erhebliche Ausweitung des Energieangebots, vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien. Mit der StromPartnerschaft schlägt die DIHK vor, über Investitionszuschüsse und eine Netzentgeltabsenkung für grüne Stromlieferverträge (PPA) den Ausbau zu beschleunigen. Zusätzlich müssen Anlagen schneller ans Stromnetz angeschlossen und die Weitergabe von Strom zum Beispiel in der Nachbarschaft erleichtert werden. Die angekündigte Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe ist überfällig, sollte aber auf alle Unternehmen ausgeweitet werden.

Neben einer Senkung der Stromsteuer würde eine dauerhafte Bezuschussung der Netzentgelte aus dem Bundeshaushalt finanziellen Freiraum für die Unternehmen schaffen. Neben Strom braucht die Wirtschaft auch große Mengen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen. Deutschland wird nur einen kleinen Teil selbst erzeugen können. Daher ist eine nachvollziehbare Importstrategie zentral. Wir brauchen rasch Klarheit über den Infrastrukturausbau, damit der Wasserstoff auch bei den Unternehmen ankommt. Zusätzlich sollte die Bundesregierung schnellstmöglich die Förderung von heimischem Schiefergas als Brücke sowie CCS (Carbon Capture and Storage) und CCU (Carbon Capture Utilization) in Deutschland erlauben. 

Wir brauchen mehr Energieoptionen am Standort Deutschland – auch jenseits von Wind und Sonne. Dazu gehören neben Geothermie und Biomasse auch Kohle und Schiefergas als heimische Energiequellen, um hohe Belastungen in der Energieversorgung – durch volatile erneuerbare Energien ebenso wie durch externe Schocks – abzufedern.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Energieangebot ausweiten

Es sollten Anreize für StromPartnerschaften etabliert werden, um das Stromangebot auszubauen. Hierfür sollten Direktstromlieferverträge zwischen erneuerbaren Anlagenbetreibern und Industrie- und Gewerbekunden durch einen Investitionszuschuss und reduzierte Netzentgelte an Attraktivität gewinnen. Vorbild zur Ausgestaltung des Investitionszuschusses kann der IRA in den USA sein oder das Wachstumschancengesetz. Die Entlastung bei den Netzentgelten sollte umso größer ausfallen, je näher Energieerzeugung und Verbrauch in räumlicher Nähe liegen. Dies entlastet die Netze und stärkt die regionale Wirtschaft. Im Ergebnis werden die Stromkosten gesenkt und Investitionen aus der Privatwirtschaft in den Ausbau erneuerbarer Energien mobilisiert.


Hintergrund: Die Stromkosten haben sich im Vergleich zum Vorkrisenniveau mehr als verdoppelt. Gleichzeitig reicht der aktuelle Ausbau im Bereich der Windkraft an Land und der Netzausbau für die Windkraft auf See nicht aus, um die Ziele der Bundesregierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu erreichen. Aufgrund des Mangels in Deutschland an grünem Strom kauft die Wirtschaft aktuell Grünstromzertifikate aus dem Ausland, um ihre betrieblichen Klimastrategien umzusetzen. Damit einher gehen erhebliche Wertschöpfungsverluste am Standort Deutschland.

Stromzusatzkosten reduzieren

Die Stromkosten sollten von zusätzlichen Steuern, Abgaben, Umlagen und zunehmend steigenden Netzentgelten entlastet werden. Daher sind die verbleibenden Umlagen und Abgaben in den Bundeshaushalt zu überführen sowie die Netzentgelte dauerhaft zu bezuschussen. Dazu gehört auch, die im Strompreispaket beschlossene Reduzierung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe auf alle Branchen auszuweiten. Für das Gelingen der Transformation ist es notwendig, dass Unternehmen elektrifizieren können. Daher sollte Strom im Vergleich zu fossilen Energieträgern günstiger sein und nicht durch zusätzliche Kostenbestandteile verteuert werden.


Hintergrund: Mit einem Anteil von gut 25 Prozent und durchschnittlich 6,5 ct/kWh belasten die Netzentgelte die Stromkosten der Betriebe. Ohne einen Bundeszuschuss wird der prozentuale Anteil der Netzentgelte aufgrund des Netzausbaus zukünftig weiter ansteigen. Die Übernahme verbleibender Abgaben und Umlagen in den Bundeshaushalt kann die Unternehmen im Schnitt um 1,25 ct/kWh entlasten. Darüber hinaus zahlen auch heute noch zahlreiche Branchen wie Handel, Hotellerie und Gastronomie oder Dienstleistungsbetriebe die volle Stromsteuer von 2,05 ct/kWh. Eine Reduzierung der Stromnebenkosten kann die Breite der Wirtschaft entsprechend um bis zu 6,00 ct/kWh entlasten.

 Heimische Ressourcen und Infrastruktur ausbauen

Die Politik muss klar signalisieren, dass heimische Ressourcen wie Gasvorkommen oder Geothermiepotenziale durch modernste Technologien zu erschließen sind. Dabei sollten rechtliche Unklarheiten abgebaut und Genehmigungsbehörden befähigt werden. Denn die Unternehmen sind auf eine sichere und zukunftsfähige Versorgung mit Prozesswärme angewiesen. Zusätzlich sollten verstärkt langfristige Energiepartnerschaften mit Drittstaaten geschlossen werden, um die Energieversorgung am Standort Deutschland abzusichern. Dafür ist eine moderne Infrastruktur notwendig, welche im Rahmen der neuen "Deutschlandgeschwindigkeit" errichtet werden sollte.


Hintergrund: Die Energieversorgung von Deutschland war stets auf Importe angewiesen. Als Faustregel gilt, dass etwa 70 Prozent des Energiebedarfs importiert werden müssen. Darunter fallen insbesondere die Öl- und Gasimporte. Mit der Transformation und der Energiewende in Deutschland wird sich der Anteil der Importe nur geringfügig ändern. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Lieferbeziehungen diversifizieren und heimische Potenziale, wo möglich, gehoben werden. 

Erleichterungen der Fachkräfteeinwanderung sind angesichts des Fachkräftemangels wichtig. Die neuen Regelungen sind jedoch im Detail weiterhin zu komplex und überfordern KMU sowie die Umsetzungsbehörden vielfach. Sie sollten daher nicht als in Stein gemeißelt gelten, sondern parallel zur Umsetzung ständig auf dem Prüfstand stehen. Warum können Unternehmen nicht vor allem selbst entscheiden, wer als Fachkraft in Frage kommt?

Menschen mit Berufserfahrung sollten daher auch mit Arbeitsvertrag und einem Jahreseinkommen von 30.000 Euro zu uns kommen können. Sinnvoll ist zudem eine bundesweite Clearingstelle mit ausreichend Kompetenzen und Kapazitäten, an die sich Unternehmen bei praktischen Problemen wenden können. Insgesamt müssen die Verwaltungsprozesse deutlich schneller werden – vor allem über eine stärkere Digitalisierung.

Mehr Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen Staat und Wirtschaft sind auch Teil der Lösung. Jetzt können AHKs mit Auslandsvertretungen Vereinbarungen schließen, die eine schnellere Bearbeitung von Geschäftsreisevisa ermöglichen – dies sollte auf die Fachkräfteeinwanderung ausgedehnt werden. Im Inland sollten Länder und Kommunen die IHKs als Selbstverwaltung der Wirtschaft stärker als Kooperationspartner ihrer Ausländerbehörden sehen. Daneben sollte die Einrichtung zentraler Ausländerbehörden in den Ländern weitergehen, um kompetente Ansprechpartner auch für Betriebe zu bieten.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Visumprozess digitalisieren

Um das gesamte Zuwanderungsverfahren schneller und transparenter zu machen, muss der Visumprozess digitalisiert werden – beginnend mit einer Antragstellung im Onlineverfahren. Auch Stand und Fortgang des Verfahrens sollten für Unternehmen und Antragstellende in diesem digitalen Prozess in Echtzeit einsehbar sein. Die Visastellen müssen mit ausreichend Kapazitäten ausgestattet sein, damit sie nicht zum Flaschenhals werden. AHKs sollten zudem bei der Antragstellung helfen können und damit zur Beschleunigung beitragen – nicht nur bei Geschäftsreisevisa, sondern auch bei Fachkräften.


Hintergrund: Monatelange Wartezeiten auf einen Visumtermin bei der Botschaft sind heute keine Seltenheit und schrecken Unternehmen und gesuchte Fachkräfte ab. Laut aktuellem DIHK-Fachkräftereport wünscht sich mehr als jedes zweite Unternehmen, für das die Fachkräfterekrutierung aus Drittstaaten eine Option ist, eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verwaltungsverfahren. Das Auswärtige Amt hat den Prozess der Visumdigitalisierung begonnen, dieser muss zügig umgesetzt werden.

Bundesweite Clearingstelle einrichten

Bei praktischen Problemen, Fragen, Beschwerden und Unklarheiten im laufenden Zuwanderungsverfahren brauchen Unternehmen und Fachkräfte eine solche Stelle, um schnell Unterstützung zu bekommen und Probleme rasch zu lösen. Diese Clearingstelle muss neben der Problemlösung die eingehenden Anliegen systematisch aufbereiten und als Evaluationsgrundlage für das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nutzen.


Hintergrund: Vielfach fehlt den Unternehmen die Möglichkeit, sich bei Fragen, Problemen und stockenden Prozessen an einen Ansprechpartner zu wenden. Unternehmen berichten, dass Auslandsvertretungen und Ausländerbehörden oft kaum erreichbar seien und E-Mails unbeantwortet blieben. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist nach wie vor komplex und nicht ausreichend transparent. Es muss ständig auf dem Prüfstand stehen, und es bedarf bei Fehlentwicklungen einer schnellen Steuerung – dafür sind die Unternehmenserfahrungen als Grundlage unverzichtbar. Die im Gesetz vorgesehene Erstansprechstelle beim BAMF scheint zwar auf die Erfassung und Auswertung von Schwierigkeiten, aber nicht primär auf deren Lösung abzuzielen.

 Zentrale Ausländerbehörde in jedem Bundesland schaffen

Dort lässt sich wichtiges Know-how speziell für die Fachkräftezuwanderung aufbauen und bündeln, um die Prozesse zu beschleunigen. Für Unternehmen und ihre Fachkräfte müssen dort erreichbare Experten zur Verfügung stehen. Zudem sollte es verstärkt Kooperationen und regelmäßigen Austausch zwischen IHKs und Ausländerbehörden geben. So lassen sich gegenseitig Informationslücken aus den spezifischen Bereichen Wirtschaft und Verwaltung schließen und mit gemeinsamem Verständnis praktische Probleme lösen. IHKs können zudem im Rahmen solcher Kooperationen unter anderem beim "beschleunigten Verfahren" die Betriebe unterstützen, Unterlagen zusammenstellen und so Prozesse beschleunigen.


Hintergrund: IHKs und Betriebe berichten von langen Verfahrensdauern in den Ausländerbehörden und von unterschiedlichen Entscheidungen bei gleichem Sachverhalt. Die gesetzlichen Regelungen zur Fachkräfteeinwanderung sind komplex und nicht immer sind die regionalen Ausländerbehörden auf dem neuesten Stand, zudem können dort Personalengpässe und unter anderem Asylentscheidungen die Fachkräfteverfahren verzögern. Viele IHKs äußern den Wunsch zum besseren, regelmäßigen Austausch mit den Ausländerbehörden. Bereits bestehende Kooperationen zwischen IHK und Ausländerbehörden helfen, Verfahren im Sinne der Betrieb zu beschleunigen.

Die Bewältigung der aktuellen Krisen, die Digitalisierung und die Transformation der Wirtschaft zur Klimaneutralität erfordern herausragende Investitionsbedingungen am Standort Deutschland. Die Steuerpolitik sollte daher stärker als Instrument einer aktiven wirtschaftspolitischen Standortpolitik und Investitionsförderung verstanden werden. Denn mittel- und langfristig werden wir nur auf Basis erfolgreicher Unternehmen und einer wachsenden Wirtschaft nachhaltig steigende Steuereinnahmen des Staates sichern.

Eine echte Unternehmensteuerreform muss daher Kernbestandteil einer ambitionierten Zukunftspolitik sein. Es gilt, vorrangig die Investitionskraft der Unternehmen zu stärken. Denn gerade in Zeiten der Transformation in Richtung Klimaneutralität brauchen wir deutlich mehr private Investitionen – auf diesen erfolgskritischen Aspekt wird bis heute viel zu wenig geachtet. Die nominale Steuerbelastung sollte daher jetzt rechtsformunabhängig von derzeit in der Regel über 30 Prozent auf ein wettbewerbsfähiges Niveau reduziert werden. Denn das Belastungsniveau in anderen Industriestaaten liegt in vielen Fällen nicht höher als 25 Prozent.

Stabile kommunale Steuereinnahmen sind ohne Frage wichtig. Dazu sollte die Gewerbesteuer perspektivisch durch eine gewinnabhängige Kommunalsteuer mit einem eigenen Hebesatzrecht ersetzt werden. Gleichzeitig sollte eine systemfremde und investitionsfeindliche Besteuerung von Kosten unterbleiben – das betrifft insbesondere die Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer. Eine unterschiedliche Finanzierung – entweder über Eigen- oder Fremdkapital – darf nicht mehr zu einer diskriminierenden Besteuerung führen – denn auch das wirkt negativ auf Investitionen. Der "Mittelstandsbauch" im Einkommensteuertarif bremst das wirtschaftliche Engagement von Unternehmern wie Beschäftigten – er sollte abgeflacht und der Solidaritätszuschlag komplett abgeschafft werden. Beides würde die Investitionskraft der Unternehmen erhöhen. Höhere oder neue Steuern auf die Substanz von Unternehmen, wie zum Beispiel bei der Erbschaftsteuer oder der Vermögensteuer, verbieten sich im Gegenzug.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Unternehmensteuerreform jetzt angehen

Kern einer ambitionierten Zukunftspolitik sollte eine echte Unternehmensteuerreform sein. Diese sollte in erster Linie die im internationalen Vergleich hohe Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland von derzeit in der Regel über 30 Prozent auf ein wettbewerbsfähiges Niveau reduzieren. Das Belastungsniveau in anderen Industriestaaten liegt in vielen Fällen nicht höher als 25 Prozent. Zu einer Unternehmensteuerreform gehört es aber auch, die steuerlichen Abschreibungen zu beschleunigen sowie die Verlustverrechnung im Steuerrecht zu verbessern. Diese Maßnahmen verbessern dauerhaft die Liquidität der Unternehmen und schaffen Freiräume für zusätzliche Investitionen. Denn die privaten Investitionen der Unternehmen machen rund 90 Prozent aller Investitionen in Deutschland aus. Sie sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Transformation der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität und Digitalisierung. Mit der Unternehmensteuerreform sollte zudem das Steuerrecht deutlich vereinfacht und Steuerbürokratie abgebaut werden, wie zum Beispiel durch deutlich kürzere Aufbewahrungsfristen.


Hintergrund: Die letzte Unternehmensteuerreform, mit der die Belastung deutlich reduziert wurde, liegt mittlerweile 15 Jahre zurück. Seitdem ist das deutsche und internationale Unternehmensteuersystem vor allem komplexer geworden. Unternehmen müssen einen erheblichen Anstieg vor allem ihrer Compliance-Kosten schultern, die unter anderem durch aufwendige Berichtspflichten der Unternehmen entstehen.

Gewerbesteuer ersetzen

Die Gewerbesteuer als die dominierende Gemeindesteuer sollte perspektivisch durch eine gewinnabhängige Kommunalsteuer ersetzt werden – mit einer Bemessungsgrundlage im Gleichlauf mit der Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer. Dies stabilisiert die kommunalen Steuereinnahmen, die nötig sind, um vor Ort auch für Unternehmen eine leistungsstarke Infrastruktur zu bieten. Dabei sollte die Kommune auch wie bisher bei dieser Steuer ein eigenes Hebesatzrecht erhalten, um auch zukünftig den Standortwettbewerb der Kommunen untereinander zu ermöglichen. Zudem sollte kurzfristig die investitionsfeindliche Besteuerung von Kosten bei der Gewerbesteuer unterbleiben – insbesondere die Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer wie etwa bei Mieten, Pachten oder Zinszahlungen. Die international nicht übliche Gewerbesteuer sorgt bei den Unternehmen nicht nur für eine hohe Steuerbelastung, sondern auch für einen hohen bürokratischen Aufwand, da die Unternehmen hierfür eine gesonderte Steuererklärung anfertigen müssen.


Hintergrund: Die jährlichen Hebesatzumfragen der DIHK zeigen, dass die kommunalen Hebesätze bei der Gewerbesteuer oft nur eine Richtung kennen – aufwärts. Folglich erhöht sich die Steuerbelastung der Unternehmen vor Ort. Ein Grund dafür ist die Ausgestaltung der Gewerbesteuer mit einer eigenen Bemessungsgrundlage, was zudem auch die Bürokratiekosten der Unternehmen in die Höhe treibt. Ein Zuschlagsrecht auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer beispielsweise würde diese Bürokratie deutlich verringern, die Kostenbesteuerung bei der Gewerbesteuer abbauen und den Gemeinden eine verlässlichere Einnahmequelle bieten. 


Der Fachkräftemangel spitzt sich vor allem im Bereich der beruflich Qualifizierten zu. Unternehmen finden immer weniger Ausbildungsbewerber. Wer aber heute als Azubi fehlt, der fehlt in den Betrieben morgen als qualifizierte Fachkraft. Wir müssen daher gemeinsam daran arbeiten, dass die duale Ausbildung die gesellschaftliche Anerkennung erhält, die sie verdient. Wir wollen ihr Erfolgsrezept, die enge Verbindung von Theorie und Praxis sowie die hervorragenden beruflichen Perspektiven, bekannter machen. Bundesregierung und Länder sollten den im Koalitionsvertrag angekündigten Berufsschulpakt und die hierzu notwendigen Investitionen in den Berufsschulen in Angriff nehmen. Denn ohne gute Berufsschulen steht die duale Ausbildung auf einem Bein schlecht. Außerdem gilt in Zeiten des Fachkräftemangels: Außerbetriebliche Ausbildung sollte die absolute Ausnahme bleiben.

Eine erfolgreiche Ausbildung fängt bereits in der Schule an. Wir brauchen daher eine verpflichtende und ausgewogene Berufsorientierung als Kernaufgabe aller Schulformen. Nur so können Schulabgänger flächendeckend ihre individuell beste Berufswahl treffen. Auch Gymnasien müssen gleichermaßen über die vielfältigen Chancen einer Ausbildung informieren – und nicht nur über das Studium. Politik und Wirtschaft sollten sich gemeinsam dafür einsetzen, möglichst viele Potenziale für Ausbildung zu nutzen, die von Leistungsstarken ebenso wie die von jungen Menschen mit Startschwierigkeiten oder Fluchtgeschichte. Dazu helfen eine konsequentere Nutzung von Einstiegsqualifizierung, Assistierter Ausbildung und ehrenamtlicher Begleitung durch Mentoren.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Berufliche Bildung wertschätzen – Berufsorientierung stärken

Bundesregierung, Bundesländer, Wirtschaft und Gewerkschaften sollten sich dafür engagieren, dass die Wertschätzung der Beruflichen Bildung steigt. Die Bundesländer sollten eine ausgewogene und praxisorientierte Berufsorientierung zur Pflichtaufgabe an allen Schulen machen. Gymnasien dürfen daher nicht nur über das Studium, sondern müssen auch über die vielfältigen Chancen einer Ausbildung und Höheren Berufsbildung informieren. Die Bundesregierung sollte zudem gemeinsam mit den Kammern das Instrument der Ausbildungsbotschafter flächendeckend stärken, die Etablierung eines Deutschen Beruflichen Austauschdienstes analog zum Deutschen Akademischen Austauschdienst vorantreiben und ihre Exzellenzinitiative Berufliche Bildung schärfen.


Hintergrund: Laut aktueller DIHK-Ausbildungsumfrage kann fast die Hälfte der IHK-Ausbildungsbetriebe nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. 80 Prozent der IHK-Betriebe wollen laut DIHK-Ausbildungsumfrage ihr Engagement für die berufliche Orientierung ausbauen. Dazu gehören Berufsorientierungsangebote wie die Ausbildungsbotschafter und Schülerpraktika. DIHK und IHKs haben im letzten Jahr eine bundesweite Kampagne mit authentischen Azubis gestartet, die Schulabgänger und deren Eltern für eine IHK-Ausbildung begeistern will. 

Berufsschulpakt starten

Bundesregierung und Bundesländer sollten den schon lange angekündigten Berufsschulpakt starten und die dafür notwendigen Investitionen vornehmen. Dazu zählen eine gute und moderne Ausstattung der Schulgebäude – mit einer verlässlichen IT-Infrastruktur, mit modernen Lernmedien sowie ausreichend und gut qualifizierten Lehrkräften. Vor allem muss die digitale Ausstattung der beruflichen Schulen auf die Höhe der Zeit gebracht werden.


Hintergrund: Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag einen gemeinsamen Berufsschulpakt mit den Bundesländern angekündigt. Inzwischen liegen erste Eckpunkte vor, die aus DIHK-Sicht nicht ausreichen, da sie zwar Austauschformate, aber keinerlei Investitionen vorsehen. 

 Betrieblicher Ausbildung Vorfahrt geben

Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass bei der Umsetzung der gesetzlich verankerten Ausbildungsgarantie betriebliche Ausbildung und Einstiegsqualifizierungen Vorfahrt vor außerbetrieblicher Ausbildung behalten. Nur so werden Fachkräfte qualifiziert, die die Betriebe tatsächlich benötigen, und Fehlinvestitionen vermieden.


Hintergrund: Die im Sommer 2023 gesetzlich verankerte Ausbildungsgarantie sieht einen Rechtsanspruch auf außerbetriebliche Ausbildung in Regionen mit "erheblicher Unterversorgung" vor. Angesichts zahlreicher unbesetzter betrieblicher Plätze und knapper öffentlicher Kassen muss außerbetriebliche Ausbildung die Ausnahme bleiben. Stattdessen sollten Einstiegsqualifizierungen, Assistierte Ausbildung und die ehrenamtliche Begleitung durch Mentoren konsequenter genutzt werden. 

Die Innovationstätigkeit der Unternehmen hierzulande ist auf einem historischen Tiefststand. Zu oft werden Forschung und Innovation in Deutschland durch komplizierte und bürokratische Regeln ausgebremst. Notwendige Innovationen für die Transformation der Wirtschaft werden so nicht getätigt. Wir brauchen einfachere Verfahren, technologieoffene Förderprogramme und mehr Digitalisierung gerade auch in der Forschungspolitik. Die Politik sollte kurzfristig das Reallabore-Gesetz auf den Weg bringen. Denn Reallabore und Experimentierklauseln sind eine niedrigschwellige Möglichkeit für Betriebe, Innovationen im Rahmen eines gelockerten Regulierungsrahmens voranzutreiben – und damit neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen voranzutreiben.

Viele Unternehmen haben zwar bereits Maßnahmen zur Digitalisierung ergriffen, die Potenziale sind allerdings längt noch nicht ausgeschöpft. Hinzu kommen die vielfältigen Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz. Wir brauchen hierfür gute Bedingungen, damit Unternehmen in Deutschland KI-Modelle entwickeln, weiterverwenden und nutzen können. Dazu gehören einheitliche Normen und Standards, mehr Rechtssicherheit und weniger Bürokratie, damit das KI-Potenzial nicht ungenutzt bleibt. Die Bundesregierung ist gefragt, schnell Klarheit bei der Umsetzung des AI-Acts zu schaffen. Start-ups müssen durch den erleichterten Zugang zu Daten, Rechenleistung und Kapital unterstützt werden.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Verfahren vereinfachen – mit Hilfe von Reallaboren

Die Bundesregierung sollte rasch das Reallabore-Gesetz auf den Weg bringen. Reallabore sind ein hilfreiches Instrument, um Innovationen in einem gelockerten Rechtsrahmen zu ermöglichen und zugleich Regulierungen zu vereinfachen. Mit Hilfe von Reallaboren können Vorschriften und Richtlinien zurückgefahren, Vorgaben praxisnäher ausgerichtet und schließlich auch der Transfer in die Praxis erleichtert werden. Darüber hinaus sollte die Politik die Bürokratie auf den Prüfstand stellen, die Innovationen belasten wie zum Beispiel der Umfang von Zulassungs- und Genehmigungsverfahren.


Hintergrund: Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung das Ziel formuliert, ein Reallabore-Gesetz zu schaffen, das neue Freiräume zur Erprobung von Innovationen ermöglicht. Dies ist nötig, denn die Innovationstätigkeit der Unternehmen hierzulande ist auf einem historischen Tiefststand. Der Mangel an Fachkräften und die zunehmende Bürokratie bremsen die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stark aus (DIHK-Innovationsreport 2023). 

Künstliche Intelligenz – Europa braucht einen klaren Regulierungsrahmen

Die Bundesregierung ist gefragt, schnell Klarheit bei der Umsetzung des AI-Acts zu schaffen, welcher voraussichtlich 2024 beschlossen wird. Eine Einigung in dieser Legislaturperiode würde Rechts- und Planungssicherheit für die deutsche Wirtschaft schaffen. Dabei sollte die Gestaltung einer nationalen Behörde im Fokus stehen, die über die Implementierung des AI-Acts in Kooperation mit dem geplanten europäischen AI-Office wacht. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Abstimmung von nationalen, europäischen und internationalen Standardisierungsgremien, damit die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und Europa nicht durch unterschiedliche Normen eingeschränkt wird. Deshalb sind erweiterte Kooperationen im Bereich KI mit Partnern, wie den USA und Großbritannien, essenziell.
 

Um ein nationales KI-Ökosystem zu etablieren, brauchen Start-ups und KMU größere Unterstützung, insbesondere einen erleichterten Zugang zu Daten, Rechenleistung und Risikokapital. Unternehmen würden von einer besseren Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette profitieren. Ein etablierter Wissensaustausch über Kompetenzzentren und KI-Hubs würde die Anwendung von KI in der Breite der Wirtschaft fördern. Mit Blick auf die nationale und grenzüberschreitende Vernetzung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen kann die Bundesregierung als Mediator unterstützen.


Hintergrund: Die DIHK-Digitalisierungsumfrage 2022/2023 zeigt, dass der Mangel an zeitlichen und finanziellen Ressourcen die größte zu überwindende Hürde bei der Realisierung von Digitalisierungsvorhaben darstellt. Digitalisierung ist jedoch eine wichtige Grundvoraussetzung für die Integration von KI-Systemen. Bisher wenden lediglich 14 Prozent der Unternehmen KI an, 23 Prozent planen dies in der Zukunft (2022). Dieser Trend verdeutlicht, dass die Unternehmenslandschaft risikoavers operiert und einen klaren Regelungsrahmen braucht, um die Technologie strategisch einzusetzen. Hierzu bietet der AI-Act eine erste Grundlage, die aber auf internationaler und nationaler Ebene durch strategische Maßnahmen flankiert werden muss.

 Mit DATI den Wissenstransfer verbessern

Die geplante Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) sollte sich für einen effektiven Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft einsetzen. Dieser sollte themen- und akteursoffen sowie unbürokratisch umsetzbar sein. Dazu sollte mit regionalen Transferpartnern zusammengearbeitet werden: Bundesweit unterstützen 140 Innovations- und Technologieberaterinnen und -Berater der IHK-Organisation Unternehmen beim Technologietransfer.


Hintergrund: Die Potenziale bei Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft liegen brach. Jedes vierte Unternehmen sieht laut DIHK-Innovationsreport 2023 die regionalen Zusammenarbeitsmöglichkeiten mit der Wissenschaft als verbesserungswürdig an.

Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt am Exportgeschäft, in der Industrie sogar jeder zweite. Die deutschen Unternehmen leben vom globalen Wettbewerb. Gleichzeitig profitieren deutsche Konsumenten von dem breiteren und günstigen Warenangebot, das durch den internationalen Handel möglich wird. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Protektionismus, gestiegener geopolitischer Risiken und einer geringeren Wettbewerbsfähigkeit benötigen wir eine kluge EU-Handelspolitik und eine ambitionierte EU-Wettbewerbsagenda. Dabei müssen wir unseren Partnern auf Augenhöhe begegnen.

Zum Abbau von Handelshemmnissen und der Sicherung und Diversifizierung von Lieferketten brauchen wir den raschen Abschluss von Handelsabkommen mit Mercosur, Indonesien und Indien sowie weiteren Zukunftsmärkten sowie verlässliche transatlantische Handelsbeziehungen. In Zeiten einer sich abzeichnenden Fragmentierung der Weltwirtschaft kommt einer Reform der Welthandelsorganisation (WTO) als Hüterin multilateraler Handelsregeln eine immer höhere Bedeutung zu. Für die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft sind internationale Kooperationen unerlässlich: Statt eines Subventionswettlaufs und komplexer unilateraler Instrumente wie des CO2-Grenzausgleichmechanismus CBAM brauchen wir einen internationalen Klimaclub. Damit die notwendige Diversifizierung gelingen kann, brauchen die Unternehmen praxisnahe Regeln.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Abschluss von Handelsabkommen vorantreiben

Die Bundesregierung sollte sich für die rasche Ratifizierung der EU-Abkommen mit Chile, Neuseeland und Kenia sowie den Abschluss der Abkommen mit Mercosur, Indien, Indonesien, Mexiko, Thailand und Australien einsetzen. Mit den USA sollten die Zollkonflikte beigelegt und Handelshemmnisse wie Doppelzertifizierungen abgebaut werden. Weniger als die Hälfte des EU-Außenhandels wird durch Handelsabkommen abgesichert. Viele wichtige Märkte bleiben ohne diese Abkommen für deutsche Unternehmen schwer zugänglich. Unternehmen brauchen ehrgeizige Handelsabkommen mit wichtigen Handelspartnern, um die Weltmärkte für deutsche Unternehmen zu öffnen und die Lieferketten abzusichern und zu diversifizieren. Die Bundesregierung sollte zudem die Reform der Welthandelsorganisation (WTO) vorantreiben, um den regelbasierten Welthandel abzusichern. Handel mit Drittstaaten, mit denen die EU keine Handelsabkommen hat, werden nur über die Regeln der WTO abgedeckt. Die WTO setzt einheitliche Regeln für den Welthandel durch, ist aber in einer Krise, unter anderem durch einen nicht funktionsfähigen Streitbeilegungsmechanismus und durch eine notwendige Modernisierung.


Hintergrund: Über die Hälfte der außereuropäischen deutschen Exporte ist nur durch WTO-Regeln abgedeckt. Über die Hälfte der auslandsaktiven Unternehmen wünscht sich zur Unterstützung ihrer Diversifizierungsbemühungen ehrgeizige Handelsabkommen mit wichtigen Handelspartnern, 38 Prozent wünschen sich bessere multilaterale Regeln etwa in der WTO (Quelle: Going International 2023)

Weniger Bürokratie im Außenhandel

Die Politik sollte bei der Vielzahl an Nachhaltigkeitsregulierungen viel stärker den Austausch mit Handelspartnern suchen, auf eine unbürokratische Ausgestaltung setzen und die Unternehmen bei der Umsetzung unterstützen. Weltweit nimmt der Protektionismus zu, aber auch die deutsche und europäische Außenhandelsbürokratie (CBAM, Lieferkettengesetz, Entwaldungsverordnung et cetera) erschwert den Handel. Dies zu begrenzen und somit wettbewerbsfähiger zu werden, haben wir in der eigenen Hand. Die Politik sollte sich für Praxisnähe bei der anstehenden Reform der EU-Zollunion einsetzten. Hierzu gehören vor allen Dingen ein zeitnaher Abbau komplexer Zollbestimmungen und -tarife, ein effektives gemeinsames Risikomanagement und die Umsetzung von in der Vergangenheit versprochenen Erleichterungen für autorisierte Wirtschaftsbeteiligte (AEO), die zu über 70 Prozent aus KMU bestehen.


Hintergrund: 56 Prozent der auslandsaktiven Unternehmen haben im Jahr 2022 eine Zunahme von Handelsbarrieren bei ihren internationalen Geschäften gespürt, so viele wie noch nie seit Beginn der Umfrage. 23 Prozent der Unternehmen ab 3.000 Beschäftigte, die im Jahr 2023 unter das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz fallen und Maßnahmen zur Minimierung von menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken in ihren Lieferketten planen, planen den Rückzug oder die Beendigung von Geschäftsbeziehungen aus Risikomärkten. (Quelle: Going International 2023)

Weniger Staat im Außenhandel

Einen staatlich gelenkten Außenhandel und eine staatliche Prüfung von Auslandsinvestitionen sieht die Wirtschaft kritisch. Vor dem Hintergrund einer notwendigen Diversifizierung sollten Entscheidungen über Lieferketten weiterhin von Unternehmen getroffen werden. Die Wirtschaft steht hinter Entscheidungen der Politik zum Schutz der nationalen Sicherheit, etwa bei der Reduzierung kritischer Abhängigkeiten. Diese Abwägung findet jedoch immer in einem Spannungsfeld statt und sollte im Austausch mit der Wirtschaft erfolgen.


Hintergrund: Die EU analysiert gezielt die strategischen Abhängigkeiten etwa im Rohstoff-, Energie- und Technologiebereich und sucht Lösungen für deren Reduktion. Die neue EU-Wirtschaftssicherheits-Strategie zielt auf die Reduktion strategischer Abhängigkeiten und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ab: Wettbewerbsfähigkeit der EU fördern, das Handelsschutz-Instrumentarium verbessern und mehr Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern. Konkret sollen etwa Exportkontrollen und Investitionsprüfungen in der EU stärker harmonisiert werden.


Zirkuläres Wirtschaften und ressourcenschonende Technologien werden in der Transformation immer wichtiger. Deutschland und Europa sollten hier neue Wertschöpfungs- und Beschäftigungspotenziale erschließen. Das kann zugleich ein Beitrag zum Abbau von Rohstoffabhängigkeiten sein. Eine größere Rohstoffunabhängigkeit verlangt aber auch das stärkere Erschließen eigener Rohstofflager. Überregulierungen durch Normen zum Beispiel in Bezug auf Produkteigenschaften und Recyclingfähigkeit reduzieren jedoch bislang die Chancen in diesem Bereich.

Wir haben in Deutschland bereits relativ hohe Recyclingquoten und industrielles Know-how bei zirkulären Produktionsprozessen. Diesen guten Ausgangpunkt müssen wir in Marktchancen ummünzen und nutzen für eine technische Vorreiterrolle, die auch dem Klimaschutz zugutekommt. Reallabore fördern hierzu Innovationen für zirkuläres Wirtschaften und stärken regionale Wirtschaftskreisläufe.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Zirkuläres Wirtschaften möglich machen

Die Bundesregierung sollte die Rahmenbedingungen schaffen, damit Betriebe die Kreislaufwirtschaft intensiver als bisher nutzen können. Dazu gehört erstens, dass die Vergabekriterien in der öffentlichen Beschaffung Sekundärrohstoffe aus Recycling stärker als bisher berücksichtigen. Dies würde die Schaffung eines Marktes für Produkte aus recyceltem Material unterstützen. Zweitens sollte die Innovationskraft der Unternehmen gestärkt werden, damit Stoffkreisläufe umfassend und weitgehend geschlossen werden können. Hierfür bieten sich zum Beispiel Reallabore an, die Freiräume zur Erprobung von Innovationen ermöglichen. So kann auf langwierige Genehmigungsverfahren für neue Technologien zunächst verzichtet werden. Drittens kann eine Schließung von Stoffkreisläufen zum Beispiel auch durch eine angepasste Regelung zum Abfallende von Baustoffen unterstützt werden. Hier sollte die nationale Abfallende-Verordnung in Einklang mit der nationalen Ersatzbaustoffverordnung gebracht werden. Das unterstützt die Einführung von mineralischen Ersatzbaustoffen in den Stoffkreislauf und trägt dazu bei, dass diese Baustoffe als hochwertige und qualitätsgesicherte Recycling-Produkte wahrgenommen werden.


Hintergrund: Mehr als 50 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen entstehen durch die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen. Im Einklang mit den Vorgaben der Europäischen Union strebt die Bundesregierung daher die Transformation der immer noch stark linear geprägten Wirtschaft hin zu einer zirkulären Kreislaufwirtschaft an. Dabei steht werterhaltende Ressourcennutzung im Vordergrund, die den gesamten Lebenszyklus von Produkten betrachtet. 

Digitaler Produktpass als Chance für die Transformation

Für eine breite Akzeptanz der Digitalen Produktpässe (DPP) im deutschen Mittelstand muss seitens der Politik sichergestellt werden, dass DPPs nicht als weitere Anforderung, sondern als Chance für eine ressourcenschonende und klimaneutrale Produktion verstanden wird. Digitale Produktpässe sollen das zirkuläre Wirtschaften möglich machen. Daher ist der Aufwand für zusätzliche Berichtspflichten zu minimieren. Zudem muss sichergestellt werden, dass wettbewerbsrelevante Informationen geschützt sind. Ein erfolgreicher DPP-Ansatz kann nur gelingen, wenn die gleichberechtigte Zusammenarbeit aller Lieferkettenakteure auf Augenhöhe sichergestellt ist. Hierzu zählt die Teilhabe des deutschen Mittelstands bei der Entwicklung und Umsetzung von DPP-Ansätzen.


Hintergrund: Als Baustein des Europäischen Green Deals hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, die Regelungen zum Thema Ökodesign grundlegend zu überarbeiten, um nachhaltigere Produkte zu fördern. Ein wichtiger Bestandteil soll ein "Digitaler Produktpass" werden. Er soll die Transparenz hinsichtlich der Umweltauswirkungen von Produkten erhöhen und Reparaturen und Recycling vereinfachen. Zusätzlich sollen die Pässe den Behörden die Durchführung von Prüfungen und Kontrollen erleichtern. Aktuell verhandeln die europäischen Institutionen über die genaue Ausgestaltung.


Der Großteil der wirtschaftsrelevanten Gesetze entsteht mittlerweile in Brüssel. Die Bunderegierung muss sich daher auf europäischer Ebene für wirtschaftlich vernünftige Regeln mit Augenmaß sowie für einen Abbau der Bürokratielast einsetzen. Gleichzeitig ist sie verantwortlich für eine schlanke und praxisorientierte Implementierung der EU-Regulierungen in Deutschland. Viele bestehende EU-Gesetze wie die Datenschutzgrundverordnung, die Regelungen zur Mitarbeiterentsendung und die Chemikalienregulierung sind unverhältnismäßig bürokratisch gestaltet und umgesetzt. Neue Regulierungen wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung, das EU-Lieferkettengesetz, aber auch industriepolitische Initiativen schaffen neue Berichts- und Offenlegungspflichten und stehen damit dem formulierten Ziel einer Senkung von Berichtspflichten diametral entgegen.

Daher ist ein Dreiklang nötig: Erstens keine neuen Gesetze, die die Unternehmen zusätzlich belasten. Initiativen wie das EU-Lieferkettengesetz müssen deshalb dringend ausgesetzt werden. Zweitens: Bestehende Bürokratie konsequent abbauen – und zwar noch vor den Europawahlen. Und drittens: Bessere Methoden und Prozesse für eine praxisorientierte Rechtsetzung, die die Umsetzbarkeit der Vorschriften im Betriebsablauf berücksichtigt und den Aufbau neuer Bürokratie von vornherein verhindert.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

In der Praxis spürbaren Bürokratieabbau durchsetzen und mehr Vorschläge aufgreifen

Im parlamentarischen Verfahren des "Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes" sollte der Bundestag weitere Bürokratieabbaupotenziale für die Wirtschaft heben – und damit für spürbarere Entlastungen sorgen. Vorschläge hierfür liegen auf dem Tisch, wie zum Beispiel die 90 Vorschläge der DIHK. Dazu zählen vor allem Statistikpflichten für Unternehmen, die voll digitalisiert und automatisiert werden könnten, die noch zu langen steuerrechtlichen Betriebsprüfungen, deren Abschluss durch eine Frist auf maximal fünf Jahre nach Steuerentstehung beschleunigt werden könnten oder Allergenkennzeichnungspflichten, über die bei Saisongerichten auch mündlich informiert werden könnte.


Hintergrund: Trotz aller Herausforderungen mit dem Fachkräftemangel, den Energiekosten oder der Inflation, bleiben die Bürokratiekosten das Topthema der Wirtschaft. Beispiel Gastgewerbe: Die Bürokratie verursacht nach einer von der DIHK beauftragten Studie Belastungen, die in der Branche einem durchschnittlichen wöchentlichen Zeitaufwand von 14 Stunden entsprechen. Dieser Zeitaufwand entspricht Kosten von circa 2,5 Prozent des Umsatzes. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene beziffert der Nationale Normenkontrollrat den jährlichen Bürokratieaufwand auf 65 Milliarden Euro. 

EU-Regelungen vor EU-Wahl entbürokratisieren

Die EU-Ebene sollte die IHK-Vorschläge für Bürokratieabbau aufgreifen und für weitreichende Entlastungen sorgen wie zum Beispiel das Zulassungsverfahren für die EU-Chemikalienverordnung REACH vereinfachen, die Re-Zertifizierung bereits auf dem Markt befindlicher Medizinprodukte erleichtern sowie die Datenschutzgrundverordnung überprüfen, damit die Erleichterungen für KMU greifen können. In jedem Fall müssen erste Entlastungen noch vor den Europawahlen im Juni 2024 beschlossen werden. Langfristig sollte die EU regelmäßig weitere Vorschläge für die Kürzung von Berichtspflichten sowie Bürokratielasten entwickeln und umsetzen.


Hintergrund: Die von der EU-Kommission bisher vorgestellten Bürokratieabbau-Maßnahmen sind nicht ausreichend, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Hinzu kommt, dass die EU in ihrer jetzigen Legislatur bereits viele neue Gesetze erlassen hat. Diese Fülle von Normen müssen von den Unternehmen zusätzlich zum bereits geltenden nationalen und europäischen Recht beachtet und umgesetzt werden. Die Umsetzung ist oftmals mit hohen Kosten verbunden. 

 Bürokratiebremsen auch wirklich nutzen

Die "One in, one out"-Regel sollte von der Bundesregierung und der EU-Kommission ausnahmslos auf alle europäischen Rechtsakte angewendet werden, was noch nicht der Fall ist. Bislang sind hierzulande umzusetzende EU-Regelungen von der deutschen "One in, one out"-Regel ausgenommen. Zudem wird die europäische "One in, one out"-Regel, die sich auf EU-Regelungen selbst bezieht, nicht konsequent von der EU-Kommission angewendet. In einem nächsten Schritt sollten zudem die Bürokratiebremsen auf nationaler und europäischer Ebene in eine sogenannte "One in, two out"-Regel weiterentwickelt werden: Damit würden mit jeder neuen Vorgabe zwei bestehende entfallen. Die Regel wirkt dann nicht nur als reiner Kompensationsmechanismus für neue Regulierungen, sondern führt zu echten Entlastungen.


Hintergrund: Für einen modernen, klimaneutralen und zugleich wettbewerbsfähigen Standort ist es nicht nur wichtig, bestehende Bürokratie abzubauen, ebenso bedeutend sind die "Bessere Rechtsetzung" und wirksame Bürokratiebremsen. 

Weite Teile der Infrastruktur weisen erhebliche Defizite auf. Das belastet den betrieblichen Alltag massiv. Es gibt Engpässe, veraltete und teilweise marode Infrastruktur sowie eine Anfälligkeit für Sabotage. Die Geschwindigkeit bei Erneuerung und Ausbau wird den Anforderungen der Wirtschaft derzeit nicht gerecht. Die Gründe reichen von langen Umsetzungszeiträumen durch eine Vielzahl von Problemen zwischen Bedarfsfeststellung und Inbetriebnahme über Fragen der Wirtschaftlichkeit bei privatwirtschaftlicher Bereitstellung bis hin zu Grenzen der öffentlichen Haushalte bei der Finanzierung. Die Sicherheit der Infrastrukturen gewinnt zudem vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Herausforderungen an Bedeutung.

Es bedarf daher der Sanierung ebenso wie des Ausbaus: Elektromobilität benötigt eine ausreichende Ladeinfrastruktur, der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur muss schnell angegangen werden und die allseits bekannten Engpässe in der Verkehrsinfrastruktur, ob Straße, Schiene oder Wasserstraße, müssen beseitigt werden. Eine erfolgreiche Wirtschaft benötigt zudem flächendeckend Glasfaser- und Mobilfunknetze. Den Ausbau der Glasfaser- und Mobilfunknetze gilt es in erster Linie eigenwirtschaftlich voranzutreiben. Öffentliche Fördermittel braucht es nur dort, wo der Markt in der Fläche keine gleichwertige Versorgung gewährleistet. Gleichwohl muss die Bundesregierung den Ausbau der Netze gemeinsam mit Ländern, Kommunen und ausbauenden Unternehmen vorantreiben und orchestrieren.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

Infrastrukturprojekte in Angriff nehmen

Alle Projekte des Vordringlichen Bedarfs des Bundesverkehrswegeplans müssen umgesetzt werden. Hierfür müssen in den nächsten Jahren ausreichend Mittel zur Verfügung stehen und die Planungs- und Genehmigungsverfahren für alle Projekte beschleunigt werden. Ein weiteres Aufschieben oder sogar ein Infragestellen von Projekten aus dem Bundesverkehrswegeplan aus Gründen des Klimaschutzes ist nicht erforderlich. Mittelfristig werden ohnehin alle Verkehrsträger CO2-neutral sein. Bei allen Projekten wurden zudem die positiven gesamtwirtschaftlichen Effekte in Nutzen-Kosten-Analysen nachgewiesen. Jede weitere Verzögerung verschlechtert die Standortbedingungen für die Unternehmen. Zur Bewältigung des Verkehrswachstums werden Aus- und Neubauten bei Straße, Schiene und Wasserstraße gleichermaßen benötigt.


Hintergrund: Der Verkehr wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Eine aktuelle Studie des BMDV geht für den Zeitraum 2019 bis 2051 von einer Zunahme des Personenverkehrs um 13 Prozent und des Güterverkehrs von sogar 46 Prozent aus. Dieses Verkehrswachstum ist auf der heutigen Verkehrsinfrastruktur nicht zu bewältigen.

Öffentliche Daten zusammenführen und konsequent für den Netzausbau und deren Pflege nutzen

Detaillierte Netzdaten und raumbezogene Informationen der öffentlichen Hand sollten systematisch zusammengeführt und konsequent für Planung, Genehmigung und Steuerung zum Beispiel von Verkehrsströmen genutzt werden. Dabei müssen aktuelle IT-Sicherheitsstandards eingehalten werden. Nötig ist, die Standardisierungsbemühungen, zum Beispiel für einheitliche Schnittstellen und/oder Datenformate mit Nachdruck voranzutreiben. Sie sind Basis für effektivere datenbasierte Planungs- und Genehmigungsverfahren. Diese sind ein wesentlicher Schlüssel dazu, dass Netzinfrastrukturen insgesamt zügiger gebaut werden können, dass dabei Straßen nicht mehrfach aufgerissen werden müssen und Synergien beim Ausbau unterschiedlicher Netze genutzt werden können.


Hintergrund: Für die Planung und Genehmigung von Infrastrukturprojekten werden oftmals eine Reihe von Informationen benötigt, die bei den Behörden nicht in allen Fällen digital vorliegen. Liegen Daten digital vor, befinden sie sich häufig in sogenannten Datensilos einzelner Fachverfahren der Behörden und sind nur selten über technische Schnittstellen behördenübergreifend verknüpfbar. Daraus resultieren einerseits Redundanzen, andererseits Doppelaufwand und damit ineffiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren, die den Netzausbau behindern.

Parallel zum Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes mit konkreter Planung der Verteilnetzebene beginnen

Derzeit werden Pläne für das Wasserstoff-Kernnetz entwickelt, damit die Kerninfrastruktur bis 2032 in Betrieb genommen werden kann. Doch dieses Netz mit einer Länge von etwa 9.700 Kilometern reicht nicht aus, um die gesamte Wirtschaft zu defossilisieren. Viele Unternehmen, vor allem außerhalb der Ballungsräume, aber auch außerhalb der als vorrangig eingestuften Branchen, können ihre Prozesswärme nicht elektrifizieren und müssen warten, bis sie an das Wasserstoffnetz angeschlossen sind, um von Erdgas und Erdöl auszusteigen. Daher ist es wichtig, auch kleineren Unternehmen Planungssicherheit zu gewährleisten und sie frühzeitig bei der Planung des zukünftigen Wasserstoffverteilungsnetzes einzubeziehen. Zu diesem Zweck steht die IHK-Organisation den Entscheidungsträgern (BNetzA und Koordinierungsstelle) zur Seite und stellt die in den Regionen erhobenen Daten zur Verfügung.


Hintergrund: Eine weitere Novellierung des EnWG sieht vor, dass 2024 eine neue Koordinierungsstelle zwischen Fernleitungsnetzbetreibern, Verteilnetzbetreibern und Transportnetzbetreibern eingerichtet wird. Diese Koordinierungsstelle wird für die Entwicklung der 2. Netzebene (Netzentwicklungspläne) zuständig sein. Der erste Entwurf dieser Netzentwicklungspläne ist für 2025 geplant. Angesichts der Länge/notwendigen Umstellung der Verteilungsnetze ist dies zu spät.

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Porträtbild Dr. Susanne Gewinnus, Referatsleiterin Industrie | Forschung
Dr. Susanne Gewinnus Referatsleiterin Industrie- und Forschungspolitik

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Porträtfoto Frank Thewes
Frank Thewes Bereichsleiter Kommunikation