Aus vielen Branchen und über die Industrie- und Handelskammern erreichen die DIHK immer öfter Hinweise, dass für viele Unternehmen wirtschaftliche Praxis und Prüfkriterien immer weiter auseinanderklaffen – obwohl in den Führungsetagen längst eine hohe Sensibilität für das Thema herrscht und mit Umsicht gehandelt wird.
Wann spricht man von Scheinselbstständigkeit?
Wer als Selbstständiger auftritt, obwohl er oder sie abhängig beschäftig ist, wird in der Regel als Scheinselbstständiger bezeichnet, ist also nach arbeits- und sozialrechtlicher Einstufung in Wirklichkeit abhängig beschäftigt – also Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer. Die Unterscheidung ist nicht immer eindeutig, sondern muss anhand zahlreicher Kriterien bestimmt werden. Oft gilt es, unterschiedliche Gesichtspunkte zu überprüfen und gegeneinander abzuwägen. Gerade die Zusammenarbeit mit Selbstständigen über einen längeren Zeitraum birgt dabei besondere Gefahren für Unternehmen.
Gut zu wissen: Auch wenn sich frei tätige Dienstleister als Gewerbetreibende anmelden, schützt das nicht vor dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit, wie das Bayerische Landessozialgericht in einem aktuellen Urteil erneut festhielt.
Worauf müssen Unternehmen bei der Beschäftigung von Selbstständigen achten?
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat eine Liste von Anhaltspunkten veröffentlicht, anhand derer selbstständige Arbeit definiert werden kann. So ist etwa darauf zu achten, dass lediglich ein geringes Maß an Weisungsgebundenheit gegenüber dem Auftraggeber vorliegt und der Selbstständige nicht oder nur im geringen Umfang in die interne Organisation des Auftraggebers eingebunden sein darf. Vorsicht: Dazu kann bereits die regelmäßige Teilnahme an Meetings oder internen Briefings gehören!
Auch der Ort und die Zeitplanung der Auftragserfüllung müssen dem Selbstständigen selbst überlassen werden. Solche Kriterien und ihre Abgrenzungsprobleme führen in der betrieblichen Praxis, etwa in der Veranstaltungswirtschaft oder in der arbeitsteiligen Filmproduktion, immer öfter zu Unsicherheiten. Denn hier hat sich das modulhafte Zusammenwirken vieler unterschiedlich großer, aber voneinander unabhängiger unternehmerischer Einheiten bewährt.
Wo liegt das Risiko für Unternehmen?
Trotz einer einvernehmlichen Vertragsbeziehung zwischen einem Betrieb und einem Selbstständigen kann es unter Umständen nachträglich zu weiteren Zahlungspflichten kommen. Etwa dann, wenn eine Person nur für einen Auftraggeber tätig ist ("arbeitnehmerähnliche Selbstständige"). Die Folge kann sein, dass der Auftraggeber zur Nachzahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags verpflichtet wird – auch im Nachhinein. Schließlich tritt die Verjährung der Ansprüche erst mit Ablauf von vier Jahren nach Ende des Kalenderjahres ein, in dem die Beiträge fällig geworden sind.
Eine ausführliche Erläuterung der Thematik stellt die IHK für München und Oberbayern auf ihrer Internetseite zur Verfügung.