Repowering: Damit die Windkraft bei Atem bleibt
Ersatz und Modernisierung bestehender Anlagen vor vielen HürdenProbleme in der Praxis
So sinnvoll der Ansatz des Repowering ist: In der Praxis stehen die Betreiber vor verschiedensten Hürden, wenn sie bestehende Windkraftanlagen modernisieren möchten. Beispielhaft stellen wir hier einige der zahlreichen Fälle vor, von denen die DIHK erfährt. Vergleichbare Hindernisse finden sich an vielen Orten in Deutschland.
DIHK-Papier Repowering
Die Lösungsvorschläge der IHK-Organisation
Das größte Hindernis für Neuinvestitionen an Windenergiestandorten ist die Flächenausweisung: Sehr viele der bestehenden Anlagen in Deutschland werden unabhängig von möglichen Naturschutzkonflikten oder sonstigen Herausforderungen nicht ersetzt, weil sie außerhalb von später geschaffenen Windeignungsgebieten stehen und deshalb kein Baurecht besteht.
Ein Repowering sollte auch für solche Anlagen leichter möglich sein, da es sich um Standorte handelt, die bereits von der Windenergie geprägt sind. Es sollte daher eine Flexibilisierung der strikten Flächenbindung für diese Vorhaben geprüft werden. Diese Flexibilisierung des Standortes würde der technischen Entwicklung der Windenergieanlagen Rechnung tragen, welche immer höher werden und damit mehr Abstandsfläche zu bereits bestehenden Anlagen benötigen.
Dass Neuinvestitionen an Standorten von Windkraftanlagen anstehen, ist für eine Kommune meist frühzeitig absehbar. Zum Ende des Förderzeitraums stellt sich für fast alle Anlagenbetreiber die Frage, wie sie wirtschaftlich und technisch mit den Windrädern weiter verfahren können.
Daher ist es ratsam, rechtzeitig das Thema Repowering im Rahmen eines (örtlichen oder überörtlichen) städtebaulichen Konzepts aufzugreifen. Dieses kann dann als Grundlage für die planerische Absicherung durch Instrumente des Bauplanungsrechts verwendet werden. Die Länder, in denen frühzeitig in Windkraft investiert wurde und in denen sich deshalb die Repowering-Fälle häufen, sollten Hinweise zur Erstellung solcher Konzepte geben und darauf hinwirken, dass diese frühzeitig, zugeschnitten auf die örtlichen Verhältnisse, erstellt werden.
"Windeignungsgebiete" oder "Konzentrationszonen" sind von Gemeinden in der Vergangenheit vorrangig mit dem Ziel geplant worden, den Außenbereich der Gemeinden von einem unerwünschtem "Wildwuchs" der Windkraftanlagen freizuhalten. In der Tendenz sollte es oft darum gehen, die Anlagen an einer Stelle zu poolen, um das Gemeindegebiet ansonsten dauerhaft freizuhalten.
Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen solcher Planungen haben sich allerdings deutlich verändert. Heute steht die Erzeugung von Strom aus Kernenergie kurz vor dem Ende, auch für die Verstromung von Kohle ist ein Enddatum gesetzlich festgelegt. Die Erzeugung erneuerbarer Energie ist nicht mehr nur eine klimafreundliche Alternative, sie soll bereits in wenigen Jahren die tragende Säule der Stromversorgung Deutschlands werden. Dies sollte Kommunen veranlassen, ohne gesetzlichen Impuls ihre Planungen in Bezug auf erneuerbare Energien zu hinterfragen und anzupassen. Darüber hinaus wird aktuell diskutiert, ob das Instrument der Konzentrationszonen an sich noch zeitgemäß ist.
Es liegen eine Reihe von Vorschlägen vor, § 35 BauGB zu ändern, um die Flächenpotenziale für die Windkraft oder für die erneuerbaren Energien insgesamt den gestiegenen Bedürfnissen anzupassen. Bei der näheren Prüfung dieser Vorschläge müssen neben den energiewirtschaftlichen Anforderungen zahlreiche weitere Aspekte berücksichtigt werden. So gibt es andere legitime Anforderungen aus der Wirtschaft, Standorte für Gewerbeflächen, Industrie, Rohstoffwirtschaft oder Infrastruktur im Außenbereich zu sichern oder neu zu schaffen. Die vorliegenden Vorschläge sollten schnellstmöglich geprüft und – soweit geeignet – aufgegriffen werden, um Gemeinden besser in die Lage zu versetzen, Flächen für die Stromerzeugung zu sichern und neu bereitstellen zu können.
Eine neue Regelung sollte Repowering eher stützen als erschweren. Es handelt sich im Regelfall um Standorte, an denen die Gewinnung von Windenergie seit zwei Jahrzehnten praktiziert wurde. Daher sollte in solchen Fällen nur noch eine mögliche Zusatzbelastung wegen geänderter Spezifikationen der neuen Anlage im Genehmigungsverfahren geprüft werden, der Standort als solcher aber nicht grundsätzlich infrage gestellt werden.
Innerhalb eines Radius von 3 Kilometern um ein Drehfunkfeuer ist die Errichtung einer Windkraftanlage verboten. Zwischen drei und 15 Kilometern trifft das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) auf Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung eine Einzelfallentscheidung. Nach internationalen Vorgaben liegt der Radius jedoch bei nur zehn Kilometern. Hier sollte geprüft werden, ob von der momentan geltenden Regelung nach unten abgewichen werden kann. Dadurch müssten viele Repowering-Projekte nicht mehr vom BAF geprüft und im Einzelfall entschieden werden.
Bei Wetterradaren werden oft pauschal Mindestabstände von 15 Kilometern zugrunde gelegt, was die zur Verfügung stehenden Flächen deutlich einschränkt. Da die durch Windparks verursachten "Ground Clutter" über mathematische Verfahren herausgerechnet werden können, sollte diese Korrekturmethode bei der Abstandsbegrenzung standardmäßig zugrunde gelegt werden können und sich damit der Mindestabstand reduzieren lassen.
Mit der neuen Regelung des § 16 b BImSchG wird das Genehmigungsverfahren sowie der Prüfungsumfang für Repowering-Anlagen erstmals ausdrücklich geregelt: Im Rahmen einer Änderungsgenehmigung werden nur Anforderungen geprüft, soweit durch das Repowering im Verhältnis zum Ist-Zustand unter Berücksichtigung der auszutauschenden Anlage nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden und diese für die Prüfung nach § 6 BImSchG erheblich sein können (sogenannte Delta-Prüfung).
Die neue Regelung umfasst dabei unter bestimmten Voraussetzungen auch ausdrücklich den gesamten Austausch einer Anlage. In diesem Fall muss die Anlage innerhalb von 24 Monaten nach dem Rückbau der Bestandsanlage errichtet sein und der Abstand zwischen Bestandsanlage und der neuen Anlage darf nicht mehr als das Zweifache der Gesamthöhe der neuen Anlage betragen. Allerdings bleibt die Prüfung anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, insbesondere des Raumordnungs-, Bauplanungs- und Bauordnungsrechts und des Artenschutzes unberührt. Hier sollte überprüft und gegebenenfalls evaluiert werden, ob weitere Erleichterungen und damit Beschleunigung möglich sind, insbesondere mit Blick auf die bereits erwähnten Aspekte der Flächensicherung und des Bauplanungsrechts.
Nach den Bestimmungen gemäß § 9 UVPG können auch Änderungsvorhaben eine Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP-Pflicht) auslösen. Da bei Repowering-Vorhaben die Standorte bereits Umweltauswirkungen verursacht haben, sollten Erleichterungen auch für diesen Bestandteil des Verfahrens geprüft werden.
Die UVP-rechtlichen Anforderungen sollten entsprechend reduziert werden, wenn die immissions-schutzrechtliche Situation sich nachweislich nicht verschlechtert. Es sollte geprüft werden, ob im Rahmen eines neuen § 14 b UVPG Regelfälle benannt werden können, für die keine Umweltverträglichkeitsprüfung beziehungsweise nur eine standortbezogene/allgemeine Vorprüfung notwendig ist. Dies würde Verfahren erheblich beschleunigen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung von Genehmigungen ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung. Für die Planungspraxis insgesamt und damit auch bei Änderungsgenehmigungsverfahren für Repowering-Anlagen ergäbe sich eine erhebliche Entlastung, wenn ein bereits vor der Zulassungsentscheidung liegender Stichtag als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bestimmt werden könnte.
Als maßgebliche Zäsur könnte das Datum der Einreichung der Antragsunterlagen gelten. Dies könnte zumindest für alle Belange mit Ausnahme des Habitatschutzrechts ((92/43/EWG) (FFH-Richtlinie)) und der Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EG) gelten, nach denen die Verträglichkeitsprüfung eine "Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" erfordert.
Um das Repowering zu beschleunigen, bedarf es neben der Änderung des BImSchG auch der Änderung weiterer Regelungen. Nach der neuen Regelung des § 16 Abs. 4 BImSchG wird der Umfang der artenschutzrechtlichen Prüfung gerade nicht berührt. In Bezug auf das Natur- und Artenschutzrecht hält der ganz überwiegende Teil der Wirtschaft klare und bundeseinheitliche Regelungen, also eine TA Artenschutz, für zielführend. Solche Vorgaben würden ebenso sämtlichen anderen Infrastrukturprojekten helfen und die unterschiedliche Praxis der Rechtsauslegung durch die Behörden zumindest deutlich einschränken.
Nach § 16 Abs. 4 S. 2 BImSchG sind die Auswirkungen der zu ersetzenden Bestandsanlage bei der artenschutzrechtlichen Prüfung als Vorbelastung zu berücksichtigen. Im Rahmen der Signifikanzprüfung ist zu prüfen, ob durch die Änderungen im Rahmen des Repowerings die Belastungen für die vor Ort auftretenden Arten sinken oder steigen.
Laut der Gesetzesbegründung sind die Eingriffe in den Artenschutz durch eine Verringerung der Anlagenanzahl und größeren Anlagenhöhen in sehr vielen Fällen geringer. Daher sollte über die neue Regelung hinaus geprüft werden, ob nicht eine widerlegliche Regelvermutung nach § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 BNatSchG bezüglich eines fehlenden signifikant erhöhten Tötungsrisikos für Repowering-Anlagen eingeführt werden sollte. Dies könnte für die Fälle Anwendung finden, in denen die Veränderung zur Bestandssituation eine Verbesserung für Individuen mit sich bringt, etwa durch Verringerung der Anlagenzahl, Vergrößerung der rotorfreien Zone zur Erdoberfläche oder anderweitigen artenschutzfachlich relevanten Einflüssen der Risikobestimmung.
Nur für den Fall, dass sich das bisher am Standort vorgefundene Tötungsrisiko durch das Repowering-Vorhaben und dessen neue, zusätzliche Auswirkungen signifikant erhöht und dies durch Schutz oder vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen nicht vermieden werden kann, würde ein artenschutzrechtlich zu berücksichtigender Tatbestand vorliegen.
Die Dauer der Genehmigungsverfahren kann zudem durch die Ergänzung des § 20 Abs. 2 S. 1 der 9. BImSchV durch einen S. 1 a) verkürzt werden, wenn die Behörde zu einer vollständigen Prüfung eines Sachverhalts verpflichtet würde. Derzeit stellen Behörden ihre Prüfung in der Regel ein, wenn ein Aspekt wie etwa der Naturschutz einem Vorhaben entgegensteht. Andere Belange wie zum Beispiel Lärm werden dann nicht mehr geprüft. Hintergrund ist, dass nach § 20 Abs. 2 S. 1 der 9. BImSchV ist ein Genehmigungsantrag abzulehnen, sobald die Prüfung ergibt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen.
Wird nun die abgelehnte Entscheidung der Behörde durch den Projektierer einer Windkraftanlage beklagt und das Gericht kommt zu dem Ergebnis, die Genehmigung hätte aus dem jeweiligen Grunde nicht abgelehnt werden dürfen, kann die Behörde dennoch nicht gerichtlich verpflichtet werden, die Genehmigung zu erteilen. Schließlich wurden alle anderen Einwendungen gegen das Projekt überhaupt nicht geprüft. Dem Gericht fehlt daher die "Spruchreife", es kann keine abschließende Entscheidung treffen. Das Gericht muss auch nicht der Verpflichtung zur Herstellung der Spruchreife nachkommen, da es sich bei Genehmigungen von Windkraftanlagen um komplexe Fragen handelt, die erstmals im gerichtlichen Verfahren geklärt werden müssten. Dies ist schließlich Aufgabe der zuständigen Behörde.
Die Behörde kann durch das Gericht nur verpflichtet werden, erneut zu entscheiden. Dies zögert Vorhaben unnötig in die Länge und verursacht zusätzliche Kosten bei den Unternehmen und in der Verwaltung. Eine Klarstellung in der 9. BImSchV, dass Behörden immer alle Sachverhalte vollständig prüfen müssen, würde die wirtschaftlichen Nachteile für Unternehmen reduzieren und Repowering erheblich erleichtern. Dies soll jedoch keine Privilegierung von Genehmigungen für Windenergieanlagen zulasten anderer Genehmigungen bedeuten.
Nach Angaben von Unternehmen sind heute immer noch viele Zulassungsverfahren überwiegend analog: Anträge müssen immer noch in mehrfacher Ausfertigung unterschrieben und postalisch an die zuständigen Behörden gesendet werden. Diese kontaktiert in der Regel postalisch beteiligte Behörden. Die Bescheide werden dann per Post an die Vorhabenträger gesandt, die wiederum beteiligte Unternehmen (beispielsweise Planer und Kontraktoren) unterrichten müssen.
Wir schlagen deshalb vor, dass alle Unterlagen elektronisch eingereicht werden und auch so unter den Behörden ausgetauscht werden sollten. Um ein vollständig digitales Verfahren zu gewährleisten, sollten alle Unterlagen des Verfahrens über ein zentrales Internetportal abgewickelt werden. Hier sollte geprüft werden, ob mit dem Länderportalverbund bereits ein Single Digital Gateway (SDG) genutzt werden kann. Dies würde das Verfahren erheblich beschleunigen, Repowering erleichtern und damit auch die Ausbauziele der Bundesregierung für erneuerbare Energien unterstützen.
Der Fristbeginn zur Zulassung von Windkraftanlagen hängt wesentlich von der Vollständigkeit des Antrags und der beizubringenden Unterlagen ab. Dies führt in der Praxis häufig dazu, dass bereits vor der Bestätigung der Vollständigkeit mehrfach Unterlagen nachgefordert werden. Um dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung nachzukommen, sollte das Verfahrensrecht folgendermaßen angepasst werden:
- Unterlagenkatalog definieren:
Zur geplanten Pflicht der Veröffentlichung eines Verfahrenshandbuchs für die Genehmigung von EE-Anlagen sollte den zuständigen Behörden aufgegeben werden, die dafür notwendigen Unterlagen detailliert aufzulisten. Dies würde viele Nachfragen vermeiden und den Aufwand bei Unternehmen und Behörden verringern. Hierzu finden sich in den Bundesländern bereits zahlreiche Beispiele. Um einen bundesweiten Standard für die notwenigen Unterlagen zu schaffen, sollte ein Beispielkatalog geprüft werden. Diese Vorgaben sollten allerdings möglichst fakultativ ausgeführt werden, um fachkundigen Behörden in Absprache mit den Vorhabenträgern sinnvolle Abweichungen zu gewähren. Unternehmen schlagen hierzu eine mögliche Antragskonferenz vor, wo Unterlagen und Zeitplan mit dem Vorhabenträger und beteiligten Behörden abgesprochen werden können.
- Umfang der Nachforderungen vorgeben:
Aus der Praxis berichten Unternehmen, dass die Verfahren immer wieder aufgrund mehrfacher Nachforderung von Unterlagen durch beteiligte Behörden verzögert werden. So werden nach einer erstmaligen Nachforderung häufig erneut zusätzliche Unterlagen nachgefordert. Nachforderungen sollten nach Eröffnung des Verfahrens nur einmal mit einem klar formulierten abschließenden Nachforderungskatalog zugelassen sein.
- Fiktion für die Vollständigkeitserklärung einführen:
Unternehmen berichten auch, dass die Fristen zur Vollständigkeitsprüfung von Behörden teilweise unbegründet überschritten werden. Damit die Genehmigungen tatsächlich innerhalb der Fristen erfolgen können, sollten die Fristen in diesem Zusammenhang durch eine Fiktion ergänzt werden. So sollten WHG und BImSchG vorgeben, dass die eingereichten Unterlagen als vollständig gelten, wenn die zuständige Behörde die Vollständigkeit der Unterlagen nach vier Wochen nicht bestätigt und dafür keine Begründung abgegeben hat. Zusätzlich sollte sichergestellt werden, dass eine dann etwaig gegebene Unvollständigkeit der Unterlagen nicht zulasten der Unternehmen gehen kann.
Im Jahr 2020 hatte die Windkraft einen Anteil von 25,6 Prozent an den 502,6 Milliarden Kilowattstunden, die in Deutschland ins Stromnetz eingespeist wurden.
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