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"Junge Menschen wollen flexibel arbeiten"

Event-Manager Seidenstücker wünscht sich alltagstaugliche, rechtssichere Regeln
Menschenmenge bei einem Konzert, Hände klatschen in der Luft, Bühne mit vielen Scheinwerfern ausgeleuchtet

Eine Folge der Pandemie: Die Terminkalender der Veranstalter sind deutlich gedrängter als früher

© Cesare Ferrari / iStock / Getty Images Plus

Christian Seidenstücker führt mit der Bremer Joke Event AG eine deutschlandweit bekannte Agentur für Events und Live-Kommunikation. In unserem Interview beschreibt der Unternehmer, warum das Arbeitsrecht manchmal im Konflikt mit den Lebenswelten junger Beschäftigter steht – und wie man das ändern könnte.

Herr Seidenstücker, wie ist es um die Betriebe bestellt, die hinter Deutschlands Festivals, Messen, Gala-Events und Roadshows stehen?
Porträtbild Christian Seidenstücker

Christian Seidenstücker

© Frank Pusch

Wirtschaftlich gesehen, befinden wir uns im Jahr 2023 noch immer unter dem Eindruck der Corona-Einschränkungen. Zwar finden wieder alle Veranstaltungen statt und abgesagte werden nachgeholt, aber in einem deutlich gedrängteren Zeitraum als früher. Die Wintermonate werden neuerdings gemieden. Das ist ein Überbleibsel aus Lockdown-Zeiten – mit enormen Auswirkungen auf die Veranstaltungswirtschaft.

Inwiefern?

Die Verdichtung des Veranstaltungskalenders führt dazu, dass wir für kurze Zeit sehr viel Personal benötigen. Diesen kurzzeitigen Bedarf können wir nur mithilfe von Freelancern und Selbstständigen abdecken. Doch das ist nicht ohne Risiko für uns. Es kann vorkommen, dass wir einige Jahre später Post erhalten, in der uns mitgeteilt wird, dass bei einem ehemals Beschäftigten eine Scheinselbstständigkeit vorlag – und wir Sozialabgaben und Rentenversicherungsbeiträge nachzahlen müssen. Deswegen prüfen wir heute die berufliche Situation aller selbstständigen Bewerber, bevor wir mit ihnen zusammenarbeiten. Das kostet viel Zeit – und macht uns abhängig von der Aufrichtigkeit unseres Gegenübers. Schließlich müssen wir ihm vertrauen, was etwa die Angabe anderer Auftraggeber betrifft.

Was schlagen Sie vor?

Diese Gesetze wurden gemacht, um Selbstständige vor Ausbeutung zu schützen. Das ist im Grundsatz richtig und das ist auch mir ein Anliegen. Aber unsere Freelancer verdienen oft über 20 Euro netto pro Stunde – und sind damit aus Unternehmersicht oft sogar teurer als Festangestellte. Von Ausbeutung kann in der Veranstaltungswirtschaft also keine Rede sein. Im Gegenteil: Viele junge Menschen wollen freischaffend tätig sein, weil ihnen eine hohe persönlich Flexibilität wichtig ist. Dieser Entwicklung müssen und wollen auch wir Unternehmer Rechnung tragen – mit Regeln, die für beide Seiten einfach, alltagstauglich und vor allem frei von rechtlichen Fallstricken sind.

Kontakt

Porträtfoto Urban Comploj
Urban Comploj Referatsleiter Politische Kommunikation