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Ausbilderinnen und Ausbilder für Zukunftsaufgaben rüsten

Überarbeiteter AEVO-Rahmenplan greift neue Entwicklungen auf
Ausbilder erklärt einem jungen Mann etwas an einer elektronischen Anlage

Empowerment statt Unterweisung: Die Rolle von Ausbilderinnen und Ausbildern hat sich gewandelt

© Tom Werner / DigitalVision / Getty Images

Zahlreiche Ausbildungsberufe sind in jüngster Zeit an aktuelle Anforderungen angepasst oder neu entwickelt worden. Um auch das Ausbildungspersonal selbst fit für die Zukunft zu machen, wurde der Rahmenplan zur Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) überarbeitet. Relevant wird das ab 2024.

Wer heute eine duale Berufsausbildung aufnimmt, sollte für die Herausforderungen gewappnet sein, die die digitale, ökonomische und ökologische Transformation der Wirtschaft mit sich bringt. Das Rüstzeug für den gewandelten Arbeitsmarkt sollen die Ausbilderinnen und Ausbilder vermitteln – die also ihrerseits entsprechend qualifiziert werden müssen. Und nicht nur dafür: Auch ihre Klientel wird immer heterogener – sie reicht vom Azubi ohne Schulabschluss bis zur Studienabbrecherin und ist multikultureller denn je.

Um die jährlich rund 70.000 Absolventinnen und Absolventen der AEVO auf dieses veränderte Umfeld vorzubereiten, hat ein Fachbeirat mit Sachverständigen aus der betrieblichen Praxis einen neuen, modernisierten AEVO-Rahmenplan entwickelt. Er setzt einheitliche und zeitgemäße Standards für die Lehrgänge, die auf die Ausbildereignungs-Prüfung vorbereiten. Dafür definiert er die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, über die Ausbilderinnen und Ausbilder verfügen sollten, und nennt beispielhafte Inhalte.

Ansatzpunkte für die jetzt erfolgte Modernisierung waren vor allem die Themen

  • Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit,
  • Sicherung des Fachkräftenachwuchses,
  • Rolle des Ausbildungspersonals als Lernbegleitung,
  • moderne Ausbildungsmethoden,
  • digitale Lernmedien, virtuelle und hybride Lernumgebungen, 
  • große Unterschiede zwischen den Azubis,
  • Wertschätzung, gesellschaftliche Vielfalt, interkulturelle Kompetenz,
  • soziale und persönliche Entwicklung der Auszubildenden sowie
  • Möglichkeiten des – auch digitalen – Ausbildungsmarketings.

Der modernisierte DIHK-Rahmenplan wurde Anfang Juli veröffentlicht. Parallel dazu wurde der AEVO-Rahmenplan des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BiBB) erarbeitet und Mitte Juli vom Hauptausschuss des BIBB, dem auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer angehört, empfohlen. Beide Rahmenpläne richten sich nach der Verordnung.

Der BiBB-Rahmenplan deckt eine breite Zielgruppe ab, die beispielsweise auch das Handwerk, die Landwirtschaft oder den öffentlichen Dienst umfassen. Der DIHK-Rahmenplan kann hingegen genauer auf das Lern- und Arbeitsumfeld in den IHK-Berufen abstellen.

Die empfohlene Lehrgangsdauer umfasst nach wie vor 115 Unterrichtsstunden. Davon sollten nicht weniger als 90 Stunden auf Präsenz- oder Distanzunterricht entfallen und nicht mehr als 25 Stunden auf tutoriell angeleitete Selbstlernphasen.


3 Fragen an … Gordon Schenk

Porträtfoto von Gordon Schenk

© DIHK / Marko Priske

Gordon Schenk, Referatsleiter Kaufmännische Weiterbildung bei der DIHK, hat für die Deutsche Industrie- und Handelskammer an der Neugestaltung des AEVO-Rahmenplans mitgewirkt.




1. Herr Schenk, was hat sich in den letzten 14 Jahren in der Ausbildung verändert?

Eine ganze Menge! Die Geschwindigkeit, in der sich vor allem das technische Umfeld ändert, ist zum Beispiel rasant gestiegen. Schien es früher ausreichend, einem Azubi einmal den Umgang mit einer Maschine zu erklären, muss man ihn heute in die Lage versetzen, sich schnell mit neuen Technologien vertraut zu machen. Gleichzeitig stellen Jugendliche heute – angesichts der demografischen Situation auch mit Erfolg – andere Erwartungen an ihren Ausbildungsbetrieb und späteren Arbeitgeber: Oft haben sie etwa hohe Ansprüche an die Sinnhaftigkeit ihres beruflichen Tuns, und sie wünschen sich in der Regel einen Umgang auf Augenhöhe.

Vor diesem Hintergrund ist das Befehls-Gehorsam-System von einem Empowerment-Ansatz abgelöst worden. Ausbilderinnen und Ausbilder nehmen nicht länger eine "Unterweiser-Rolle" ein – ich mache etwas vor, du machst es nach –, sondern sie schaffen Lernsituationen, in denen die Azubis selbstständig planen, durchführen und kontrollieren können. Und das ist gut so, denn es kürzt den Weg des Kompetenzerwerbs deutlich ab: Was ich mir selbst erarbeite, bleibt besser hängen. Und ich kann schneller Transferleistungen bringen. Das macht den Alltag auch spannend – es gibt nicht mehr die "Tage der Ödnis", sondern die Azubis können sich selbst einbringen.

All diese Entwicklungen sind eigentlich heute schon Alltag, der neue Rahmenplan bildet also im Grunde "nur" die neue Ausbildungs-Wirklichkeit ab.

2. Wie wirken sich die Änderungen ganz konkret aus, also, was erwartet mich, wenn ich die "neue" AEVO-Prüfung absolviere?  

Nochmal ganz klar: Die Rechtsgrundlage, die AEVO, bleibt unangetastet. Die Struktur von Lehrgang und Prüfung ist nach wie vor so, wie es sich in der Praxis bewährt hat. Die Teilnehmenden müssen nachweisen, dass sie, sehr verkürzt gesagt, die Ausbildung sinnvoll planen, vorbereiten, durchführen und abschließen können.

Neu ist, dass dabei die vier großen Themenfelder Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Heterogenität und Fachkräftebedarf stärker in den Vordergrund rücken. Es geht also um Inhalte wie beispielsweise den digitalen Ausbildungsnachweis, um die neuen Ausbildungsmethoden, die sich etwa in der Corona-Zeit bewährt haben, um die Vorbildfunktion bei nachhaltigem Arbeiten, um Teambuilding, den kulturellen und sozialen Kontext für Ausbildungsmethoden, die Berücksichtigung neuer Qualifikationsbedarfe und vieles mehr. Diese und zahlreiche andere Ausbildungsinhalte, die oft ohnehin vermittelt werden, sind jetzt ausdrücklich beschrieben – im Sinne einer Empfehlung. Es kann aber durchaus sein, dass die AEVO-Prüfung im Juli 2024 bei einer IHK genauso aussieht wie im Juli 2023 – schlicht, weil die Prüfungsgestaltung schon vorher auf der Höhe der Zeit war und sich nach wie vor an den in der Verordnung festgelegten Kompetenzen orientiert.

3. Und warum wurde "nur" der Rahmenplan angepasst und nicht die Verordnung?

Weil die Verordnung nach wie vor trägt. Dafür sorgen die Struktur und die Offenheit der in der AEVO definierten Ziele. Sie stehen heute wie schon vor 14 Jahren dafür, dass die Absolventinnen und Absolventen auf einem gesicherten Kompetenzniveau die Verantwortung für die Ausbildung junger Menschen übernehmen können.

Das "Feintuning" erfolgt ja im Rahmenplan. Er beantwortet, wie die Zielsetzungen der Verordnung heute, unter veränderten Bedingungen in unserer Arbeitswelt und Gesellschaft, erreicht werden können und welche Kompetenzen zukünftige Ausbilderinnen und Ausbilder dafür mitbringen müssen. Dass der Rahmenplan jetzt erstmals seit 2009 angepasst werden musste, ist beachtlich.

Und zugleich ist es auch gut, denn wir haben über 200 IHK-Ausbildungsberufe, und wenn wir die wie eine Loseblattsammlung alle paar Monate aktualisieren müssten, wäre das nicht umsetzbar für die zukünftigen Ausbildenden, die Dozentinnen und Dozenten sowie die Prüfenden. Darum ist es wichtig, dass wir bei technikoffenen Formulierungen das Ziel beschreiben und nicht den Weg dorthin.

Kontakt

Porträtfoto von Gordon Schenk
Dr. Gordon Schenk Referatsleiter Kaufmännische Weiterbildung

Hintergrund

Ob in der Industrie, im Handwerk oder in der Landwirtschaft: Wer in einem Unternehmen junge Menschen ausbilden möchte, muss vorher die Prüfung nach der Ausbilder-Eignungsverordnung absolvieren. Die Vorbereitung auf die AEVO-Prüfung erfolgt meist in den "Ausbildung der Ausbilder"-Lehrgängen. Für die IHK-Berufe nehmen die Industrie- und Handelskammern die AEVO-Prüfung ab. Wie auch viele Bildungsträger bieten die IHKs zudem Vorbereitungslehrgänge an.

Die Ausbilder-Eignungsverordnung wurde erstmals 1972 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erlassen und zuletzt 2009 geändert. Sie beschreibt, über welche Kompetenzen Ausbilderinnen und Ausbilder verfügen sollten, und regelt damit eher abstrakt die Inhalte der Prüfung und auch des Lehrgangs.

Konkretisiert werden diese Inhalte im ersten Schritt mit dem sogenannten Rahmenplan, den ein Fachbeirat mit Sachverständigen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen unter Leitung des BIBB als Empfehlung und Leitfaden für die Prüfungsgestaltung entwickelt. Parallel hat die DIHK 2009 erstmals einen eigenen AEVO-Rahmenplan entwickelt, der genauer auf die Bedürfnisse der IHK-Berufe zugeschnitten ist.

Sowohl die BIBB- als auch die DIHK-Version des AEVO-Rahmenplans wurden nun Mitte 2023 überarbeitet, die AEVO selbst bleibt, wie sie ist. Dem neuen Rahmenplan folgen ab Anfang 2024 die Lehrgänge und ab Juli 2024 die AEVO-Prüfungen bei den IHKs.

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Podcast "Sei ein Mentor"

Welche Anforderungen werden künftig an Ausbilderinnen und Ausbilder gestellt? Im "Sei ein Mentor"-Podcast der DIHK-Bildungs-gGmbH werfen Berufsbildungsexpertin Sigrid Martin und Gordon Schenk von der DIHK einen Blick auf die relevante Änderungen des AEVO-Rahmenplanes.