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Das KMU-Entlastungspaket der EU – Unternehmen brauchen Taten  

EU-Regularien

Dringend erforderlich wäre ein Abbau der üppigen EU-Regulierung

© designer491 / iStock / Getty Images Plus

Im September 2022 hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Entlastungspaket für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) angekündigt, da diese besonders von Unsicherheiten durch die Transformation Richtung Klimaneutralität und Inflation betroffen sind. Dieses Maßnahmenbündel soll nun am 12. September 2023 endlich veröffentlicht werden. KMU wünschen sich angesichts der zahlreichen Herausforderungen schon lange ein sicht- und spürbares mittelstandspolitisches Bekenntnis der Europäischen Union. Ob das Paket den großen Erwartungen gerecht wird, ist jedoch fraglich.  

Konkrete Maßnahmen müssen spürbare Erleichterungen bringen

Für eine echte KMU-Entlastung muss der Vorschlag sowohl konkrete Maßnahmen als auch verbesserte Verfahren zur Berücksichtigung des Mittelstandes im Gesetzgebungsprozess enthalten. In Aussicht gestellt wurden ursprünglich nur zwei konkrete Gesetze: einen einheitlicheren Rahmen für die Unternehmensbesteuerung (BEFIT) und eine Überarbeitung der Zahlungsverzugsrichtlinie. Beides sind aus Wirtschaftssicht grundsätzlich valide Vorhaben; die daraus resultierenden konkreten Entlastungen speziell für den Mittelstand in Deutschland dürften aber begrenzt sein.  

Eine zusätzliche Maßnahme kündigte die EU-Kommission im Februar mit dem Abbau von 25 Prozent der bestehenden Bürokratie- und Berichtspflichten an. Diese Zielvorgabe verspricht auf den ersten Blick weitere Entlastung, doch bleiben Fragen zur praktischen Umsetzung derzeit noch offen. Entscheidend wäre dabei, das Prinzip auch auf neue Gesetzesentwürfe anzuwenden: Gerade in Politikbereichen wie dem Green Deal und der Industriepolitik schafft die EU aktuell viele neue Berichtspflichten und bürokratische Auflagen, die zudem teilweise Überlappungen und Doppelungen enthalten. Hier sind Ausnahmen für mittelständische Betriebe wichtig, Doppelarbeiten darf es nicht geben. Abhilfe könnte ein einheitliches digitales Berichts-Tool schaffen, das Dutzende ähnlicher Einzelberichte ersetzt.  

Dringend erforderlich ist es aus Sicht der Betriebe, die Arbeitnehmerentsendung innerhalb der EU zu vereinfachen: Die zahlreichen und komplex gestalteten Anzeige-, Melde- und Nachweispflichten beim grenzüberschreitenden Arbeiten stellen derzeit einen enormen Aufwand für KMU dar.

Last but not least: Die EU-Kommission sollte die aus dem Jahr 2003 stammenden Schwellenwerte, bis zu denen ein Unternehmen als "KMU" gilt, aufgrund der eingetretenen Preis- und Produktivitätssteigerung von 250 auf mindestens 500 Mitarbeitende sowie höhere Umsatzwerte anheben, um gerade diesen sogenannten Mid-Cap-Unternehmen den Zugang zu KMU-Initiativen zu ermöglichen.

Verfahren zur mittelstandsfreundlichen Politikgestaltung  

Neben raschen, messbaren Maßnahmen zu Entlastung ist es wichtig, dass das angekündigte Entlastungspaket den Prozess der Rechtsetzung grundsätzlich verbessert und konsequent KMU-freundlicher ausgestaltet. Um unnötige Bürokratie von Anfang an zu vermeiden, sollte die EU-Kommission zukünftig sowohl das "One in, One out"-Prinzip als auch der "KMU-Test" in sämtlichen Folgenabschätzungen zu EU-Regularien sorgfältig und verbindlich anwenden. Unerlässlich für eine glaubhafte und effektive europäische Mittelstandspolitik sind darüber hinaus die – bereits 2019 angekündigte – Ernennung einer oder eines EU-Beauftragten für Mittelstandspolitik sowie eine wirksame Governance-Struktur, die eine Umsetzung von Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Mittelstandes über die verschiedenen Generaldirektionen der EU-Kommission hinweg erleichtert.

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Porträtfoto von Freya Lemcke
Freya Lemcke Leiterin der DIHK-Vertretung bei der EU