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Energiepreispremsen

Wie der Staat die Kostenexplosion abfedern möchte

Zwei Gasflammen auf einem Herd im Dunklen

Gas soll für Bürger und Unternehmen weiterhin erschwinglich bleiben

© Jacques Julien / Moment / Getty Images

Angesichts der Kostenexplosion bei der Energie haben Bundesregierung und Gesetzgeber Ende 2022 die Energiepreisbremsen auf den Weg gebracht. In der Theorie deckeln die Bremsen den Preis für Strom-, Erdgas- und Wärmekunden, indem sie ihnen einen Entlastungsbetrag für einen bestimmten Anteil ihres Verbrauchs gewähren. Wegen der vielfältigen individuellen Fallkonstellationen, der Reglementierungen des europäischen Beihilferechts sowie diverser Sonderregulierungen gestaltet sich die Umsetzung der Preisbremsen für Unternehmen in der Praxis aber teilweise deutlich komplexer.

Grundmodell und Laufzeit

Im Grundsatz gelten die Preisbremsen für den Bezug von Strom und Erdgas sowie von direkten Wärme- und Dampflieferungen. Anhand des historischen Jahresverbrauchs aus 2021 erfolgt eine Einteilung in zwei Entlastungsgruppen, wobei die Grenze – jeweils bezogen auf die Entnahmestelle – bei Gas und Wärme 1.500.000 Kilowattstunden beträgt, bei Strom 30.000 Kilowattstunden.

Grafik Grundmodell Energiepreisbremsen

© DIHK

Das Entlastungskontingent umfasst für Gruppe 1 (Verbrauch unterhalb der Grenze) 80 Prozent des Gesamtverbrauchs, der hierfür anzusetzende Referenzpreis bezieht sich jeweils auf Brutto-Arbeitspreise (inklusive Netzentgelten, Steuern, Abgaben, Umlagen).

Gruppe 2 (Verbrauch oberhalb der Grenze) erhält ein Entlastungskontingent von 70 Prozent, hier werden für den Referenzpreis Netto-Arbeitspreise (exklusive Netzentgelten, Steuern, Abgaben, Umlagen) zugrunde gelegt.

Für Verbrauchsmengen, die das gewährte Kontigent überschreiten, gilt der vertraglich vereinbarte Preis.

Die Laufzeit der Preisbremsen ist für das gesamte Jahr 2023 vorgesehen, eine mögliche Verlängerung bis April 2024 ist gesetzlich zumindest schon angelegt. Faktisch wurden aber nur die Gas- und Wärmekunden der Entlastungsgruppe 2 direkt ab Januar 2023 entlastet. Für Gas- und Wärmekunden der Gruppe 1 sowie alle Stromkunden griff die Entlastung erst ab März 2023, dann jedoch mit Rückwirkung auf die Monate Januar und Februar.

Zusammenspiel mit europäischem Beihilferecht, Sonderfälle und Auslegungsfragen

Im Kontext des Preisbremsen-Grundtableaus greifen für Unternehmen zudem verschiedene Schwellenwerte und Höchstgrenzen, die mit zusätzlichen Voraussetzungen und Nachweisen verknüpft sind, Entlastungsbeträge limitieren und/oder Rechtsfolgen nach sich ziehen.

Für die Entlastung von Unternehmen sind zwei Höchstgrenzen relevant: Auf der Grundlage von Kriterien zur "Besonderen Betroffenheit", zur Energieintensität und zu einer spezifischen Branchenzugehörigkeit (Anlage 2 EWPBG und StromPBG) bestimmt sich die absolute Höchstgrenze, die 2, 4, 50, 100 oder 150 Millionen Euro betragen kann. Daneben greift die relative Höchstgrenze, die sich aus den krisenbedingten Energiemehrkosten des Unternehmens und gegebenenfalls zusätzlicher EBIDTA-Kriterien bestimmt.

Insbesondere ab einer Entlastungssumme von mehr als 2 Millionen Euro – wobei neben den Preisbremsen auch weitere staatliche Beihilfen zu berücksichtigen sind – wird die Regulatorik schnell sehr komplex und muss immer im einzelnen unternehmerischen Kontext, gegebenenfalls auch im Unternehmensverbund betrachtet werden.

Zudem ergeben sich ab einer Entlastungssumme von mehr als 2 Millionen Euro Pflichten zum Arbeitsplatzerhalt, ab 25 Millionen beziehungsweise 50 Millionen Euro Entlastung greifen Regelungen zu Boni- und Dividendenverboten, und ab 50 Millionen müssen Transformationspläne vorgelegt werden.

Dazu kommt eine Reihe spezieller Fälle und Auslegungen der Preisbremsen, von denen hier einige exemplarisch dargelegt werden:

  • Die gesetzlich angelegte Rückwirkung der Preisbremsen auf die Monate Januar und Februar (siehe oben) lässt Fälle zu, in denen aufgrund im März gesunkener Preise keine oder nur eine geringere Entlastung für Januar und Februar gewährt wird. 
  • Die Letztverbraucher-Definition des Strompreisbremsengesetzes führt dazu, dass Stromverbraucher in einer sogenannten Kundenanlage keinen Anspruch auf Entlastung nach der Strompreisbremse haben.
  • Bei sogenannten Spotmarktverträgen wird in der Regel auf zeitgewichtete Durchschnittspreise abgestellt und nicht auf mengengewichtete Durchschnittspreise, so dass auch hier die Entlastung geringer ausfallen kann als vermeintlich angenommen.
  • Beim Gasverbrauch in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen können ausschließlich diejenigen Gasmengen im Entlastungskontingent berücksichtigt werden, die auf den eigenen Wärme- und Strombedarf entfallen.

Aktueller Sachstand und Weiterentwicklung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat mit Zustimmung des Bundestages zwischenzeitlich die sogenannten Differenzbetragsanpassungsverordnung erlassen. Diese begrenzt die Unterstützung für Unternehmen, die einen Entlastungsbetrag von mehr als 2 Millionen Euro durch Preisbremsen oder bestimmte andere staatliche Beihilfen erhalten, indem sie den sogenannten Differenzbetrag (Differenz aus individuellem Preis und Referenzpreis der Preisbremsen) auf maximal 8 Cent je Kilowattstunde für Gas, Wärme und Dampf und 24 Cent je Kilowattstunde für Strom deckelt – und zwar ab Mai 2023 und auch in bestehenden Lieferverträgen.

Die DIHK hat dies massiv kritisiert (siehe auch ), da die Regelung in vollem Umfang zulasten von Energiekunden geht. Sie berücksichtigt weder die Notlage, in der Betriebe im vergangenen Jahr Laufzeitverträge zu hohen Kosten abschließen mussten, noch räumt sie ihnen ein Sonderkündigungsrecht ein. Das BMWK hat im Juli eine weitere Stufe der Verordnung eingebracht, mit der die Festlegung des Maximalbetrags ab Oktober auf 6 beziehungsweise 18 Cent je Kilowattstunde weiter verschärft werden soll.

Im Juni 2023 wurde im Deutschen Bundestag ein zweites Änderungsgesetz zu den Preisbremsen beschlossen, im Juli passierte es auch den Bundesrat. Neben redaktionellen Anpassungen in den beiden Preisbremsen-Gesetzen, die hauptsächlich "technische" Unklarheiten beseitigen und einen stärkeren Gleichlauf der Bremsen bewirken, wurde nun auch die von der DIHK lange und vehement geforderte Regelung für sogenannte atypische Verbräuche eingeführt.

Damit wird für Betriebe, deren Referenzverbrauch aus dem Jahr 2021 aufgrund Corona-Einschränkungen oder Ahrtal-Flut ungewöhnlich niedrig war, eine Möglichkeit für höhere Entlastungen geschaffen, sofern der Verbrauch des Jahres 2021 mindestens 40 Prozent unter dem Jahresverbrauch 2019 liegt. Im September 2023 sind die notwendigen Nachweise bei der Prüfbehörde einzureichen und werden dann über eine spezifische Formel im Sinne zusätzlicher Entlastungsbeträge berücksichtigt.

Kontakt

Porträtfoto von Erik Pfeifer
Erik Pfeifer Referatsleiter Betrieblicher Klimaschutz
Stromzähler mit Euro-Scheinen

Informationsangebot des BMWK

Mit Blick auf die komplexe Beihilferegulatorik (insbesondere in Bezug auf Höchstgrenzen und ihre Kriterien), die Auslegung des Preisbremsen-Rechts auf konkrete Fallkonstellationen et cetera ergeben sich unzählige Fragen für die praktische Umsetzung der Preisbremsen in den Betrieben. Die DIHK hat dazu umfangreiche Fragenkataloge zusammengestellt und beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) eingereicht. Das BMWK wiederum speist daraus sein Informationsangebot, das regelmäßig aktualisiert wird und unter www.bmwk.de erreichbar ist.

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