Der Ausbau der Windkraft tritt in Deutschland aus verschiedenen Gründen auf der Stelle, dabei müsste die Leistung gerade vor dem Hintergrund der jüngst nochmals verschärften Klimaziele ganz erheblich zulegen. Gleichzeitig kommen viele bestehende Anlagen in die Jahre und werden – nicht zuletzt aufgrund des Wegfalls der EEG-Umlage – unrentabel.
Fossile und nukleare Kapazitäten müssen ersetzt werden
Die Bundesregierung hat im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 gesetzlich festgeschrieben, dass der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 mindestens 65 Prozent betragen soll. Mit der EEG-Novelle 2021 legt sie den Zielkorridor fest: Die Leistung der Windkraftanlagen an Land soll von derzeit rund 54 auf 71 Gigawatt ausgebaut werden. Das bedeutet einen Netto-Zubau von 17 Gigawatt bis 2030. Parallel wird mit Blick auf die Verschärfung des europäischen Klimaschutzziels im "Green Deal" über eine weitere Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien debattiert.
Gleichzeitig endet 2022 die Stromerzeugung aus Kernkraft, und im Zuge des Kohleausstiegs werden viele Kraftwerke stillgelegt. Da wirtschaftliche Tätigkeit ohne den Einsatz von Strom nicht vorstellbar ist, liegt der weitere Ausbau der Windkraft an Land im Interesse der deutschen Wirtschaft. Denn der entfallende Strom aus fossilen und nuklearen Kapazitäten muss auch mithilfe neuer Windräder ersetzt werden.
Repowering aber vor großen Hürden
In dieser Situation bietet das sogenannte Repowering, also die Modernisierung beziehungsweise der Austausch von Windkraft-Altanlagen am selben, bereits vorgeprägten Standort, einen sinnvollen Ansatz. Schließlich kann eine einzige heute markttypische Windkraftanlage die Leistung von bis zu sechs Anlagen des Baujahres 2000 oder älter erbringen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Emissionen insgesamt sinken und die Auswirkungen auf Anwohner und Landschaftsbild sind geringer als zuvor. Denn repowerte Windfelder bieten die Chance, insgesamt leiser zu laufen, und können auch weniger Flächen in Anspruch nehmen, wenn Anlagen nicht eins zu eins ersetzt werden. Letzteres ist – beispielsweise wegen beschränkter Netzanschlusskapazitäten – in der Praxis auch die Ausnahme.
Hauptschwierigkeiten im Planungsrecht, bei Naturschutz und Akzeptanz
Dennoch zeigen zahlreiche Rückmeldungen von Unternehmen, dass es ausgerechnet bei der Windkraft besonders hohe Modernisierungshürden gibt. Bundesweit hängen aktuell zahlreiche Repowering-Projekte über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte in Genehmigungsschleifen fest. Viele davon scheitern am Ende.
Mittelständische Unternehmen können letztlich nur dann in Repowering investieren, wenn der Aufwand praxistauglich, planbar und verlässlich ist.
Alfred Hauer, Plütscheider Windenergie GmbH
Die Schwierigkeiten beim Repowering gehen vor allem auf die Komplexität der Planungs- und Genehmigungsverfahren, auf Naturschutzregelungen und auf Akzeptanzprobleme zurück. Wegen der Fülle der an uns herangetragenen Fälle ist anzunehmen, dass es sich um ein strukturelles Problem handelt: Wenn der eigentlich wirtschaftliche Ersatz veralteter Windräder durch neue Anlagen an kaum noch kalkulierbaren Zusatzkosten und Realisierungsrisiken scheitert, sinkt die Bereitschaft für entsprechende Investitionen. Darauf ist die deutsche Wirtschaft beim Umbau der Energieversorgung aber existenziell angewiesen.
In unserem Dossier zeigen wir anhand von Praxisbeispielen und Interviews mit den Betroffenen die Schwierigkeiten auf, mit denen sich die Betreiber konfrontiert sehen.
Je höher die Vogeldichte, desto strenger die Auflagen. Der Vogel kann nichts dafür – das Gesetz sieht das so vor.
Bene Müller, solarcomplex AG
Änderungen nicht nur des Immissionsschutzrechts erforderlich
Die EU-Richtlinie RED II (Renewable Energies Directive) zu erneuerbaren Energien ist bis zum 30. Juni 2021 in nationales Recht umzusetzen. Sie sieht auch vor, dass Repowering-Projekte leichter und schneller genehmigt werden können. Hierzulande soll dafür eine neue Regelung im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) sorgen. Der DIHK unterstützt Anpassungen der rechtlichen Anforderungen, die helfen, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern. Dazu werden aber auch über das Immissionsschutzrecht hinausgehende Änderungen des Rechtsrahmens erforderlich sein.
Ich kann nachvollziehen, wenn andere Träger oder Investoren Projekte auf Eis legen oder gar nicht erst starten, weil die Verfahren zu teuer, zu langwierig und damit unkalkulierbar sind.
Helmut Hertle, TWS Netz GmbH