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Energiepreisbremsen und Erlösabschöpfung: Bürokratie verringern, Rechtssicherheit erhöhen

DIHK bezieht Stellung zu den Gesetzentwürfen

Die Gesetze zur Strom- und Gaspreisbremse und zur Erlösabschöpfung am Strommarkt sind auf der Zielgeraden. Was aus Sicht der Unternehmen noch verbessert werden könnte, lesen Sie hier.

Das Kabinett hat am 25. November im Umlaufverfahren die Gesetzentwürfe für die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen beschlossen; nach den Beschlüssen im Bundestag am 15. Dezember sollen sie am 16. Dezember den Bundesrat passieren. Der DIHK bewertet es als positiv, dass die Bundesregierung dabei die Empfehlungen der ExpertInnenkommission Gas und Wärme (EKGW) vom Grundsatz her umsetzt und dass ab dem 1. Januar 2023 für Unternehmen Klarheit über den Gas- und Wärmepreis bestehen soll.

Die Gesetzentwürfe für die Energiepreisbremsen bergen aus Sicht der Unternehmen allerdings noch Optimierungspotenzial. In zwei Stellungnahmen hat der DIHK am 29. November zu den Vorhaben Stellung bezogen und zu verschiedenen Punkten auch Änderungsvorschläge unterbreitet.

Die wichtigsten Aspekte im Überblick:

Anhebung der Grenze für den Standorterhalt

Vorgesehen ist, dass Unternehmen, die über beide Preisbremsen insgesamt um zwei Millionen Euro oder mehr entlastet werden, im Gegenzug den Standorterhalt nachweisen müssen. Nach Auffassung des DIHK sollte diese Grenze auf mindestens vier Millionen Euro je Unternehmen angehoben werden, um nicht eine Abwanderung zu forcieren. Denn viele Betriebe stellen sich angesichts der aktuelle Energiepreis-Situation hierzulande ohnehin die Frage, ob sie mit einem Standort in Deutschland wettbewerbsfähig bleiben können.

Keine Verpflichtung zum Verzicht auf Boni und Dividenden

Die Kabinettfassung zur Strom- und Gaspreisbremse sieht vor, dass Unternehmen trotz der Hilfen Boni und Dividenden auszahlen beziehungsweise ausschütten dürfen, solange der Staat sich nicht an diesen Unternehmen beteiligt. Das ist aus Sicht des DIHK richtig. Denn ein Verzicht auf Boni und Dividenden, wie er derzeit wieder diskutiert wird, würde die Unternehmen bei Fachkräftegewinnung und Finanzierungsmöglichkeiten zusätzlich schwächen.

Berücksichtigung von Lockdown-bedingtem Minderverbrauch bei RLM-Kunden

Für die Gasverbraucher mit Registrierender Leistungsmessung (RLM-Kunden) soll der im Kalenderjahr 2021 gemessene Verbrauch Grundlage des Entlastungskontigentes sein – sprich, der gedeckelte Preis soll für 70 Prozent dieser Verbrauchsmenge gelten. Für viele Unternehmen ist diese Menge allerdings nicht repräsentativ, weil sie ihre Geschäfte Corona-bedingt herunterfahren oder ganz einstellen mussten. Das Gleiche gilt äquivalent für die Bemessung der Strompreisbremse ab einem Verbrauch von 30.000 Kilowattstunden. Deshalb sollte das Kontingent für alle Branchen, die 2021 im Lockdown waren, auf mindestens 100 Prozent des Verbrauchs 2021 angehoben werden, so der Vorschlag des DIHK.

Anhebung der Schwellen für Meldepflichten

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Unternehmen ab einem Beihilfebetrag von monatlich 150.000 Euro auch in jedem Monat verschiedenste Daten an verschiedenste Stellen melden sollen. Schon ab 100.000 Euro Gesamthilfe müssen sie zudem ihren Netzbetreiber bis Mitte 2024 bestimmte Informationen liefern. Der DIHK plädiert dafür, diese Grenzen deutlich anzuheben, um den Bürokratieaufwand bei den Letztverbrauchern und den Energieversorgern zu verringern. Eine genaue Abrechnung erfolgt ohnehin im Nachhinein. Und sogar vonseiten der EU werden erst ab einem Beihilfebetrag von mehr als zwei Millionen Nachweise gefordert.

Anhebung der Bagatellgrenze für Eigenversorgungsanlagen bei der Erlösabschöpfung

Anlagen, die überwiegend zur Eigenversorgung genutzt werden, sollten erst ab einer Leistung von zehn Megawatt und nicht schon, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, ab einem Megawatt in die Erlösabschöpfung einbezogen werden, so der Vorschlag des DIHK. Dies könnte mit Vorgaben für den Grad der Eigennutzung gekoppelt werden. In der Regel handele es sich in solchen Fällen um Einzelanlagen, bei denen nur Reststrommengen am Markt verkauft werden. Der bürokratische Aufwand einer Erlösabschöpfung wäre hier für die Anlagenbetreiber unverhältnismäßig hoch, gibt der DIHK zu bedenken.

Keine Einbeziehung von förderfreien PPAs in die Erlösabschöpfung

Direktlieferverträge (Power Purchase Agreements, PPAs) zwischen Anbieter und Abnehmern von erneuerbaren Energien ohne staatliche Förderung sollten nach Ansicht des DIHK nicht in die Erlösabschöpfung einbezogen werden. Dies sollte sowohl für Bestandsanlagen als auch für Neuanlagen gelten und physische wie auch finanzielle Verträge berücksichtigen. Der Grund: PPAs garantieren einen marktwirtschaftlichen Ausbau erneuerbarer Energien. Sie beschleunigen nicht nur den kostengünstigen Ausbau, sondern ermöglichen der Wirtschaft, betriebliche Klimastrategien erfolgreich umzusetzen. Erlösobergrenzen für Direktlieferverträge würden bestehende Verträge aufkündigen und Zahlungsausfälle provozieren. Projekte in der Planungsphase würden eingefroren oder an anderen Standorten ohne Erlösobergrenzen verwirklicht, und Neuabschlüsse ohne Förderung ließen sich wirtschaftlich nicht mehr finanzieren. Im Ergebnis würde der junge PPA-Markt in Deutschland austrocknen und die Transformation der Wirtschaft an entscheidender Stelle ausbremsen.

Klares Enddatum mit Rechtssicherheit für Unternehmen bei der Erlösabschöpfung

Ein weiterer wichtiger Punkt: Derzeit ist vorgesehen, dass die Bundesregierung die Maßnahmen zur Abschöpfung von "Zufallsgewinnen" im Sommer 2023 per Verordnung bis zum 31. Dezember 2024 verlängern kann. Das hält der DIHK für falsch. Die Branche brauche ein planbares und rechtssicheres Enddatum. Grundsätzlich hält der DIHK ohnehin eine Zusatzbesteuerung von Gewinnen, wie sie etwa für Raffinerien vorgesehen ist, für die bessere Alternative. So könnten Verwerfungen am Strommarkt vermieden und Unternehmen zu Investitionen insbesondere in erneuerbare Energien angereizt werden.

Kein Ende der "vermiedenen Netznutzungsentgelte" für Bestandsanlagen

Nicht unmittelbar Gegenstand der Energiepreisbremsen, aber im Gesetzespaket enthalten ist eine Streichung der "vermiedenen Netznutzungsentgelte" (vNNE) für Bestandsanlagen. Diese Entgelte werden dezentralen Erzeugern gezahlt, die unterhalb der Höchstspannungsebene Strom in das Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen. Neuanlagen sollen ohnehin ab 2023 keine vNNE mehr erhalten. Die Streichung für Bestandsanlagen bewertet der DIHK allerdings als massiven Eingriff in den Vertrauensschutz der Anlagenbetreiber. Sie könne dazu führen, dass Anlagen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können.

Die detaillierten Stellungnahmen gibt es hier zum Download:

DIHK-Stellungnahme Gaspreisbremse (PDF, 154 KB)

DIHK-Stellungnahme Strompreisbremse (PDF, 229 KB)

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Dr. Sebastian Bolay Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie

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Porträtfoto von Erik Pfeifer
Erik Pfeifer Referatsleiter Betrieblicher Klimaschutz

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Porträtbild Petra Blum, Pressesprecherin
Petra Blum Pressesprecherin