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Nach dem Heizungsgesetz ist vor dem Heizungsgesetz: EU-Richtlinie 1:1 umsetzen

Ingenieurin Heizkessel

An vielen Heizanlagen gilt es jetzt, die Stellschrauben zu ändern

© aquaArts studio / E+ / Getty Images

Das "Heizungsgesetz" erhitzte im vergangenen Jahr die Gemüter. Konkret geht es um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) (PDF, 162 KB), das – wie seine Vorgänger schon seit vielen Jahren – energetische Standards für Wohn- und Nichtwohngebäude setzt. Neu ist aber vor allem, dass der Gesetzgeber nun das Aus für fossil befeuerte Heizkessel bis zum Jahr 2045 beschlossen hat. Zudem müssen neu eingebaute Heizungsanlagen künftig mindestens 65 Prozent der bereitgestellten Wärme aus erneuerbaren Energien oder aus unvermeidbarer Abwärme erzeugen. Auch einige zusätzliche Regelungen, beispielsweise Prüf- und Optimierungspflichten für Wärmepumpen und Heizungsanlagen oder Nachrüstverpflichtungen zur Gebäudeautomation und -steuerung für bestimmte Nichtwohngebäude, wurden ergänzt.

Da mit der überarbeiteten Gebäuderichtlinie noch weitergehende Vorgaben anstehen, wird ein an Machbarkeit und Realität ausgerichtetes Gesamtkonzept umso wichtiger. Der nationale Emissionshandel (BEHG) und der neue europäische Emissionshandel (ETS 2) setzen bereits einen wirksamen Rahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen im Gebäudesektor. Zusätzliche und enge regulatorische Vorschriften sind überflüssig – sie verengen den Handlungsspielraum unnötig und verteuern den Klimaschutz.

Was gilt für neue Heizungsanlagen?

Herzstück des novellierten GEG ist die 65-Prozent-Regel für neue Heizungen: Wie dieser Anteil erreicht wird, lässt der Gesetzgeber offen, er fordert aber einen rechnerischen Nachweis auf Grundlage einer DIN-Norm. Der Nachweis kann entfallen, wenn eine der folgenden Optionen greift: Anschluss an ein Wärmenetz, Betrieb einer elektrischen Wärmepumpe, Stromdirektheizung, Solarthermie-Anlage, Heizungsanlage zur Nutzung von Biomasse, grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich derer Derivate oder einer Hybridheizung – sprich, einer Wärmepumpe oder Solarthermie kombiniert mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung. Die im Grundsatz angelegte Technologieoffenheit des Gesetzentwurfs zeigt zwar in die richtige Richtung, wird jedoch durch zahlreiche erweiterte Detailanforderungen für einzelne Heizungstechnologien unnötig eingeschränkt.

Ab wann greift die 65-Prozent-Regel?

Diese Vorgabe gilt seit dem 1. Januar 2024 für jede neu installierte Heizung in einem Neubaugebiet. Für bestehende Gebäude oder Neubauten außerhalb von Neubaugebieten greift die Pflicht ab dem Vorliegen eines kommunalen Wärmeplans, spätestens jedoch nach dem 30. Juni 2026 (in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern) und nach dem 30. Juni 2028 (bis 100.000 Einwohner). Darüber hinaus gibt es zahlreiche Übergangsfristen, beispielsweise bei Heizungshavarien oder beim Anschluss an Wärmenetze. Eine generelle Austauschpflicht jenseits bereits bestehender Verpflichtungen gibt das GEG nicht vor – mit einer Ausnahme: Ab dem 1. Januar 2045 dürfen fossil befeuerte Heizkessel nicht mehr betrieben werden.

Welche Neuerungen gibt es sonst noch?

Neben den Heizungsvorgaben bringt das GEG weitere Regelungen mit sich. Erweiterungen von Nichtwohngebäuden mit mindestens einer Verdopplung der Nutzfläche müssen künftig den Neubaustandard erfüllen. Erweiterte Effizienzstandards zur Erfüllung der Vorgaben für erneuerbare Energien sind weggefallen; Nachrüstverpflichtungen für bisher ungedämmte Wärmeleitungen kamen neu hinzu. Aufgenommen wurden auch Prüfungs- und Optimierungspflichten für neu eingebaute Wärmepumpen und ältere Heizungsanlagen sowie die Pflicht zum hydraulischen Abgleich neu eingebauter Heizungsanlagen. Nichtwohngebäude mit einer Heizungs- oder raumlufttechnischen Anlage größer 290 Kilowatt Nennleistung müssen bis Ende 2024 mit einem System zur Gebäudeautomation und -steuerung ausgerüstet sein. Zudem ist eine Zuständigkeit für das Gebäude-Energiemanagement festzulegen.

Was ist in der Perspektive zu erwarten?

Im Koalitionsvertrag hatten sich die Ampelparteien noch auf einen "EH 40"-Neubaustandard ab 2025 verständigt. Ein solches "Effizienzhaus 40" darf unter anderem nur 40 Prozent der Primärenergie verbrauchen, die ein Referenzgebäude benötigt. Die nun ausgesetzte Verankerung von EH 40 als verbindlicher gesetzlicher Neubaustandard für diese Legislaturperiode ist angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen ein logischer und richtiger Schritt.

Mit Blick auf die kürzliche Einigung bei der europäischen Gebäuderichtlinie sind bei deren nationaler Umsetzung perspektivisch weitere Vorgaben zu erwarten. Dazu zählen neben der Festlegung des "Null-Emissionsgebäudes" als verbindlichen Neubaustandard unter anderem Sanierungspflichten für bestimmte Nichtwohngebäude, Solardachpflichten oder erweiterte Vorgaben zur Bereitstellung von Ladeinfrastruktur für E-Mobilität. Die DIHK empfiehlt eine 1:1-Umsetzung der europäischen Regelungen, um die Unternehmen nicht zu überfordern. Schließlich wird es auch so schon eine große Herausforderung, die Vorgaben für Wohngebäude und Nicht-Wohngebäude zu erfüllen.

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Porträtfoto von Erik Pfeifer
Erik Pfeifer Referatsleiter Betrieblicher Klimaschutz